Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Frauenpower bei Politischem Aschermittwoch der Grünen
Was die Hauptrednerinnen Petra Krebs und Agnieszka Brugger in Wangen zu aktuellen Themen zu sagen hatten
WANGEN - Politische Gegner, HassMails, Rechtsextremismus, das Volksbegehren Artenschutz, das Klima, insbesondere aber das feste Bekenntnis zur Demokratie – die verbale Reise beim Politischen Aschermittwoch der Grün-Offenen Liste (GOL) und des Kreisverbands der Grünen/ Bündnis 90 reichte weit. Ein Rückblick auf 30 Jahre GOLStammtisch und ein Ausblick zweier junger GOL-Stadträte ergänzten die beiden Hauptrednerinnen, Landtagsabgeordnete Petra Krebs und Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger. Zu alledem fühlte man sich so ein bisschen ins Festzelt versetzt – mit und durch die Musik der Wangener Bauhof-Band.
Wer ist der politische Gegner? Mit dieser Frage beschäftigte sich Petra Krebs. Die SPD, die FDP? Zu beiden hatte sie etwas zu sagen, blieb aber letztlich bei der AfD, die sie „Antidemokraten“nannte, hängen: „Für uns Grüne, die wir uns als Brückenbauer zu einer humanen und ökologischen Zukunft verstehen, ist das nicht einfach, wenn die Sprengmeister der AfD immer wieder zündeln.“Krebs verlas eine E-Mail, die die gesamte grüne Landtagsfraktion erhalten hat. In ihr wurde unter anderem der „Heizwert“eines Grünen bei „Verfeuerung im Kraftwerk errechnet“, ein Slogan „erdacht“: „Wir brennen fürs Klima.“Klar sprach sich Krebs gegen das häufiger gehörte „Man wird ja wohl wieder sagen dürfen, was man denkt“aus: „Hier braucht es die starke Stimme, die konsequent eingreift, wenn die Linie zwischen Meinungsfreiheit und Demagogie verwischt wird.“
Krebs erinnerte auch an die Bauernproteste zum Volksbegehren für mehr Artenschutz: „Mittlerweile ist es gelungen, in Zusammenarbeit mit den Initiatoren und Vertretern aus der Land Landwirtschaft und des Naturschutzes ein Eckpunktepapier vorzulegen, welches noch in der ersten Hälfte dieses Jahres in ein Gesetz gegossen werden wird.“Kurz blickte Krebs auch über die Landesgrenze hinaus, erwähnte die Vorgänge in Thüringen und die Bedeutung der Demokraten: „Das ist man, wenn man sich uneingeschränkt hinter die Grundfeste unserer Demokratie stellt: nämlich das Grundgesetz.“In diesem sei nirgends zu lesen, dass die in ihm beinhalteten Rechte nur für Deutsche gelten: „Sie gelten für alle Menschen, unabhängig ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer sexuellen Orientierung.“
Auch zur CDU hatte Krebs ihre Meinung: „Wir haben zwar als grüngeführte Landesregierung in den vergangenen vier Jahren viel Gutes und viel Vernünftiges auf den Weg gebracht. In den Fragen der Bildung, Mobilität, Migration, bei der Gleichberechtigung oder beim Umweltund Klimaschutz aber kennt die CDU nur eine Richtung: zurück, zurück, zurück.“
Zurück kehrte nach zweimaliger Abstinenz beim Politischen Aschermittwoch die stellvertretende Bundestags-Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger. Der Rechtsextremismus und seine Folgen waren es, die die Grünen-Politikerin zunächst beschäftigten. Sie forderte erneut eine Verschärfung des Waffenrechts, aber auch mehr Unterstützung von Projekten, die die Demokratie fördern. Umgetrieben habe sie in den vergangenen Jahren auch die rechtsextremen Verbindungen in die Bundeswehr und die Sicherheitsbehörden hinein. „Die Kante gegen Nazis kann niemals klar genug sein“, sagte
Brugger, nachdem sie auf die Reichsbürgerpropaganda in Wangen vor wenigen Tagen, aber auch auf das von Petra Krebs gegründete „Bündnis Landkreis Ravensburg“zu sprechen kam.
Auch international stehe man vor großen Herausforderungen und schwierigen und traurigen Zeiten, sagte Brugger: „Präsidenten wie Trump, Putin, Erdogan und Bolsonaro haben viele Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel, dass sie sich an internationale Verträge nicht halten und nur ihren eigenen Vorteil im Blick haben.“Brugger nannte sie „Typen mit viel Testosteron, einem großen Ego und einem kleinen Wertebewusstsein.“Insbesondere knöpfte sie sich die Aufkündigung des Atomabkommens durch Trump, aber auch die Verantwortung der Europäischen Union, vor. Diese sieht Brugger auch im Klimaschutz, der für sie auch eine „klar friedenspolitische Dimension“enthält: „Die Klimakrise ist ein Konfliktverschärfer und wenn wir so weiter machen, Fluchtursache Nummer eins.“Brugger arbeitete sich an Ursula von der Leyen ebenso ab wie an der „Dramaqueen der deutschen Politik“, Christian Lindner – und sprach danach über ihr „Herzensthema“, die feministische Außenpolitik.
Den entsprechenden Antrag hat Brugger im Bundestag eingebracht. Er hat zum Inhalt, die Rechte, die Repräsentation und die Ressourcen von Frauen sicherzustellen und zu stärken.
Für die Landtagswahl im kommenden Jahr habe sie „ein sehr gutes Gefühl“, betonte Brugger und brachte es so auf den Punkt: „2011 – Win, 2016 – Win, 2021 Win(fried)!“Sie ging darüber hinaus auch auf die Klimaaktivisten von Fridays-for-Future und ihre Enttäuschung über die Politik ein. Sie empfahl den jungen Menschen, sich einzubringen – und allen Parteien, ihnen Gehör zu schenken, ihre Anliegen ernst zu nehmen und den jungen Menschen Türen zu öffnen. In ihren Dank an die Grünen vor Ort hob Brugger Siegfried Spangenberg heraus, der Wangen nun im März verlassen wird.
Gerold Fix und Tilman Schauwecker präsentierten Bilder aus 30 Jahren GOL-Stammtisch und die beiden Jung-Stadträte Anne Bungard und Julian Weber erzählten von ihren Erfahrungen, ihrer Arbeit aus und im Gemeinderat und ihren subjektiv bedeutsamsten Aufgaben. Für den musikalischen Part sorgte mit zünftiger Blasmusik die Wangener Bauhof Band, die erstmals öffentlich auftrat.