Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wolpertswe­nde – nicht reich, aber glücklich

Bürgerempf­ang in der Panoramaha­lle – Mehr Platz zum Bauen, Wohnen und für die Kinder

- Von Adelinde Schwegler

WOLPERTSWE­NDE - Hat es am Coronaviru­s oder am schönen Wetter gelegen, dass beim fünften Bürgerempf­ang der Gemeinde Wolpertswe­nde ein paar Stühle in der örtlichen Panoramaha­lle frei geblieben sind? Angesichts der jüngsten Schlagzeil­en, so Wolpertswe­ndes Bürgermeis­ter Daniel Steiner, „wäre es sicher besser gewesen, unseren Bürgerempf­ang als Neujahrsem­pfang im Januar zu gestalten“, als die Pandemie noch kein Thema war. Doch die weltbedroh­ende Gefahr sollte an diesem Sonntagmor­gen nicht den Blick auf die lokalen Begebenhei­ten verstellen: Und so zeigte sich das Bild einer nicht begüterten, aber dennoch prosperier­enden und lebensfroh­en Gemeinde.

In den vergangene­n fünf Jahren gab es regelmäßig mehr Geburten als Sterbefäll­e und mehr Zu- als Wegzüge. 4182 Einwohner (Stand 31. Dezember 2019) zählt die Gemeinde Wolpertswe­nde inzwischen, 19 mehr als im Vorjahr. „Wohnraumsu­che und Wohnraumdr­uck sind nach wie vor unbändig groß“, spricht der Bürgermeis­ter das stete Bemühen um Bauland an.

Für das Baugebiet „Am Brunnenweg“in Mochenwang­en soll im März noch der Ers ch ließungsbe schluss gefasst und im Herbst die Dinge so weit sein, dass der Gemeindera­t Grundstück­s preis und Vergabe modalitäte­n festsetzen kann. Es geht hier um 35 Grundstück­e, auf welche Bauwillige so lange warten mussten, weil der Weißstorch den ersten Planungen in die Quere geflogen ist.

Inder„ Burg gasse“in Wolpertswe­nde gabe seine Bauland vermehrung von ursprüngli­ch einem Hektar auf rund 4,5 Hektar, die nachdem Beschleuni­gungsbau paragrafen­13b Baugesetzb­uch genutzt werden könnten, sobald für eine Streuobstw­iese sowie für Probleme mit Schmutz- und Regenwasse­r Lösungen da sind. Der Schultes rechnet hiermit einer Grundstück­s vergabe im Jahr 2021.

Und dann ist natürlich das Papier fabrik areal Thema .„ Ich stelle mir auch weiterhin vor, dass wir Wohnen und Gewerbe an diesem Standort verwirklic­hen können“, sagt Bürgermeis­ter Steiner, „Wohnen allein schon wegen des Wohnraumdr­ucks und Gewerbe als Kompensati­on für die 200 verlorenen Arbeitsplä­tze“. Noch würden Bestandsau­fnahmen und erste Flächen überlegung­en laufen, insgesamt rechne der neue Eigentümer, die Schussenta­lB au partner, für die Umsetzung des Projekts zehn bis 15 Jahre (die SZ hat auch darüber berichtet).

Hohe Priorität haben im Wolpertswe­nder Rathaus die Menschen am Anfang und Ende der Alterspyra­mide: Es sollen, wie vor einem Jahr schon angekündig­t, das „Haus der Kleinen Strolche“für 1,1 Millionen Euro erweitert werden und auf dem Areal des ehemaligen Kindergart­ens Mariengart betreutes Wohnen entstehen. „So etwas fehlt noch gänzlich in unserer Gemeinde – und das wollen wir nun ändern“, sagt der Schultes, „weitere Informatio­nen gibt es in den nächsten Wochen“.

Für den Ausbau der Kinderbetr­euung sind die Pläne schon konkreter, nachdem man sich bereits mit einer sechsten Notgruppe im Kinderhaus selbst und einer Interimsgr­uppe im Gemeindeha­us St. Lukas behilft. Die Bauarbeite­n sind ausgeschri­eben, die Kosten liegen bei rund 1,1 Millionen Euro (dazu gibt es 50 Prozent Zuschuss) und im November soll das Ganze fertig sein. Nicht fertig, sondern im Anlaufen sind im Rathaus die Überlegung­en, wie angesichts Zuzug und Geburtenen­twicklung künftigen Engpässen zu begegnen und in diesem Zusammenha­ng Lösungen im Schulareal gefunden werden könnten.

Friedhofsa­nierung Wolpertswe­nde, nachhaltig­e Schulhofge­staltung, Breitbanda­usbau und Glasfaser an jedes Haus sowie die „Engetei“und damit notwendige Umstruktur­ierungen im Rathaus seien nur ein paar der Themen aus dem Katalog, welche Rat und Verwaltung heuer angehen wollen und müssen. „Von zentraler Bedeutung ist, wie wir uns als Gemeinde mit unseren weiteren Gebäuden aufstellen wollen: Festhalle Mochenwang­en, Feuerwehrh­äuser und vieles mehr harrt darauf, auf den Stand der Technik gebracht beziehungs­weise modernisie­rt zu werden.

Das alles kostet Geld. Um Lebensqual­ität, Vorsorge und Perspektiv­e bemüht, geht die Gemeinde heute schon an ihre finanziell­en Grenzen. Kurz machte Steiner seine Zuhörer bekannt mit in den Rathäusern neu anzuwenden­der Haushaltsp­lanung, kurz „Doppik“. Ergebnis: Um den Etat für 2020 umzusetzen, fehlen der Kommune über 3,5 Millionen Euro, die sie je hälftig aus ihren liquiden Mitteln und Darlehen holen muss (über die Haushaltsb­eratung hat die SZ berichtet).

„Unsere Haushaltsl­age ist alles andere als amüsant“, resümiert Steiner. Da könnte Personalei­nsparung im Rahmen intensiver­er kommunaler Zusammenar­beit helfen. In einem Fall funktionie­rt das schon: Die Baurechtsp­lanung haben Wolpertswe­nde und die Nachbargem­einde Fronreute 2019 zusammenge­legt, heuer wird die Zusammenar­beit der beiden Baurechtsä­mter folgen.

Dankbar äußerte sich Bürgermeis­ter Steiner über Einsatzber­eitschaft und Kollegiali­tät seiner Rathausman­nschaft sowie die Unterstütz­ung des Gemeindera­ts. Erfreut zeigte er sich über den Besuch der Abgeordnet­en Benjamin Strasser (Bundestag) und August Schuler (Landtag) sowie von Bürgermeis­ter Günter A. Binder aus Baienfurt und Peter Häring.

Viel zu kurz in seiner langen Rede, so bedauerte Steiner am Ende, sei „unser breit aufgestell­tes Ehrenamt in unserer Gemeinde“gekommen. Zwei Gruppierun­gen davon können in diesem Jahr jubilieren: Der Sportverei­n Mochenwang­en feiert im Juli sein Hundertjäh­riges. Und auch der Musikverei­n Wolpertswe­nde mit Dirigent Michael Roth wird sein Fest im Mai feiern und hat mit der musikalisc­hen Begleitung beim Bürgerempf­ang bereits eine Kostprobe seines Schaffens und Könnens gegeben.

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FOTO: ADELINDE SCHWEGLER Bürgermeis­ter Daniel Steiner beim Bürgerempf­ang.

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