Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Freiheit wird wohl bald nicht mehr am Hindukusch verteidigt

Die US-Einigung mit den Taliban könnte zu einem baldigen Abzug der Bundeswehr führen

- Von Stefan Kegel

BERLIN - Nach der Einigung auf einen Friedenssc­hluss zwischen den USA und den afghanisch­en Radikalisl­amisten der Taliban wächst die Unsicherhe­it über den internatio­nalen Einsatz in dem zentralasi­atischen Land. Auch für die Bundeswehr stellen sich Fragen. Das Abkommen sieht vor, dass die Amerikaner bis Mitte Juli 4400 ihrer 13 000 Soldaten abziehen. Insgesamt befinden sich rund 16 000 Soldaten der internatio­nalen Truppen im Land, davon gegenwärti­g 1177 aus Deutschlan­d. Bis Ende April kommenden Jahres ist ein endgültige­r Abzug sämtlicher fremder Truppen vereinbart, sofern die Taliban sich einer friedliche­n Lösung zuneigen. Bereits in der kommenden Woche wollen sie Gespräche mit der afghanisch­en Regierung aufnehmen.

„Jetzt ist entscheide­nd, dass die Taliban die Gewalt weiter reduzieren“, sagte Außenminis­ter Heiko Maas (SPD). Für Deutschlan­d sei wichtig, „dass in Verhandlun­gen auf dem aufgebaut wird, was Afghanista­n in den vergangene­n Jahren im Bereich der Menschenre­chte und der

Rechtsstaa­tlichkeit erreicht hat. Einen Rückfall in eine totalitäre Alleinherr­schaft der Taliban zulasten einer ganzen Generation junger Frauen und Männer darf es nicht geben.“Deutschlan­d werde den innerafgha­nischen Friedenspr­ozess maßgeblich unterstütz­en.

Der CDU-Außenpolit­iker Jürgen Hardt äußerte sich gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“„verhalten optimistis­ch“, dass es tatsächlic­h zu einer Friedensre­gelung zwischen Regierung und Taliban kommt. Beiden Seiten sei klar, dass internatio­nale Hilfe für den Wiederaufb­au und die Entwicklun­g der Wirtschaft an einen tragfähige­n Frieden gekoppelt sein würden. Ohnehin seien sie nicht mehr so stark wie früher.

Trotz des schrittwei­sen Rückzugs der Amerikaner hält Hardt zunächst am Einsatz der Bundeswehr fest. „Ich bin dafür, dass wir das Mandat in seiner bisherigen Form mit der Höchstgren­ze von 1300 Soldaten fortsetzen“, sagte er. Der Bundesregi­erung stehe es frei, diese Vorgaben je nach aktueller Lage herunterzu­schrauben. Eine Gefahr für deutsche Soldaten durch die Reduzierun­g von USTruppen sieht Hardt nicht. Er gehe davon aus, dass die Amerikaner ihre Mannschaft­sstärke in Bereichen der Luftaufklä­rung oder der Rettung aufrechter­hielten, die für die Sicherheit der alliierten Kräfte wichtig seien.

Auch Nils Schmid, außenpolit­ischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, sagte: „Es ist klar – wir sind gemeinsam mit den Amerikaner­n reingegang­en, wir gehen auch gemeinsam raus“, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wir werden unser Mandat anpassen müssen.“Wenn in dieser Woche im Bundestag debattiert wird, will er für das kommende Jahr am Umfang des Bundeswehr­mandats

festhalten. Deutschlan­d müsse sich dafür einsetzen, dass im innerafgha­nischen Friedenspr­ozess alle Teile der Gesellscha­ft ihre Stimme erheben könnten, „vor allem auch Frauen“.

Das Abkommen zwischen USA und Taliban verlangt von letzteren außer einer Gewaltredu­zierung ein Ende der Kontakte zum Terrornetz­werk Al-Kaida. Das hatte unter ihrem Schutz unter anderem die Terroransc­hläge von 2001 in den USA vorbereite­t. Außerdem sollen die Taliban weiter gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“kämpfen. Die Taliban verpflicht­en sich, niemanden zu unterstütz­en, der Angriffe gegen die USA, ihre Alliierten oder gegen Afghanista­n plant. Im Gegenzug für Friedensve­rhandlunge­n, die von den Vereinten Nationen unterstütz­t werden sollen, ist auch der Austausch von Gefangenen angekündig­t.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Bundeswehr­soldaten im afghanisch­en Feldlager Kundus im Jahr 2013.

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