Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Herrschaft im Garten

- Von Markus Glonnegger

Seh’ ich recht? Oder handelt es sich um einen verfrühten Aprilscher­z oder eine Fata Morgana? Meine Nachbarinn­en zur Linken und Rechten machen sich schon wieder im Garten zu schaffen! Die Linke bläst mit dem Rohr Laub von den Beeten, stutzt Sträucher, Stauden und Buschwerk, die Rechte schleppt säckeweise Blumenerde und Dünger heran, befüllt Schalen mit Stiefmütte­rchen und Blumenzwie­beln. Mir wird’s derweil noch ganz blümerant, wenn ich an meine letztjähri­gen Versuche denke, mich für den Artenreich­tum respektive die arme Wildflora zu engagieren.

Damals hatten mir auf saurer Wiese Gänseblümc­hen, Schlüsselb­lumen, Löwenzahn, Klee, Kuckucksne­lken, Margeriten und Moos nicht mehr genügt, weshalb ich monatelang Samentütch­en seltenster Arten gesammelt und sorgfältig ausgebrach­t hatte. Ich hatte da und dort zuvor den Boden gehäckelt und Millionen Samenkörnc­hen verstreut, eine Handvoll Sand darunter mischend. Ich träumte von Kornblumen und Mohn, Glockenblu­men und Wildtulpen, Storchensc­hnäbeln und Anemonen, Waldmeiste­r, Pfeffermin­ze und seltensten Narzissen. Es zeigten sich neben unverwüstl­ichen Gänseblümc­hen im wuchernden Moos Margeriten in Hülle und Fülle, die auf lange ungemähter Wiese unter sich blieben, immerhin ein Trost für von Wühlmäusen am Aufblühen gehinderte Tulpen.

Übrigens übernahm aus der Familie der Doldenblüt­er der Girsch die Herrschaft im Garten, vom Efeu ganz zu schweigen. Ist das öko?

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