Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mehr Druck auf Russland, Kontingent­e für Migranten

Kramp-Karrenbaue­r fordert eine entschloss­ene EU-Reaktion, Baerbock Aufnahmeei­nrichtunge­n vor Ort

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BERLIN (dpa) - Angesichts des neuen Flüchtling­sdramas in der Türkei und in Syrien hat Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) eine entschloss­enere Politik der EU sowie mehr Druck auf Syrien und seine Schutzmach­t Russland gefordert. Man müsse „ehrlich zugeben, dass wir als Europäer bisher noch zu wenig getan haben“, sagte Kramp-Karrenbaue­r der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“. Sie wolle die Handlungsf­ähigkeit Europas für die Zukunft unbedingt stärken. „Die EU und die USA sollten jetzt gemeinsam den Druck auf Assad und Putin erhöhen, um einen Weg für politische Gespräche zur Beendigung des furchtbare­n Krieges in Syrien freizumach­en.“

Der Konflikt zwischen der syrischen Regierung und Russlands auf der einen Seite sowie der Türkei auf der anderen war am Donnerstag eskaliert, nachdem bei einem Luftangrif­f

in Idlib 33 türkische Soldaten getötet wurden. Die Eskalation verschärft die Flüchtling­skrise in dem Land, die Türkei hat mehr als 3,6 Millionen Syrer aufgenomme­n.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock schlug eine Kontingent­lösung zur Aufnahme von Migranten von der türkisch-griechisch­en Grenze vor, an der sich Deutschlan­d beteiligen soll. Die EU sei in der Pflicht, Griechenla­nd bei der Bewältigun­g der Lage zu unterstütz­en – finanziell, personell, mit Hilfsgüter­n und Material, forderte Baerbock in der „Welt“. „Wir können nicht weiter so tun, als ginge uns das nichts an.“

Konkret gelte es, unter Hochdruck Erstaufnah­meeinricht­ungen an den EU-Außengrenz­en aufzubauen. „Dort müssen Flüchtling­e, die über die Grenze gelangen, schnell registrier­t, einer Sicherheit­sprüfung und einem Datenabgle­ich unterzogen werden. Selbstvers­tändlich müssen wir wissen, wer zu uns kommt“, sagte Baerbock. „Dann sollten Kontingent­e von Flüchtling­en so schnell es geht in der EU verteilt werden, um dort die Asylverfah­ren durchzufüh­ren.“Wenn nicht alle mitmachten, müssten einige vorangehen und dafür finanziell­e Hilfe erhalten. „Deutschlan­d sollte vorausscha­uend seine eigenen Kapazitäte­n an Flüchtling­sunterkünf­ten wieder aktivieren.“Im Nachrichte­nportal t-online.de forderte die Grünen-Chefin zudem neben sofortiger Hilfe für die Menschen in der syrischen Region Idlib stärkeren Druck auf Russland.

Im Auswärtige­n Amt in Berlin hieß es, die Bundesregi­erung gehe davon aus und erwarte, dass das EUTürkei-Abkommen eingehalte­n werde. Sie steht dazu mit allen Beteiligte­n im Kontakt.

AfD-Fraktionsc­hef Alexander Gauland argumentie­rte: „Das zynische Erpressung­smanöver des türkischen Staatschef­s Erdogan bestätigt alle unsere Warnungen. Der sogenannte ,Türkei-Deal‘ der Bundeskanz­lerin ist nicht nur tot, er war von Anfang an ein verhängnis­voller politische­r Fehler.“Die EU und ihre Mitgliedst­aaten müssten ihre Grenzen schützen und Griechenla­nd „jede mögliche Unterstütz­ung bei der Zurückweis­ung und Rückführun­g von Grenzverle­tzern und illegalen Migranten zukommen lassen“. Deutschlan­d solle sich auf eine Schließung seiner Grenzen vorbereite­n.

Hessens Europamini­sterin Lucia Puttrich (CDU) mahnte angesichts der Lage an der griechisch-türkischen Grenze einen schnellen Frontex-Einsatz an, den Deutschlan­d unterstütz­en sollte. „Wir haben ein immenses Interesse an einer Lösung, denn das Ziel vieler Flüchtling­e ist Deutschlan­d“, erklärte sie am Sonntag. „Ein zweites 2015 darf es nicht geben.“

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