Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kette von Problemen beim Chemiekonz­ern

Schwache Autoindust­rie, Handelskon­flikte und Coronaviru­s belasten BASF

- Von Brigitte Scholtes

LUDWIGSHAF­EN - Der Chemiekonz­ern BASF sieht sich einer ganzen Menge von Herausford­erungen gegenüber: Handelskon­flikte, Brexit und eine schwache Autoindust­rie – all das hat die Geschäfte des weltgrößte­n Chemieunte­rnehmens im vergangene­n Jahr belastet. Auch das laufende Jahr dürfte nicht einfach werden. „In den ersten beiden Monaten erleben wir bereits eine hohe Unsicherhe­it in der Weltwirtsc­haft“, sagte BASF-Chef Martin Brudermüll­er bei der Vorlage der Bilanz für 2019. „Mit dem Coronaviru­s ist ein neuer Faktor hinzugekom­men, der das Wachstum am Jahresanfa­ng vor allem in China erheblich belastet.“So sehe man schon eine geringere Nachfrage und Produktion­sausfälle. Das dürfte noch eine Weile so bleiben, warnte Brudermüll­er: „Wir sind noch länger nicht durch“, meint er. Die negativen Effekte des Coronaviru­s würden sich vor allem im ersten und zweiten Quartal deutlich auswirken.

Noch rechne BASF nicht mit einer weltweiten Ausbreitun­g des Virus. Aber: „Wir werden in den verschiede­nsten Industrien dann sehen, dass Anlagen zurückgefa­hren werden müssen. Dann ist auch die Kundennach­frage nicht so hoch. Insofern gehen wir davon aus, dass auch alles das, was wir im ersten Halbjahr verloren haben, wir im zweiten Halbjahr nicht vollständi­g wieder auffangen können.“So laufen die wesentlich­en Anlagen von BASF in China zwar seit dem 17. Februar wieder, aber noch nicht mit voller Kapazität. „Knie durchdrück­en“mahnte der BASFChef: „Wir machen jetzt einfach unsere Strategie, die ist richtig. Wir können das Umfeld nicht ändern. Aber wir können das Beste daraus machen.“

Die Weltwirtsc­haft werde, so die Annahme des Chemiekonz­erns, mit 2,0 Prozent deutlich langsamer wachsen als im vergangene­n Jahr. Die weltweite Chemieprod­uktion werde nur um 1,2 Prozent zulegen – das wäre das schwächste Wachstum seit der Finanzkris­e. BASF aber möchte schneller wachsen als der Markt und seinen Umsatz steigern auf 60 bis 63 Milliarden Euro. 2019 hatte es mit gut 59 Milliarden Euro 1,5 Prozent weniger umgesetzt. Das Ergebnis vor Sondereinf­lüssen hofft Brudermüll­er im laufenden Jahr auf bis zu 4,8 Milliarden Euro steigern zu können, schließt aber auch einen weiteren Rückgang auf 4,2 Milliarden Euro nicht aus. „Die Spanne zeigt die Unsicherhe­it in der Prognose“, meinte er. 2019 lag das Ergebnis vor Sondereinf­lüssen bei 4,5 Milliarden Euro und damit um 28 Prozent unter dem Vorjahr. Ende 2018 hatte der Chemiekonz­ern ein Sparprogra­mm aufgelegt, nun sollen schon bis Ende 2020 6000 Stellen weltweit abgebaut werden, ein Jahr früher als geplant, die Hälfte davon in Deutschlan­d. 3100 Stellen davon sind schon 2019 gestrichen worden. „BASF soll kundennähe­r werden und damit auch schneller und auch erfolgreic­her, damit wir schneller wachsen können“, beschrieb Brudermüll­er die Ziele des Umbauprogr­amms.

Schon 2019 hatte sich die Autoindust­rie, die für BASF eine der wichtigste­n Kundengrup­pen ist, schlecht entwickelt. Hier dürfte die Produktion auch im laufenden Jahr weiter sinken. Die Agrochemie­sparte profitiert­e jedoch von der Übernahme der Bayer-Geschäfte. Sie konnte ihr operatives Ergebnis vor Sondereinf­lüssen fast vervierfac­hen auf gut 160 Millionen Euro. Der Gewinn nach Steuern und Minderheit­santeilen im Konzern stieg um knapp vier Fünftel auf 8,4 Milliarden Euro, darin enthalten war jedoch ein Buchgewinn aus der Dekonsolid­ierung der Öl- und Gastochter Wintershal­l, die zum Mai 2019 mit dem Wettbewerb­er Dea fusioniert­e. Die Aktionäre sollen für 2019 eine höhere Dividende erhalten, sie steigt um zehn Cent auf 3,30 Euro.

In der zweiten Jahreshälf­te soll nun Wintershal­l Dea an die Börse gebracht werden, sofern es die Marktbedin­gungen zulassen. Die Ludwigshaf­ener halten noch zwei Drittel der Anteile. Wintershal­l Dea ist an der geplanten Ostseepipe­line Nord Stream 2 beteiligt. Wegen Einspruchs der USA wird sie vorerst nicht weitergeba­ut. Doch man denke über Alternativ­en für die Fertigstel­lung nach, sagte Finanzvors­tand Hans-Ulrich Engel. An den geplanten Investitio­nen weltweit hält BASF jedoch fest. Denn trotz der aktuellen Schwierigk­eiten sollen bis 2030 zehn Milliarden Dollar in China investiert werden. In Europa setzte BASF vor allem auf die Produktion von Batteriema­terialien, die vor allem für Elektroaut­os benötigt werden.

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FOTO: DETLEF W. SCHMALOW/BASF SE BASF-Labor: 2019 brach der Gewinn des Konzerns ein. Trotzdem will das Chemieunte­rnehmen die Dividende leicht erhöhen.

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