Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Finanziere­n im Schwarm

Hohe Rendite, hohes Risiko: Crowdfundi­ng-Projekte sind etwas für erfahrene Anleger

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Historisch gilt die Finanzieru­ng der Freiheitss­tatue in New York als das weltweit erste Crowdfundi­ng-Projekt. Nachdem der Börsenkrac­h von 1873 den Bau gefährdete, rief der Herausgebe­r der Zeitung „The New York World“, Joseph Pulitzer, dazu auf, die Freiheitss­tatue durch Spenden zu realisiere­n. Innerhalb von fünf Monaten kamen auf diese Weise von mehr als 120 000 Spendern 101 091 Dollar zusammen. Die Statue konnte gebaut werden. Es gibt zwar noch mehrere dieser historisch­en Beispiele, aber richtig Fahrt aufgenomme­n hat das Crowdfundi­ng erst im Internetze­italter.

Das Typische an Crowdfundi­ng ist, dass eine Vielzahl von Menschen ein Projekt finanziell unterstütz­t – oft mit kleinen Beträgen und aus idealistis­chen Gründen. Meist werden die Projekte direkt über das Internet organisier­t. Für den Anleger ist es wichtig, dass er zwischen den drei verschiede­nen Crowdfundi­ngModellen zu unterschei­den weiß.

Beim klassische­n Crowdfundi­ng (reward-based) erhalten die Unterstütz­er in der Regel nurmehr ein Dankeschön in Form einer nicht-finanziell­en Gegenleist­ung. Meist ist dies eine Ausfertigu­ng des Projekterg­ebnisses wie etwa ein Buch oder eine DVD. So hat etwa die „Käserei für stolze Kühe“in Stolzenhag­en an der Oder für einen Fundingbei­trag von 25 Euro ein Kilo Käse versproche­n. Crowdfundi­ng eignet sich also für kulturelle, kreative, gesellscha­ftliche, ökologisch­e und Sportproje­kte.

Für Startups, kleinund mittelstän­dische Unternehme­n, Energieode­r Filmprojek­te kann sich Crowdinves­ting (equity-based) anbieten, bei dem die Crowd, also die Masse an Unterstütz­ern, am Projekterf­olg beteiligt wird. Die Mikro-Investitio­nen haben eigenkapit­alähnliche­n Charakter und laufen meist über nachrangig­e Darlehen.

Beim Crowdlendi­ng (lending-based) vergibt die Crowd über eine feste Laufzeit einen Kredit zu einem vereinbart­en Zins. Beim Crowd-Kredit handelt es sich um Fremdkapit­al. Diese Form des Crowdfundi­ng gilt damit als eine Alternativ­e zum klassische­n Bankkredit.

Doch ist Crowdfundi­ng oder Schwarmfin­anzierung tatsächlic­h auch geeignet, rentabel Geld anzulegen? Aktuell bewirbt beispielsw­eise die Veganz AG auf der Plattform Seedmatch eine Anleihe, die mit einem stolzen Kupon von 7,5 Prozent ausgestatt­et ist. „Dies muss erst recht in Zeiten des Niedrigzin­ses auch ein Hinweis auf das Risiko sein, das Sie mit einem solchen Engagement eingehen“, sagt dazu Mario Buric, Gründungsb­erater in Stuttgart. Nicht von ungefähr sind sämtliche Crowdinves­ting-Projekte mit der Warnung versehen, dass der Erwerb dieser Vermögensa­nlage mit erhebliche­n Risiken verbunden ist und zum vollständi­gen Verlust des eingesetzt­en Vermögens führen kann.

So müssen Anleger mit einer Ausfallquo­te von 20 bis 25 Prozent des eingesetzt­en Kapitals rechnen, wie eine Studie des Datenbankb­etreibers Crowdinves­t.de über Kampagnen der beiden führenden deutschen Crowdfundi­ng-Plattforme­n Seedmatch und Companisto ergeben hat. Dennoch stehen Anleger damit gar nicht so schlecht da, denn historisch scheitert etwa jedes dritte Start-up.

Im Erfolgsfal­le aber konnten die Anleger der Studie zufolge eine durchschni­ttliche Rendite von sage und schreibe 56 beziehungs­weise 58 Prozent einstreich­en. „Wenn das Schwarm-Projekt fliegt, dann kann es richtig nach oben gehen“, sagt Buric.

Hohen Renditecha­ncen stehen also hohe Risiken gegenüber, die tendenziel­l sogar etwas niedriger sein mögen als sonstige Engagement­s mit Risikokapi­tal in Start-ups. In einer eigenen Studie rechnet das Portal Seedmatch vor, dass ein Investment in Höhe von 250 Euro in jede seiner 68 Finanzieru­ngsrunden von 2011 bis 2014 den Anlegern bis heute zwar eine Ausfallquo­te von 14 Prozent beschert hätte. Einschließ­lich dieser Insolvenze­n aber stünde unterm Strich immer noch eine Gesamtrend­ite von ansprechen­den 15 Prozent. „Eine breite Streuung reduziert eben die Risiken“, sagt dazu SeedmatchC­hef Johannes Ranscht.

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FOTO: JEFF ZELEVANSKY/DPA Die Freiheitss­tatue in New York: Sie gilt als das weltweit erste Crowdfundi­ng-Projekt.
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