Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Trotz Corona-Krise: Aida schafft neue Arbeitsplätze
Der japanische Pressenhersteller setzt auf den Standort – Unternehmen lässt viele Fragen offen
WEINGARTEN - Der japanische Pressenhersteller Aida mit weltweit rund 2000 Mitarbeitern setzt kurzbis mittelfristig auf den Standort Weingarten. In einer Pressekonferenz im Kultur- und Kongresszentrum Oberschwaben (Kuko) zum Kauf einer 3,3 Hektar großen Fläche im Nordwesten der Stadt zwischen Niederbieger und Altshausener Straße sprach Geschäftsführer Thomas Spießhofer von einer „logischen, langfristigen und strategischen Entscheidung. Wir wollen in Deutschland weiter Fuß fassen.“Wie das aber konkret aussehen soll, ob in Weingarten dann wieder Pressen produziert werden könnten und wie viele Jobs dadurch geschaffen werden, wollte Spießhofer trotz mehrfacher Nachfragen partout nicht preisgeben.
Vielmehr bat er um Verständnis, dass man dazu aktuell nichts sagen wolle. Am eigenen italienischen Werk in Brescia, das jüngst wegen der Corona-Krise auf staatliches Geheiß vorerst geschlossen werden musste, werde einem vor Augen geführt, wie ungewiss die Zeiten aktuell seien. Daher müsse man schauen, wie man durch die Krise komme und werde keine Zahlen nennen, so Spießhofer. Auf Nachfrage erklärte er zumindest, dass man ohne Corona auch konkrete Pläne genannt hätte. Wichtig sei, dass man sich bei diesem „sehr mutigen Schritt“für den Standort Weingarten mit Blick aufs deutsche, aber letztlich auch europäische Geschäft entschieden habe. „Die Mannschaft in Weingarten hat so überzeugt, dass das Headquarter in Tokio sich für Weingarten entschieden hat“, sagte Spießhofer.
Für Weingarten und Oberschwaben habe auch das technische Fachwissen im Bereich Maschinenbau gesprochen. Schon in der Vergangenheit hat Aida für die bisherige Zweigstelle in der Josef-Eggler-Straße wohl immer wieder ehemalige Schuler-Mitarbeiter, die durch die Schließung des Produktionsstandortes ihren Job verloren hatten oder Experten in ihrem Bereich sind, angeworben. Das dürfte ebenfalls eine Rolle bei der Entscheidung für Weingarten gespielt haben. So habe er eine Vermutung, warum sich Aida erneut für Weingarten entschieden habe, sagte Oberbürgermeister Markus Ewald. „Vielleicht hat das ja den letzten Anstoß gegeben.“
Dagegen erklärte Spießhofer auf Nachfrage, dass Schuler bei der Entscheidung keine Rolle gespielt habe: „Wir konzentrieren uns auf uns selbst. Jeder muss für sich die beste Lösung finden.“Und die sieht vor, sich in Weingarten verstärkt auf die Bereiche Engineering und Service zu konzentrieren. Damit gehe auch immer eine gewisse Fertigung und Montage von Teilen einher, so Spießhofer. Kleinere Bauteile werden also auf jeden Fall in Weingarten produziert. Ob der Standort irgendwann Pressen fertigen könnte, ließ der Geschäftsführer offen, schloss es aber auch nicht kategorisch aus. „Wer weiß, was kommt. Service heißt auch immer, handlungsfähig zu sein“, sagte er.
Aktuell arbeiten in Weingarten für Aida 40 Mitarbeiter, die perspektivisch an den neuen Standort in der Niederbieger Straße umziehen werden. Dort soll ein dreistöckiges Gebäude wohl Platz für 80 bis 100 Mitarbeiter bieten. Dabei ließ er noch etwas tiefer blicken: „Man braucht keine 30 000 Quadratmeter bei 30 Mitarbeitern.“Zum jetzigen Zeitpunkt sprach Spießhofer jedoch nur von dem einen Gebäude, bei dem er auch die genaue Größe nicht nennen wollte. „Wir werden die Planung mit Hochdruck vorantreiben. Wenn es irgendwie möglich ist, wollen wir noch in diesem Jahr mit dem Bau beginnen“, sagte er. Von da an dürfte es etwa zwei Jahre dauern, sodass das Gebäude Ende 2022 fertig sein könnte.
Derweil gab sich die Stadtverwaltung sehr zufrieden. Man habe das Grundstück bewusst nicht aufgesplittet und es an ein großes Unternehmen verkauft, sagte OB Ewald. Auch passe es perfekt in das städtische Gesamtkonzept: Auf den Martinshöfen wird zusätzlicher Wohnraum entstehen. Auf dieser Fläche nun eben neues Gewerbe. „Das sind alles einzelne Bausteine, die sich nun zusammenfügen“, ergänzte Stadtplaner Jens Herbst.
Neben den zusätzlichen Arbeitsplätzen und der zu erwartenden Gewerbesteuer profitiert die Stadt schon jetzt vom Verkauf. Nach zweieinhalbjährigen Gesprächen kaufte sie große Teile des Geländes einer alteingessenen Weingartener Familie ab. Auch die übrigen Flächen konnten erworben werden. Beim Weiterverkauf der 3,3 Hektar für knapp 4,8 Millionen Euro an Aida macht auch die Stadt einen Gewinn. „Wir haben das nicht eins zu eins weiterverkauft“, sagte Ewald. Wie hoch der Gewinn ist, wollte der OB nicht sagen. Allerdings seien durch die vielen Gutachten und die lange Vorbereitung auch einige Kosten entstanden.
Im Übrigen arbeiten Verwaltung und Aida noch an einem weiteren Deal. So will die Stadt bis spätestens Ende 2028 eine weitere knapp ein Hektar große Fläche im Gewerbegebiet Welte-Nord erwerben, um sie dann direkt an Aida weiterzuverkaufen. „Das ganze Unternehmen an diesem Standort steht unter einem glücklichen Stern“, fasste Spießhofer zusammen.