Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Herrschaft im Garten
Seh’ ich recht? Oder handelt es sich um einen verfrühten Aprilscherz oder eine Fata Morgana? Meine Nachbarinnen zur Linken und Rechten machen sich schon wieder im Garten zu schaffen! Die Linke bläst mit dem Rohr Laub von den Beeten, stutzt Sträucher, Stauden und Buschwerk, die Rechte schleppt säckeweise Blumenerde und Dünger heran, befüllt Schalen mit Stiefmütterchen und Blumenzwiebeln. Mir wird’s derweil noch ganz blümerant, wenn ich an meine letztjährigen Versuche denke, mich für den Artenreichtum respektive die arme Wildflora zu engagieren.
Damals hatten mir auf saurer Wiese Gänseblümchen, Schlüsselblumen, Löwenzahn, Klee, Kuckucksnelken, Margeriten und Moos nicht mehr genügt, weshalb ich monatelang Samentütchen seltenster Arten gesammelt und sorgfältig ausgebracht hatte. Ich hatte da und dort zuvor den Boden gehäckelt und Millionen Samenkörnchen verstreut, eine Handvoll Sand darunter mischend. Ich träumte von Kornblumen und Mohn, Glockenblumen und Wildtulpen, Storchenschnäbeln und Anemonen, Waldmeister, Pfefferminze und seltensten Narzissen. Es zeigten sich neben unverwüstlichen Gänseblümchen im wuchernden Moos Margeriten in Hülle und Fülle, die auf lange ungemähter Wiese unter sich blieben, immerhin ein Trost für von Wühlmäusen am Aufblühen gehinderte Tulpen.
Übrigens übernahm aus der Familie der Doldenblüter der Girsch die Herrschaft im Garten, vom Efeu ganz zu schweigen. Ist das öko?