Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Polizeipräsident setzt Zeichen gegen die Angst
Stürmer will der muslimischen Gemeinde nach Morden von Hanau die Verunsicherung nehmen
RAVENSBURG - Nach den rassistisch motivierten Morden von Hanau hat Polizeipräsident Uwe Stürmer zusammen mit Vertretern der Stadtverwaltung die muslimische Gemeinde in der Ravensburger Mevlana-Moschee beim Freitagsgebet besucht. Es sei zu spüren, dass sich die Gemeindemitglieder Sorgen machten, berichtete Stürmer danach der „Schwäbischen Zeitung“. Er habe das Signal senden wollen: „Wenn was ist, sind wir schnell da.“Ziel sei, dass die Gemeindemitglieder angstfrei ihre Moschee besuchen könnten, so Stürmer.
Das Ravensburger Polizeipräsidium hatte schon vor einer Woche angekündigt, dass geprüft wird, ob und wie die Sicherheit von Einrichtungen, die häufig von Menschen muslimischen, jüdischen oder alevitischen Glaubens besucht werden, weiter verbessert werden kann. Grund für die Überlegungen war eine Tat im hessischen Hanau, wo nach bisherigen Erkenntnissen ein psychisch kranker Mann aus rassistischen Motiven neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen hat. „Das ist eine Fanal-Tat, die Menschen nachvollziehbar verunsichert“, sagt Stürmer.
Der Ravensburger Revierleiter Michael Weber habe schon Kontakt mit den Verantwortlichen in der Moschee aufgenommen und sie dazu ermutigt, verdächtige Wahrnehmungen zu melden. Man habe die bestehenden Kontakte zueinander noch einmal intensiviert, erklärt Stürmer.
Am Freitag war die Polizei mit einem Streifenwagen während der Gebetsstunde präsent. Das sei aber nicht dauerhaft zu leisten, sagte Stürmer, und auch nicht notwendig. „Wir haben keine Hinweise darauf, dass hier irgendwas droht“, führt er aus. An der Moschee werde jetzt verstärkt Streife gefahren. Bei Hunderten Einrichtungen im Bereich des Polizeipräsidiums könne es aber nie absolute Sicherheit geben, räumt er ein. Und Treffpunkte von Menschen muslimischen, jüdischen oder alevitischen Glaubens sollten nicht zu Festungen hochgerüstet werden, sondern sollen weiterhin offene Einrichtungen sein, so Stürmer.
Auch Gemeinderatsmitglied August Schuler (CDU), der in Vertretung des erkrankten Oberbürgermeisters in der Moschee sprach, betonte laut Redemanuskript: „Hass, Rassismus und Gewalt, Ausgrenzung von Minderheiten, Antisemitismus sowie Islamfeindlichkeit haben in unserer Stadt keinen Platz!“Man wolle zeigen, „dass wir uns in Ravensburg umeinander kümmern und keinen Menschen alleinelassen“. Der Polizeipräsident berichtete, dass sich die Gemeinde um den Vorsitzenden des türkisch-islamischen Kulturvereins Ditib Ravensburg, Hamza Erdogan, gefreut habe, dass die Polizei auf sie zugegangen ist und in der Moschee mit den Besuchern gesprochen hat.
Das Thema Gewalt von rechts dürfe auch in der Region rund um Ravensburg nicht unterschätzt werden, sagt Stürmer, weil es auch hier Menschen gebe, die verschieden stark ausgeprägte Feindbilder haben. „Die Frage ist: Bleiben die unter sich oder werden die übergriffig aufgrund ihrer Gesinnung?“Das sei in der Vergangenheit nur in wenigen Einzelfällen passiert, so Stürmer. „Unser Gebot: Wehret den Anfängen. Wir sind wachsam.“Die Polizei kenne die Szene und sei dabei, wenn es zu öffentlichen Treffen oder Veranstaltungen komme, um ihr „auf die Finger zu schauen“– wie etwa im Oktober 2017 bei einem Konzert in Seibranz in der Nähe von Bad Wurzach im Kreis Ravensburg.
Gleichzeitig sei die Polizei froh um jeden Hinweis. Wer Naziparolen von sich gebe oder den Hitlergruß zeige, äußere keine Meinung, sondern begehe eine Straftat, so Stürmer. „Da gilt Zivilcourage“, sagt er. Die Taten müssten der Polizei gemeldet werden.