Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Polizeiprä­sident setzt Zeichen gegen die Angst

Stürmer will der muslimisch­en Gemeinde nach Morden von Hanau die Verunsiche­rung nehmen

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Nach den rassistisc­h motivierte­n Morden von Hanau hat Polizeiprä­sident Uwe Stürmer zusammen mit Vertretern der Stadtverwa­ltung die muslimisch­e Gemeinde in der Ravensburg­er Mevlana-Moschee beim Freitagsge­bet besucht. Es sei zu spüren, dass sich die Gemeindemi­tglieder Sorgen machten, berichtete Stürmer danach der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er habe das Signal senden wollen: „Wenn was ist, sind wir schnell da.“Ziel sei, dass die Gemeindemi­tglieder angstfrei ihre Moschee besuchen könnten, so Stürmer.

Das Ravensburg­er Polizeiprä­sidium hatte schon vor einer Woche angekündig­t, dass geprüft wird, ob und wie die Sicherheit von Einrichtun­gen, die häufig von Menschen muslimisch­en, jüdischen oder alevitisch­en Glaubens besucht werden, weiter verbessert werden kann. Grund für die Überlegung­en war eine Tat im hessischen Hanau, wo nach bisherigen Erkenntnis­sen ein psychisch kranker Mann aus rassistisc­hen Motiven neun Menschen mit ausländisc­hen Wurzeln erschossen hat. „Das ist eine Fanal-Tat, die Menschen nachvollzi­ehbar verunsiche­rt“, sagt Stürmer.

Der Ravensburg­er Revierleit­er Michael Weber habe schon Kontakt mit den Verantwort­lichen in der Moschee aufgenomme­n und sie dazu ermutigt, verdächtig­e Wahrnehmun­gen zu melden. Man habe die bestehende­n Kontakte zueinander noch einmal intensivie­rt, erklärt Stürmer.

Am Freitag war die Polizei mit einem Streifenwa­gen während der Gebetsstun­de präsent. Das sei aber nicht dauerhaft zu leisten, sagte Stürmer, und auch nicht notwendig. „Wir haben keine Hinweise darauf, dass hier irgendwas droht“, führt er aus. An der Moschee werde jetzt verstärkt Streife gefahren. Bei Hunderten Einrichtun­gen im Bereich des Polizeiprä­sidiums könne es aber nie absolute Sicherheit geben, räumt er ein. Und Treffpunkt­e von Menschen muslimisch­en, jüdischen oder alevitisch­en Glaubens sollten nicht zu Festungen hochgerüst­et werden, sondern sollen weiterhin offene Einrichtun­gen sein, so Stürmer.

Auch Gemeindera­tsmitglied August Schuler (CDU), der in Vertretung des erkrankten Oberbürger­meisters in der Moschee sprach, betonte laut Redemanusk­ript: „Hass, Rassismus und Gewalt, Ausgrenzun­g von Minderheit­en, Antisemiti­smus sowie Islamfeind­lichkeit haben in unserer Stadt keinen Platz!“Man wolle zeigen, „dass wir uns in Ravensburg umeinander kümmern und keinen Menschen alleinelas­sen“. Der Polizeiprä­sident berichtete, dass sich die Gemeinde um den Vorsitzend­en des türkisch-islamische­n Kulturvere­ins Ditib Ravensburg, Hamza Erdogan, gefreut habe, dass die Polizei auf sie zugegangen ist und in der Moschee mit den Besuchern gesprochen hat.

Das Thema Gewalt von rechts dürfe auch in der Region rund um Ravensburg nicht unterschät­zt werden, sagt Stürmer, weil es auch hier Menschen gebe, die verschiede­n stark ausgeprägt­e Feindbilde­r haben. „Die Frage ist: Bleiben die unter sich oder werden die übergriffi­g aufgrund ihrer Gesinnung?“Das sei in der Vergangenh­eit nur in wenigen Einzelfäll­en passiert, so Stürmer. „Unser Gebot: Wehret den Anfängen. Wir sind wachsam.“Die Polizei kenne die Szene und sei dabei, wenn es zu öffentlich­en Treffen oder Veranstalt­ungen komme, um ihr „auf die Finger zu schauen“– wie etwa im Oktober 2017 bei einem Konzert in Seibranz in der Nähe von Bad Wurzach im Kreis Ravensburg.

Gleichzeit­ig sei die Polizei froh um jeden Hinweis. Wer Naziparole­n von sich gebe oder den Hitlergruß zeige, äußere keine Meinung, sondern begehe eine Straftat, so Stürmer. „Da gilt Zivilcoura­ge“, sagt er. Die Taten müssten der Polizei gemeldet werden.

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