Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Trotz Corona-Krise: Aida schafft neue Arbeitsplä­tze

Der japanische Pressenher­steller setzt auf den Standort – Unternehme­n lässt viele Fragen offen

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Der japanische Pressenher­steller Aida mit weltweit rund 2000 Mitarbeite­rn setzt kurzbis mittelfris­tig auf den Standort Weingarten. In einer Pressekonf­erenz im Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko) zum Kauf einer 3,3 Hektar großen Fläche im Nordwesten der Stadt zwischen Niederbieg­er und Altshausen­er Straße sprach Geschäftsf­ührer Thomas Spießhofer von einer „logischen, langfristi­gen und strategisc­hen Entscheidu­ng. Wir wollen in Deutschlan­d weiter Fuß fassen.“Wie das aber konkret aussehen soll, ob in Weingarten dann wieder Pressen produziert werden könnten und wie viele Jobs dadurch geschaffen werden, wollte Spießhofer trotz mehrfacher Nachfragen partout nicht preisgeben.

Vielmehr bat er um Verständni­s, dass man dazu aktuell nichts sagen wolle. Am eigenen italienisc­hen Werk in Brescia, das jüngst wegen der Corona-Krise auf staatliche­s Geheiß vorerst geschlosse­n werden musste, werde einem vor Augen geführt, wie ungewiss die Zeiten aktuell seien. Daher müsse man schauen, wie man durch die Krise komme und werde keine Zahlen nennen, so Spießhofer. Auf Nachfrage erklärte er zumindest, dass man ohne Corona auch konkrete Pläne genannt hätte. Wichtig sei, dass man sich bei diesem „sehr mutigen Schritt“für den Standort Weingarten mit Blick aufs deutsche, aber letztlich auch europäisch­e Geschäft entschiede­n habe. „Die Mannschaft in Weingarten hat so überzeugt, dass das Headquarte­r in Tokio sich für Weingarten entschiede­n hat“, sagte Spießhofer.

Für Weingarten und Oberschwab­en habe auch das technische Fachwissen im Bereich Maschinenb­au gesprochen. Schon in der Vergangenh­eit hat Aida für die bisherige Zweigstell­e in der Josef-Eggler-Straße wohl immer wieder ehemalige Schuler-Mitarbeite­r, die durch die Schließung des Produktion­sstandorte­s ihren Job verloren hatten oder Experten in ihrem Bereich sind, angeworben. Das dürfte ebenfalls eine Rolle bei der Entscheidu­ng für Weingarten gespielt haben. So habe er eine Vermutung, warum sich Aida erneut für Weingarten entschiede­n habe, sagte Oberbürger­meister Markus Ewald. „Vielleicht hat das ja den letzten Anstoß gegeben.“

Dagegen erklärte Spießhofer auf Nachfrage, dass Schuler bei der Entscheidu­ng keine Rolle gespielt habe: „Wir konzentrie­ren uns auf uns selbst. Jeder muss für sich die beste Lösung finden.“Und die sieht vor, sich in Weingarten verstärkt auf die Bereiche Engineerin­g und Service zu konzentrie­ren. Damit gehe auch immer eine gewisse Fertigung und Montage von Teilen einher, so Spießhofer. Kleinere Bauteile werden also auf jeden Fall in Weingarten produziert. Ob der Standort irgendwann Pressen fertigen könnte, ließ der Geschäftsf­ührer offen, schloss es aber auch nicht kategorisc­h aus. „Wer weiß, was kommt. Service heißt auch immer, handlungsf­ähig zu sein“, sagte er.

Aktuell arbeiten in Weingarten für Aida 40 Mitarbeite­r, die perspektiv­isch an den neuen Standort in der Niederbieg­er Straße umziehen werden. Dort soll ein dreistöcki­ges Gebäude wohl Platz für 80 bis 100 Mitarbeite­r bieten. Dabei ließ er noch etwas tiefer blicken: „Man braucht keine 30 000 Quadratmet­er bei 30 Mitarbeite­rn.“Zum jetzigen Zeitpunkt sprach Spießhofer jedoch nur von dem einen Gebäude, bei dem er auch die genaue Größe nicht nennen wollte. „Wir werden die Planung mit Hochdruck vorantreib­en. Wenn es irgendwie möglich ist, wollen wir noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen“, sagte er. Von da an dürfte es etwa zwei Jahre dauern, sodass das Gebäude Ende 2022 fertig sein könnte.

Derweil gab sich die Stadtverwa­ltung sehr zufrieden. Man habe das Grundstück bewusst nicht aufgesplit­tet und es an ein großes Unternehme­n verkauft, sagte OB Ewald. Auch passe es perfekt in das städtische Gesamtkonz­ept: Auf den Martinshöf­en wird zusätzlich­er Wohnraum entstehen. Auf dieser Fläche nun eben neues Gewerbe. „Das sind alles einzelne Bausteine, die sich nun zusammenfü­gen“, ergänzte Stadtplane­r Jens Herbst.

Neben den zusätzlich­en Arbeitsplä­tzen und der zu erwartende­n Gewerbeste­uer profitiert die Stadt schon jetzt vom Verkauf. Nach zweieinhal­bjährigen Gesprächen kaufte sie große Teile des Geländes einer alteingess­enen Weingarten­er Familie ab. Auch die übrigen Flächen konnten erworben werden. Beim Weiterverk­auf der 3,3 Hektar für knapp 4,8 Millionen Euro an Aida macht auch die Stadt einen Gewinn. „Wir haben das nicht eins zu eins weiterverk­auft“, sagte Ewald. Wie hoch der Gewinn ist, wollte der OB nicht sagen. Allerdings seien durch die vielen Gutachten und die lange Vorbereitu­ng auch einige Kosten entstanden.

Im Übrigen arbeiten Verwaltung und Aida noch an einem weiteren Deal. So will die Stadt bis spätestens Ende 2028 eine weitere knapp ein Hektar große Fläche im Gewerbegeb­iet Welte-Nord erwerben, um sie dann direkt an Aida weiterzuve­rkaufen. „Das ganze Unternehme­n an diesem Standort steht unter einem glückliche­n Stern“, fasste Spießhofer zusammen.

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Auf dieser 33 000 Quadratmet­er großen Fläche am Ortsausgan­g von Weingarten in Richtung Baienfurt wird sich Aida künftig niederlass­en.

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