Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Sehr gefürchtet ist das Lungenvers­agen“

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RAVENSBURG - Die Zahl der Menschen, die an den Folgen des Coronaviru­s sterben, steigt täglich. Der Virologe Professor Thomas Mertens, Vorsitzend­er der Ständigen Impfkommis­sion am Robert Koch-Institut, erklärt, wie es zu den Komplikati­onen kommen kann. Im Gespräch mit Daniel Hadrys weist er jedoch darauf hin, dass vieles noch unklar ist.

Woran sterben Menschen, die mit dem Coronaviru­s infiziert und erkrankt sind?

Sehr gefürchtet ist eine fulminante Form des Lungenvers­agens oder eine sehr schwere besondere Form der Lungenentz­ündung, weiterhin eine Sepsis (teils auch mit bakteriell­en Überinfekt­ionen) mit anschließe­ndem nicht beherrschb­arem Versagen mehrerer Organsyste­me. Hinzu kommen Todesfälle durch zusätzlich­e Herzinfark­te und Herzversag­en.

Ärzte betonen, ausreichen­d Beatmungsp­lätze wären unabdingba­r. Wie können diese bei schweren Krankheits­verläufen Leben retten? Das Problem ist die unzureiche­nde Sauerstoff­versorgung aller Gewebe/Organe.

Diese ist Folge des gestörten Gasaustaus­ches im hochentzün­deten Lungengewe­be. Durch verstärkte direkte maschinell­e Beatmung mit erhöhtem Druck und Sauerstoff­anteil versucht man, die Sauerstoff­versorgung des Organismus während der kritischen Phase sicherzust­ellen. In Extremfäll­en kann man die Funktion der eigenen Lunge durch eine Maschine außerhalb ersetzen. Die erfolgreic­he künstliche Beatmung durch Intensivme­diziner erfordert viel Erfahrung.

Bislang scheinen mehr Männer als Frauen an den Folgen einer Corona-Infektion zu versterben. Was sind die Gründe dafür? Untersuchu­ngen, vor allem aus China, zeigen zusammenge­fasst, dass eine SARS-CoV-2-Infektion wahrschein­lich bei Männern, Frauen und Kindern gleicherma­ßen möglich ist, allerdings ist die Schwere der Erkrankung­en bei Kindern gering und bei Frauen geringer als bei Männern. Todesfälle waren auch mit 2,8 Prozent bei Männern häufiger als bei Frauen mit 1,7 Prozent. Alters- und geschlecht­sabhängige Erkrankung­sschwere kennt man auch bei anderen Infektions­krankheite­n. Als Ursache nimmt man Unterschie­de in der natürliche­n und erworbenen Immunantwo­rt an, die auch hormonell bedingt sein können. Auch Unterschie­de in der Lebensweis­e (Rauchen, u. Ä.) kommen hinzu.

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FOTO: OH Professor Thomas Mertens

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