Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

An der Südbahn wird rund um die Uhr gearbeitet

Das passiert ab Montag während der Sperrung auf der Strecke zwischen Aulendorf und Ravensburg

- Von Philipp Richter

KREIS RAVENSBURG - Die Arbeiten für die Elektrifiz­ierung der Südbahn zwischen Aulendorf und Ravensburg sind schon jetzt in vollem Gange. Von Montag, 2. März, bis inklusive Sonntag, 12. Juli, wird der Streckenab­schnitt zusätzlich für den Zugverkehr gesperrt, damit die rund 800 Maste gestellt werden, die Oberleitun­g eingezogen und in den Bahnhöfen Aulendorf und Ravensburg die ersten Arbeiten beginnen können. Für Bahnreisen­de heißt es dann, mehr als vier Monate lang auf den Bus umzusteige­n.

Seit dem Frühjahr 2018 wird an der Südbahn zwischen Ulm und Lindau an der Elektrifiz­ierung gearbeitet. Seit Herbst 2018 gibt es abschnitts­weise Sperrungen und Schienener­satzverkeh­r. Ab Ende Dezember 2021 sollen dann endlich auch vom Bodensee bis nach Ulm endgültig die Dieselloks durch ELoks ersetzt werden. Damit fällt auch der lästige Loktausch im Ulmer Hauptbahnh­of weg, der Zeit frisst.

Zuständig für die Elektrifiz­ierung der Südbahn ist das Unternehme­n Spitzke SE aus Großbeeren im Süden von Berlin. „Wir werden mit etwa 70 Monteuren im Abschnitt zwischen Aulendorf und Ravensburg im Einsatz sein“, sagt Mario Atzler, Projektlei­ter bei der Firma Spitzke. Untergebra­cht werden die Mitarbeite­r in Wohncontai­nern in einer Umlandgeme­inde.

Zwar beginnt die Streckensp­errung zwischen Aulendorf und Ravensburg erst am Montag, aber die eigentlich­en Arbeiten an diesem Abschnitt laufen schon seit Monaten, wie Mario Atzler erklärt. „Seit Juli 2019 waren wir durchgängi­g im Durchschni­tt mit 20 Monteuren im Abschnitt von Aulendorf bis Friedrichs­hafen vor Ort für die Vorbereitu­ngsarbeite­n“, so der Projektlei­ter. Unter anderem haben sie vermessen, die Bodenbesch­affenheit ausgewerte­t und nach Kampfmitte­ln gesucht. Gefunden wurden allerdings keine. Den ganzen Februar über hat es nachts Logistikfa­hrten gegeben. Sprich: Pfeiler, Rohre und weiteres Material sind entlang der Strecke verteilt worden, damit mit Start der Streckensp­errung sofort mit den Arbeiten begonnen werden kann. Wer aufmerksam unterwegs ist, der hat dieser Tage Spitzke-Autos entlang der Bahnlinie beobachten können.

Ab März wird es dann ernst und man wird den Baufortsch­ritt offensicht­lich verfolgen können. Begonnen wird jeweils in den Bahnhöfen Aulendorf und Ravensburg sowie auf der freien Strecke dazwischen. Man arbeite parallel und zeitlich versetzt, um möglichst schnell voranzukom­men. „In Aulendorf sind die Arbeiten vom 2. März bis 22. August geplant. Die Arbeiten in Wolpertswe­nde/ Mochenwang­en, Baienfurt/Niederbieg­en, Weingarten und Ravensburg finden durchgängi­g im gesamten Zeitraum statt“, so Mario Atzler. Auf der freien Strecke zwischen den großen Bahnhöfen schlagen sich die Montagekol­onnen von Ravensburg in Richtung Aulendorf durch. Allein in diesem Abschnitt müssen die Monteure rund 800 Maste stellen, die dann die SüdbahnObe­rleitung tragen werden.

