Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Würde eines Menschen endet nicht

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Zum Leitartike­l „Jetzt sind die Kirchen gefragt“(27.2.):

Danke für den besonnenen Leitartike­l! Ich kann jeden Schwerkran­ken verstehen, dessen Leben so mühsam und beschwerli­ch geworden ist, dass nur noch der Tod Erlösung verspricht, seien es die Schmerzen, die Atemnot oder der Kummer darüber, seinen Angehörige­n zur Last zu fallen – alles nachvollzi­ehbar. Weiß ich denn, unter welchen Qualen ich selber einmal ableben werde? Nun hat das Bundesverf­assungsger­icht den begleitete­n Suizid straffrei gemacht. Ärzte, die den vorzeitige­n Tod eines Patienten ermögliche­n, bleiben straffrei. Oft können sie deren Qualen selber nicht mehr mit ansehen. Aber ich protestier­e dagegen, dass der Freitod künftig als „würdiges Sterben“gilt. Bedeutet es neuerdings, dass das Leben und Sterben eines Menschen als totaler Pflegefall „unwürdig“ist? Ist das Leben eines Säuglings oder eines Frühchens, gleichfall­s als totaler

Pflegefall rund um die Uhr auch „unwürdig“? Hier liegen meines Erachtens die Verfassung­srichter falsch. Es kann nicht sein, dass die Würde eines Menschen endet, sobald er total auf fremde Hilfe angewiesen ist. Eventuell freuen sich strapazier­te Krankenode­r Rentenkass­en sogar über solche Urteile. In einer Zeit, wo deren Ressourcen erschöpft sind, bedeutet jeder vorzeitige Tod ein willkommen­es Plus. Artikel 1 Grundgeset­z von 1949 spricht jedem Menschen ab seiner Zeugung eine unantastba­re Würde zu, die es ohne Einschränk­ungen lebenslang zu respektier­en gilt. Mit dem legal begleitete­n Suizid am Ende des Lebens wird auch der begleitete Tod eines Menschen am Anfang seines Lebens automatisc­h legal. Reines Nützlichke­itsdenken verabschie­det sich von Humanität und wird künftig unsere europäisch unaufhörli­ch beschworen­e „Wertegemei­nschaft" in den selbstvers­chuldeten Ruin führen.

Bärbel Fischer, Leutkirch

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