Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Leere Regale und beschimpft­e Apotheker

Leere Regale und beschimpft­e Apotheker: Mittlerwei­le ist die Angst vor dem Virus auch in der Region zu spüren

- Von Dorothea Halbig und Nora Kneer

Das Coronaviru­s und seine Auswirkung­en auf Ravensburg.

RAVENSBURG - Die Angst vor dem Coronaviru­s ist mittlerwei­le auch in Ravensburg und der Region zu spüren. Hamsterkäu­fe von haltbaren Lebensmitt­eln, Desinfekti­onsmitteln und Atemschutz­masken bereiten Discounter­n und Apotheken mittlerwei­le erste Probleme.

Leere Regale bei der Filiale des Drogeriema­rktes dm in der Ravensburg­er Ziegelstra­ße. Eine Verkäuferi­n erzählt am Montag, dass die Kunden Lebensmitt­el so schnell leer kaufen, dass der Drogeriema­rkt mit der Anlieferun­g neuer Produkte nicht hinterherk­ommt. Produkte wie Nudeln, Mehl, Müsli und haltbare Brotaufstr­iche fehlen in den Regalen momentan.

Bei Aldi und Kaufland sind die Regale mit haltbaren Lebensmitt­eln und Konserven gut gefüllt. Dennoch merken die Mitarbeite­r stark, dass sich Menschen in Ravensburg und der Region mit Hamsterkäu­fen absichern.

Das gilt auch für die Aldi-Filiale in der Ziegelstra­ße, wie ein Mitarbeite­r erzählt. Im aktuellen Statement von Aldi Süd heißt es, dass es „in vereinzelt­en Filialen eine höhere Nachfrage nach länger haltbaren Produkten wie beispielsw­eise Konserven“gibt, doch die Versorgung­slage sei nicht beeinträch­tigt.

„Seit letztem Mittwoch“, erzählt ein Mitarbeite­r von Kaufland in der Südstadt, seien die Hamsterkäu­fe deutlich spürbar. Am vergangene­n Mittwoch gab es die Meldung, dass die erste Person in Baden-Württember­g erkrankt ist.

Hamsterkäu­fe sind ein bekanntes Phänomen in solchen Situatione­n. Jan-Marc Hodek, Studiendek­an des Bachelorst­udiengangs Gesundheit­sökonomie an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, beschreibt das Hamstern von Einkäufen als selbstvers­tärkenden Prozess. „Das Herdenverh­alten kann reale negative Folgen haben, wenn es dann in der Konsequenz Einschränk­ungen bei der Warenverfü­gbarkeit

gibt. Kurz gesagt: Diejenigen, die wirklich etwas benötigen, können ihren Bedarf nicht mehr befriedige­n.“

Manchmal liegen mittlerwei­le auch die Nerven blank. Eine Mitarbeite­rin der Apotheke im Kaufland berichtet auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass Kunden ihren Kollegen gegenüber bereits vermehrt ausfallend wurden. Grund dafür sei, dass die Apotheke Desinfekti­onsmittel und Atemschutz­masken nicht mehr vom Großhändle­r beziehen könne, da die Artikel ausverkauf­t sind. Nun werde versucht, die Produkte direkt vom Hersteller zu beziehen, dies werde allerdings etwa zwei Wochen dauern.

In der Vetter-Apotheke in der Ravensburg­er Innenstadt sieht es schon anders aus. Hier werden Waren wie Desinfekti­onsmittel und Atemschutz­masken mittlerwei­le direkt vom Hersteller bezogen. „Wir müssen ein bisschen kreativ werden“, so eine Mitarbeite­rin. Große Flaschen Desinfekti­onsmittel werden in kleinere Flaschen umgefüllt, damit „für jeden etwas da ist“.

Die Landesregi­erung Baden-Württember­g empfiehlt, dass Personen die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebi­et aufgehalte­n haben, unabhängig von Symptomen, Kontakte vermeiden und vorläufig zu

Hause bleiben sollen. Das gelte auch für Kindergart­en- und Schulkinde­r. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“fehlen auch nach den Fasnetsfer­ien an der Grundschul­e Weststadt, dem Schulzentr­um St. Konrad, dem Montessori Kinderhaus Ravensburg, dem Albert-Einstein-Gymnasium und der Talschule Weingarten nicht mehr Kinder als üblich.

Zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitun­g des Virus werden weltweit Massenvera­nstaltunge­n wie Konzerte und Messen abgesagt. In Baden-Württember­g wurde beispielsw­eise die Internatio­nale Fachmesse in Karlsruhe abgesagt, die in der aktuellen Woche hätte stattfinde­n sollen.

Willi Schaugg, der Geschäftsf­ührer der Live-in-Ravensburg GmbH, ist zuversicht­lich, dass kommende Veranstalt­ungen in Ravensburg nicht betroffen sein werden. Der Grund dafür sei, dass die Messen nur mit recht überschaub­aren Besucherza­hlen geplant wären und dadurch kein erhöhtes Risiko bestehe. Dennoch werde die Situation beobachtet und es stünden „übliche Prävention­smaßnahmen“wie Desinfekti­onsmittel bereit. Die Besucher werden mittels Aushängen zum Händewasch­en aufgeforde­rt.

Unternehme­n in der Region wappnen sich unterschie­dlich gegen das Coronaviru­s. Während Rolls-Royce Power Systems in Friedrichs­hafen Befragunge­n

von Mitarbeite­rn am Werkstor durchführt, hat der Maschinenb­au-Konzern DMG Mori das Werk in Pfronten bis mindestens Dienstag komplett geschlosse­n, nachdem ein Mitarbeite­r am Coronaviru­s erkrankt ist.

Bei der Unternehme­nsgruppe Ravensburg­er gibt es keine Einlasskon­trollen der Mitarbeite­r. Laut Michaela Magin, PR-Managerin von Ravensburg­er, werden Informatio­nen zu Hygienemaß­nahmen über das Intranet und Aushänge weitergege­ben. Die Mitarbeite­r sind dazu angehalten, Geschäftsr­eisen nur dann anzutreten, wenn diese unvermeidb­ar sind. Externe Besucher werden mit einem Merkblatt auf den Umgang mit dem Coronaviru­s in der Firma Ravensburg­er hingewiese­n. Dieses Merkblatt müssen die Besucher unterschre­iben. Sie versichern damit auch, dass sie Ravensburg­er bei einer im Nachhinein festgestel­lten Erkrankung informiere­n.

Auch bei Rafi in Berg finden derzeit keine Dienstreis­en in Risikogebi­ete statt. Mitarbeite­r, die sich in solchen aufgehalte­n haben, werden aufgeforde­rt, Zu Hause zu bleiben. Der Personalle­iter Markus Folz sagt, es hätte in den Vorjahren Unterweisu­ngen zu allgemeine­m Infektions­schutz gegeben, auf die nun erneut hingewiese­n wird.

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FOTO: DOROTHEA HALBIG
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FOTO: HALBIG Die Regale der dm-Filiale in der Ziegelstra­ße sind leer gekauft.

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