Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zeitzeugin
Elisabeth Hartnagel, Schwester der NS-Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl, ist tot. Sie starb am Freitag, einen Tag nach ihrem 100. Geburtstag, wie die Weiße Rose Stiftung am Sonntag in München mitteilte. Elisabeth Hartnagel, geborene Scholl, lebte in Stuttgart. Ihre Geschwister Hans (geboren 1918) und Sophie (geboren 1921) waren Mitglieder der Widerstandgruppe Weiße Rose und wurden im Februar 1943 hingerichtet.
Das Schicksal ihrer Geschwister hat Elisabeth Hartnagels Leben nach Angaben der Weiße Rose Stiftung geprägt. Über den Moment, als sie vom Tod von Hans und Sophie Scholl aus der Tageszeitung erfuhr, sagte sie demnach: „Ich habe mir damals einfach gewünscht, ich sei verrückt, ich würde mir das alles einbilden, es würde bestimmt nicht wahr sein.“Sie selbst hatte nichts vom aktiven Widerstand der Geschwister gewusst.
Kurz nach der Beisetzung der Geschwister wurde die gesamte Familie Scholl – bis auf Bruder Werner, der Soldat in Russland war und 1944 fiel – in Schutzhaft genommen. Es traf den Vater Robert, die Mutter Magdalene, die Schwester Inge und Elisabeth. Elisabeth erlebte schlimme Verhältnisse in der Haft und erkrankte schwer. Im Herbst 1945 heiratete sie den ehemaligen Verlobten ihrer Schwester Sophie, Fritz Hartnagel. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Das Ehepaar Hartnagel engagierte sich in der Nachkriegszeit in der Friedensbewegung. Elisabeths Schwester Inge Aicher-Scholl starb 1998. Nach deren Tod engagierte sich Elisabeth Hartnagel dafür, die Erinnerung an ihre Geschwister und die „Weiße Rose“lebendig zu halten. (epd)