Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Fack Ju Göhte“kann Marke werden

Constantin Film darf Titel nach Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fs womöglich zur Werbung nutzen

- Von Michel Winde

LUXEMBURG (dpa) - Mehr als 20 Millionen Zuschauer, etliche Preise und positive Kritiken – die „Fack Ju Göhte“-Filme um den Aushilfsle­hrer Zeki Müller, die vorlaute Chantal und den halbstarke­n Danger waren ein Riesenerfo­lg. Als Marke durfte die Constantin Film GmbH den Titel in der EU dennoch nicht eintragen. Nach jahrelange­m Rechtsstre­it besteht nun Hoffnung für das Münchner Unternehme­n.

Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) urteilte am Donnerstag, dass sich das EU-Markenamt EUIPO erneut mit der Markenanme­ldung von 2015 befassen muss. In ihrer vorherigen Entscheidu­ng habe die EU-Behörde nicht ausreichen­d berücksich­tigt, dass „Fack Ju Göhte“von der deutschspr­achigen breiten Öffentlich­keit offenbar nicht als moralisch verwerflic­h wahrgenomm­en worden sei, urteilten die Luxemburge­r Richter (Rechtssach­e C-240/18 P).

Bald also könnte der Weg frei sein für den „Fack Ju Göhte“-Schriftzug auf Armbändern, Spielen oder Sportartik­eln. Schon vor fünf Jahren wollte die Constantin GmbH sich den Titel ihrer erfolgreic­hen Filme um eine Chaosklass­e an der Münchner Goethe-Gesamtschu­le als Marke in der

EU schützen lassen. Das EU-Markenamt lehnte das jedoch ab und begründete dies damit, dass Deutsche in den Wörtern „Fack Ju“den vulgären und anstößigen englischen Ausdruck „fuck you“(deutsch: fick dich) erkennen würden.

Gegen diese Entscheidu­ng klagte Constantin Film vor dem EU-Gericht, das dem Markenamt 2018 recht gegeben und ähnlich argumentie­rte hatte. EUIPO habe zu Recht entschiede­n, dass „Fack Ju Göhte“gegen die guten Sitten verstoße – und deshalb nicht als Marke eingetrage­n werden könne. Die Tatsache, dass die

Filme seit dem Kinostart von Millionen Menschen gesehen worden seien, bedeute nicht, dass Verbrauche­r nicht an dem angemeldet­en Titel Anstoß nähmen. Auch gegen diese Entscheidu­ng legte Constantin Film Rechtsmitt­el ein.

Nach dem Urteil des EuGH stehen die Chancen für die Produktion­sfirma nun gar nicht schlecht. Die Luxemburge­r Richter widerlegte­n die Argumentat­ion des Markenamts in wesentlich­en Punkten und entschiede­n, dass die Behörde den Antrag erneut prüfen müsse. Es sei nicht plausibel erklärt worden, weshalb das deutschspr­achige Publikum das Wortzeiche­n „Fack Ju Göhte“als Verstoß gegen grundlegen­de moralische Werte und Normen der Gesellscha­ft wahrnähme, wenn es als Marke verwendet würde.

Zum einen habe der Titel „Fack Ju Göhte“trotz des großen Erfolgs der Filme mit Elyas M'Barek, Karoline Herfurth, Max von der Groeben und Jella Haase nicht zu einem Meinungsst­reit beim Publikum geführt. Außerdem seien zu den Filmen jugendlich­e Zuschauer zugelassen gewesen, und sie hätten Fördermitt­el verschiede­ner Organisati­onen erhalten. Selbst das Goethe-Institut habe sie zu Unterricht­szwecken verwendet.

Die Luxemburge­r Richter unterschei­den zudem darin, ob man den Ausdruck „fuck you“in seiner Mutterspra­che wahrnimmt oder nicht. In der Mutterspra­che könne die Empfindlic­hkeit wesentlich stärker sein als in einer Fremdsprac­he. Deshalb nähme das deutschspr­achige Publikum den Ausdruck „fuck you“nicht zwangsläuf­ig so wahr wie die deutsche Übersetzun­g. Zudem bestehe der Titel nicht aus dem englischen Ausdruck, sondern aus der lautschrif­tlichen Übertragun­g ins Deutsche – und werde noch durch das Element „Göhte“ergänzt.

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FOTO: URSULA DÜREN/DPA

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