Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Theaterspieler stehen in Angelika Rohrs Schuhen
BAD SAULGAU (thann) - Ihre von Hand angefertigten Schuhe haben einen Platz in der Ausstellung „Meisterlich“im Stadtmuseum Bad Saulgau bekommen. Zu Hause stehen noch weitere Paare von Angelika Rohr, die nach ihrer Lehre zur Theaterschuhmacherin eine Ausbildung zur Schuhmodelleurin machte.
Maßarbeit unter Zeitdruck war für sie in jungen Jahren an der Tagesordnung. Ihr damaliger Arbeitgeber während ihrer dreijährigen Lehre, der Schuhhersteller Harr aus Ravensburg, erhielt etliche Aufträge für Theater, Tanz, Musical und Film. „Ich habe unter anderem Schuhe für das Musical Cats, für die Salzburger Festspiele, für RTL-Produktionen und für historische Umzüge wie beispielsweise das Rutenfest in Ravensburg hergestellt“, sagt die 54-Jährige. Es waren oft spezielle Wünsche, die Angelika Rohr erfüllen musste. Gerade deshalb war der Schuhhersteller Harr in Deutschland eine gefragte Adresse. „Es gibt wenig Anbieter“, ergänzt Rohr, die auch Schuhe für große Gruppen anfertigte, die der Bad Saulgauerin ihre Fußabdrücke schickte anhand derer sie mit ihrer Arbeit beginnen konnte.
Der bestellte Schuh wurde von ihr im ersten Schritt entworfen und danach komplett bis auf die Sohle an der Nähmaschine gefertigt. Dann erfolgte der Zuschnitt und die Fertigung des Schaftes, der auf die Leisten gezogen wurde. Der Leisten gab die Form vor. Zum Abschluss wurden die Sohle und der Absatz angebracht. „Die Herstellung eines Schuhs ist sehr aufwendig“, ergänzt Rohr. Und dauerte unterschiedlich lang – mal fünf Stunden, mal zehn, mal noch länger. Die Arbeit habe ihr nicht zuletzt wegen der Kreativität Spaß gemacht. Er hatte aber auch seine Nachteile. „Für die Gesundheit ist dieser Job nicht so gut, weil viel Klebstoff verwendet und Schleifstaub produziert wird.“Und trotzdem machte Angelika Rohr weiter, ließ sich an der deutschen Schuhfachschule in Pirmasens zur Schuhmodelleurin ausbilden, wechselte in die Industrie und arbeitete für die Schuhfabrik Remonte in Zweibrücken. Sie reiste für Musterproduktionen häufig ins Ausland. „Irgendwann überlegst du, ob es das Richtige im Leben ist, nur im Auto zu sitzen oder am Flughafen zu warten.“
Und so kehrte sie wegen der Familie nach Bad Saulgau zurück. Eine Rückkehr in ihren gelernten Beruf kann sie sich nicht mehr vorstellen, obwohl sie bereits von Bad Saulgauern danach gefragt wurde, Schuhe zu reparieren. Nur der Bitte von Frank Müller vom Arbeitskreis Stadtmusem kam sie nach, von ihr hergestellte Schuhe für die Ausstellung zur Verüfgung zu stellen.
„Meisterlich“im Stadtmuseum Bad Saulgau ist noch bis April geöffnet am Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr.