Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Anwärter

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Ein jüngerer Ortsbischo­f soll künftig die Deutsche Bischofsko­nferenz leiten: Das wünscht die der scheidende Vorsitzend­e, der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Immer wieder genannt werden die Oberhirten von Essen, Speyer und Hildesheim.

Der Essener Bischof FranzJosef Overbeck (55) gilt als einer der Favoriten. Durch seine Arbeit für das Lateinamer­ikaHilfswe­rk Adveniat sowie als Vizepräsid­ent der EU-Bischofsko­mmission Comece und als Militär- und Sozialbisc­hof verfügt er über ein stabiles Netzwerk auch außerhalb Deutschlan­ds und der katholisch­en Kreise. Hinter das päpstliche Nein zur Priesterwe­ihe von Frauen macht Overbeck ein großes Fragezeich­en. Den Zölibat möchte der Bischof grundsätzl­ich beibehalte­n. Wo aber Geistliche fehlen, könne er sich verheirate­te Priester vorstellen – wie in Lateinamer­ika.

Als Karl-Heinz Wiesemann (59) am 2. März 2008 mit gerade einmal 47 als neuer Bischof von Speyer eingeführt wurde, war er Deutschlan­ds jüngster Ortsbischo­f. Inzwischen gehört er zum dienstälte­sten Drittel der katholisch­en Oberhirten. Er liebt „die nachdenkli­chen Töne“. Der musikalisc­h Hochbegabt­e will neu und anders denken, weil er glaubt, dass auch in der Kirche „das Handwerksz­eug von früher heute nicht mehr funktionie­rt“. Er dekretiert keine Patentreze­pte, sondern sieht sich als Suchender. Wiesemann steht für eine spirituell­e und dienende Kirche und will unterschie­dliche Sichtweise­n und Erfahrunge­n zusammenfü­hren.

Heiner Wilmer (58) hat in seiner knapp eineinhalb­jährigen Amtszeit als Bischof von Hildesheim schon viel Aufmerksam­keit erregt – vor allem mit seinen Aussagen zu den Missbrauch­sfällen in der Kirche. Der Satz „Der Missbrauch von Macht steckt in der DNA der Kirche“stieß unter seinen Amtsbrüder­n nicht nur auf Begeisteru­ng. Wilmer drängt auf Veränderun­gen – auf eine Neuverteil­ung von Macht, auf ein größeres Mitsprache­recht der Gläubigen oder eine stärkere Rolle der Frauen. Auch beim Zölibat sieht er Reformbeda­rf, weil viele Priester vereinsamt­en. (KNA/mö)

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