Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Erstes Grabdenkma­l wird restaurier­t

Stadt Ravensburg prüft Sanierung der 26 Epitaphien auf dem Alten Friedhof

- Von Bernd Adler

RAVENSBURG - Im März wird ein Grabdenkma­l auf dem Alten Ravensburg­er Friedhof ausgebaut, um ein Konzept für eine mögliche Sanierung zu erarbeiten. Die noch erhaltenen 26 Epitaphien sind stark verwittert und in einem sehr schlechten Zustand.

Von 1542 bis 1875 war der Alte Ravensburg­er Friedhof an der Ecke Meersburge­r Straße/Georgstraß­e der wichtigste, von 1803 bis zur Auflassung der einzige Begräbniso­rt in Ravensburg. Viel erinnert heute nicht mehr daran. Im Norden und Westen fehlt eine Einfriedun­g, Grabstelle­n sind nicht erkennbar. Nur an der bestehende­n Ostwand deuten 26 eingelasse­ne Epitaphien auf die Geschichte dieses Ortes hin. Die Grabmale aus weichem Rorschache­r Sandstein sind aber so verwittert, dass die Motive teilweise kaum mehr zu erkennen sind.

Seit Jahren fordern Denkmalsch­ützer, etwas gegen den Verfall zu tun. Auch die Fraktion der „Bürger für Ravensburg“machte sich mehr als einmal dafür stark. Viel zu retten ist insgesamt ohnehin nicht mehr. Bereits 50 Jahre nach der letzten Bestattung begann die Zerstörung des alten Gottesacke­rs. Der Nordteil wurde aufgelasse­n, 105 Grabstelle­n wurden abgeräumt. Große Teile der Einfriedun­g fielen dem Abbruch zum Opfer. Die verblieben­en Grabmale verkamen. Im 20. Jahrhunder­t wurden die Einfriedun­gen bis auf die Ostmauer abgetragen, auch das historisch­e Beinhaus fiel dem Abriss zum Opfer.

Einige Epitaphien wurden gerettet und in die östliche Einfriedun­g eingemauer­t. Aus heutiger Sicht ein fataler Fehler. Die Grabmale aus weichem Rorschache­r Sandstein wurden so laufend feucht gehalten, was den Verwitteru­ngsprozess beschleuni­gte.

Im Oktober 2019 hat nun die Stadtverwa­ltung für rund 18 000 Euro einen Steinresta­urator beauftragt, ein Epitaph als sogenannte­n Musterstei­n

im März 2020 auszubauen und über mehrere Monate hinweg in seiner Werkstatt zu konservier­en. Diese Vorgehensw­eise ist vom Landesamt für Denkmalpfl­ege genehmigt worden. „Nach Erfahrunge­n mit dem Musterstei­n wird gemeinsam entschiede­n werden, wie weiter zu verfahren ist. So kann auf Grundlage der Erfahrunge­n mit der Musterrest­aurierung die Konzeptfin­dung und die Kostenermi­ttlung für die restliche Gesamtkons­ervierung der Sandsteint­afeln aktualisie­rt und nach denkmalrec­htlicher Genehmigun­g der Gesamtmaßn­ahme durch das zuständige Regierungs­präsidium auch ein Zuschussan­trag durch die Stadt Ravensburg für das Denkmalför­derprogram­m des Landes gestellt werden“, sagt Sandra Wirthensoh­n von der Geschäftss­telle Gemeindera­t im Rathaus.

Dennoch würden im Falle einer Sanierung aller 26 Epitaphien wohl die meisten Kosten bei der Stadt verbleiben – und die schwimmt bekanntlic­h derzeit nicht gerade in Geld. Bereits 2015 gab es eine grobe Kostenschä­tzung eines Restaurato­rs, der den Gesamtbeda­rf auf rund 750 000 Euro bezifferte. Sandra Wirthensoh­n: „Entspreche­nd der Preisentwi­cklung der vergangene­n fünf

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Jahre gehen wir inzwischen von deutlich höheren Kosten aus.“

Derzeit ist geplant, mit dem Musterstei­n die ersten Erfahrunge­n zu sammeln, ob das geplante Sanierungs­konzept die richtige Lösung ist. Dieses sieht vor, die Steine auszubauen, in einer Werkstatt zu festigen und hinterlüft­et, also mit Abstand von der Friedhofsm­auer, wieder anzubringe­n. Ob das so kommt, ist nicht zuletzt aufgrund der Höhe der Kosten ungewiss.

„Der alte Friedhof aus dem 16. Jahrhunder­t mit seinen Epitaphien ist ein bedeutende­s Kulturdenk­mal der Stadt Ravensburg“, sagt Bürgermeis­ter

Dirk Bastin. „Über 300 Jahre diente der Friedhof den Bürgerinne­n und Bürgern der Stadt Ravensburg als der zentrale Ort für Bestattung­en von geliebten Menschen. Dies kann man noch heute, fast 200 Jahre nach seiner Auflassung, bei einem Besuch der Grünanlage spüren. Dennoch ist ein Friedhof auch immer ein Ort der Vergänglic­hkeit.

Nun gilt es mit dem Denkmalsch­utz die sinnvollst­e Lösung für die Epitaphien zu erarbeiten. Ob dann noch alle Grabsteine saniert werden können oder einige auch weiter verwittern, wird das Sanierungs­konzept zeigen.“

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FOTOS: BERND ADLER In der Ostmauer sind Epitaphien eingebaut. Die meisten sind stark verwittert. Die Schäden an den Grabmalen, die aus weichem Rorschache­r Sandstein sind, sind nicht zu übersehen.
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