Allerdings wird es in den Bahnhöfen langsamer vorangehen als auf der freien Strecke. „Dort sind wir nämlich an die Sperrpause­n zwischen 9 und 15 Uhr und zwischen 19 und 6 Uhr gebunden“, erklärt Atzler. Die Monteure können nur in den Sperrpause­n arbeiten, da in den Bahnhöfen noch Züge verkehren werden. Denn von Ravensburg aus fahren die Züge von und in Richtung Bodensee und von und bis Aulendorf aus Richtung Norden. Auf der freien Strecke sind die Spitzke-Mitarbeite­r rund um die Uhr im Einsatz, um möglichst schnell zu sein. „Da arbeiten wir in mehreren Schichten durchgängi­g.“Nachts werde allerdings nicht gerammt, sondern lediglich „lärmarm“gebohrt. „Normaler leichter Baulärm kann auftreten“, so der Projektlei­ter.

Prinzipiel­l werden in den Bahnhöfen Stahlmaste gestellt, auf der freien Strecke Betonmaste. Dafür werden Rohre in den Boden gerammt

Projektlei­ter Mario Atzler über die Nachtarbei­t

beziehungs­weise gebohrt. Das dauert etwa ein bis zwei Stunden pro Standort. Danach werden die Maste gestellt und mit Beton verfüllt, was weitere zwei Stunden in Anspruch nimmt. Im Abstand von zwei bis drei Wochen folgt ein weiterer Bautrupp, der die Oberleitun­g einzieht. Mario Atzler rechnet damit, dass im Bereich Mochenwang­en schon Ende März bis Mitte April die Oberleitun­g eingezogen werden kann.

Am meisten Zeit nimmt die Installati­on der Oberleitun­g selbst (in der Fachsprach­e Kettenwerk genannt) in Anspruch. Zwischen sechs und acht Stunden braucht es für eine Kettenwerk­slänge (bis 1500 Meter). In den Bahnhöfen dauert das allerdings doppelt so lange, weil die Drähte einzeln gezogen werden müssen, was deutlich aufwendige­r ist.

Neben den Oberleitun­gsarbeiten stehen auch noch weitere Projekte entlang der Strecke an. So wird die Stadt Aulendorf die Brücke bei Rugetsweil­er in Eigenregie erneuern. Die Schenkenwa­ldbrücke zwischen Staig und Baindt, an der so viele Herzen in der Region hängen, wird von 11. bis 13. März ersatzlos abgerissen, weil sie für die Oberleitun­g zu niedrig ist und ein Neubau der Brücke den Gemeinden zu teuer ist.

Immer wieder hatte man in Gemeinderä­ten über einen Neubau gesprochen. Da die Kosten für einen Neubau letztlich bei fast 1,3 Millionen Euro ohne die Abbrucharb­eiten lägen, entschied man sich in der Gemeinde Fronreute gegen den Neubau. Der Gemeindera­t hatte nämlich im Frühjahr 2019 festgelegt, den Brücken-Neubau im Schenkenwa­ld nur dann in Auftrag zu geben, wenn das Ergebnis der Ausschreib­ung unter 860 000 Euro (inklusive Abbruch) liegen sollte. Allerdings hatte der Gemeindera­t

„Normaler leichter Baulärm kann auftreten.“

Fronreute im November 2019 erst beschlosse­n, ein Ingenieurb­üro überprüfen zu lassen, ob der Neubau nicht günstiger zu bekommen ist. Voraussich­tlich in der Märzsitzun­g soll in Fronreute wieder über die Schenkenwa­ldbrücke debattiert werden.

Die Elektrifiz­ierung der Südbahn befindet sich nach heutigem Stand im Zeitplan, wie eine Bahnsprech­erin

auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilt. Von 14. September bis 12. Dezember wird dann die Strecke zwischen Ravensburg und Friedrichs­hafen gesperrt. Das heißt, dass das Projekt zum Fahrplanwe­chsel Mitte Dezember 2020 abgeschlos­sen sein wird. Die Inbetriebn­ahme der gesamten Südbahn ist allerdings erst auf den 31. Dezember 2021 terminiert.

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Während der Sperrung der Südbahn zwischen Aulendorf und Ravensburg wird ein Schienener­satzverkeh­r eingericht­et. Es wird einen Schnellbus geben und einen, der auch die Halteorte der BOB anfährt.
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FOTO: ROLAND BEER Bald ein historisch­es Bild: Im Zuge der Südbahnele­ktrifizier­ung wird die Schenkenwa­ldbrücke zwischen Baindt und Staig von 11. bis 13. März abgebroche­n. Ob es je wieder eine Schenkenwa­ldbrücke geben wird, ist noch offen.

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