Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kindern das Zähneputzen beigebracht
Ravensburger Dentalhygienikerin hat ehrenamtlich auf Ärzteschiff in Myanmar gearbeitet
RAVENSBURG/WEINGARTEN - „Immer schon“hegt die Zahnexpertin den Wunsch, mit ihrem Wissen ehrenamtlich auf Reisen zu gehen. Als ihre zwei Kinder groß genug sind, geht mit den „Swimming Doctors“für Susann Gröbe ein Traum in Erfüllung. Nach zwei Wochen ist sie jedoch froh, wieder zu Hause zu sein. „Die Familie hat mir gefehlt“, erklärt sie.
Wie „Ärzte ohne Grenzen“organisieren auch „Zahnärzte ohne Grenzen“ehrenamtliche Einsätze. Dieser Wohltätigkeitsverein schien der jungen Dentalhygienikerin jedoch zu groß. In einem Reihenhaus in Weingarten, am Esstisch der Familie, erzählt sie, dass ein Internist ihr den Kontakt zu der gemeinnützigen „Stiftunglife“vermittelt hat. Die betreibt seit 2010 eine schwimmende Landarzt- und Zahnarztpraxis. Im Oktober vergangenen Jahres bewarb sich Susann Gröbe, im Januar ging es nach Myanmar. „Ehrenamtliche zahlen alle ihre Reisekosten selber“, hebt sie hervor. Ihre Chefs, die Ravensburger Zahnärzte Julia und Dominik Emmerich, unterstützen sie jedoch großzügig und schenkten ihr den Flug zu Weihnachten.
Zehn Seeleute, zwei Ärzte, zwei Zahnärzte, zwei Zahnarztassistenten und drei Schwestern bildeten die fest angestellte einheimische Besatzung des Ärzteschiffs. Jeden Monat steuert das Schiff an 23 Tagen entlang der Dörfer des Irrawaddy-Deltas, eines Flusslaufs südlich der Millionenstadt Yangon, das früher einmal Rangun hieß. Die einheimischen Ärzte sprachen zwar Englisch, aber mit ihrem asiatischen Dialekt seien sie schwer zu verstehen gewesen. „Manchmal war Aufschreiben der letzte Ausweg“, erinnert sich Gröbe. „Da Burmesen immer freundlich nicken, auch wenn sie nicht einverstanden sind, ist ihr Ja schwer zu deuten“, erläutert sie die sprachlichen
Hürden. Kritik sei allenfalls blumig verpackt möglich. Hauptsächlich gehe es an Bord der „Swimming Doctors“um Schmerzbehandlung.
Die Kinder haben sehr viel Karies, Erwachsene meist nur noch zwei, drei Zähne im Mund. „Leider bekommen die burmesischen Kinder sehr viel Süßigkeiten“, bedauert Susann Gröbe. Ihre Aufgabe war es, Schulkindern das Zähneputzen beizubringen. An einem Zahnmodell zeigte sie ihnen die richtige Technik. Färbetabletten brachten den Zahnbelag bei den Kleinen zum Vorschein. Dann wurde vor dem Spiegel gemeinsam geputzt, bis die Zähne sauber waren. Die Kinder machten begeistert mit, alle bekamen eine eigene Zahnbürste.
Ob sie die Putztechnik zu Hause umsetzen werden, daran zweifelt die engagierte Fachfrau allerdings ein wenig. Die ehrenamtlichen Helfer logierten auf dem Schiff in zwei Gästekabinen.
Falsche Vorstellungen räumt die junge Frau aus: „Es ist wie in einem Hotel, ja, aber mit sehr niederem Standard.“Als sie an das Erlebte zurückdenkt, weiten sich ihre Augen vor Staunen. Die hygienischen Verhältnisse in den burmesischen Dörfern seien mit unseren nicht zu vergleichen. „Überall wird man sofort eingeladen“, erzählt sie. „Auch wenn die Dorfbewohner selbst kaum das Nötige haben, stellen sie sofort Tee auf den Tisch.“
Die Gastfreundschaft und Menschenfreundlichkeit der Burmesen haben die 41-jährige Deutsche tief beeindruckt. Dass das Geschirr nicht sauber war – geschenkt. Das hat Gröbe
als selbstverständlich hingenommen, genau wie ihre Verdauungsprobleme. „Man wächst über sich selbst hinaus. Ich bin gar nicht so pingelig, wie ich dachte“, erklärt sie. „Es ist toll, andere Kulturen kennenzulernen und einen kleinen Beitrag für die Zahngesundheit zu leisten.“
In Myanmar herrscht Schulpflicht. Bildung bietet die Chance, aus der Armut der Dörfer herauszukommen. Sie habe noch nie so disziplinierte Kinder gesehen. Das Studium für ein Kind würde allerdings soviel kosten wie ein durchschnittliches Monatseinkommen, knapp 100 Dollar. „Trotzdem sind die Menschen dort sehr zufrieden“, betont sie. Weite Reisen hat Susann Gröbe bisher nicht gemacht. Nun sagt sie: „Es war das erste, aber bestimmt nicht das letzte Mal.“