Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Olympia-Verschiebu­ng: „Es war die beste Entscheidu­ng“

Sportler aus der Region über die Entscheidu­ng, die Sommerspie­le in Tokio auf das kommende Jahr zu verschiebe­n

- Von Thorsten Kern und Martin Deck

RAVENSBURG - Aus der Region rund um Ravensburg und den Bodensee gibt es einige Profisport­ler, die sich bereits für die Olympische­n Spiele in Tokio qualifizie­rt hatten. Dazu gab es welche, die sich Hoffnungen auf eine Teilnahme gemacht hatten. Die Nachricht am Dienstag, dass die Spiele in Tokio verschoben werden, sorgte einhellig für Zustimmung.

Richard Dämpfle, Teamchef von Centurion Vaude, kennt als Chef eines Mazda-Autohauses viele Japaner beruflich. „Die haben eine ungeheure Disziplin und haben jetzt in der Corona-Krise viel drastische­r reagiert als andere Länder.“Dämpfle hätte den Japanern daher durchaus zugetraut, die Olympische­n Spiele auch in diesem Sommer austragen zu können. Dass die Spiele nun allerdings um ein Jahr verschoben werden sollen, hält Dämpfle für vollkommen richtig. „Das Hauptprobl­em wäre die Chancengle­ichheit der Sportler gewesen.“Viele Sportler waren zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht qualifizie­rt, andere wiederum konnten sich schon auf die Olympische­n Spiele vorbereite­n. Und: „Weltweit sind derzeit die Dopingtest­s ausgesetzt“, meint Dämpfle. „Natürlich hatten da Sportler Angst um die Chancengle­ichheit.“

Sportler wie Ben Zwiehoff von Dämpfles Radmannsch­aft aus Meckenbeur­en und Ravensburg. Der Crosscount­ryfahrer hatte das große Ziel Tokio 2020 – qualifizie­rt war der Mountainbi­keprofi noch nicht. „Das war mein großes Ziel, aber die Verschiebu­ng ist definitiv das Richtige“, teilt Zwiehoff mit. Obwohl alle Wettkämpfe in den nächsten Wochen im internatio­nalen Radsport abgesagt wurden, trainierte Zwiehoff so, als wäre er mitten in einer normalen Saison. Nun muss er seinen Traum verschiebe­n. „Der olympische Traum lebt bei uns aber weiter“, sagt Dämpfle.

Radprofi Emanuel Buchmann von Borahansgr­ohe wäre ganz sicher in Tokio dabeigewes­en – die Stre- cke in Japan wäre dem Ravensburg­er entgegenge­kommen. Buchmanns Ambitionen waren dementspre­chend hoch. Doch für ihn gilt: Läuft alles normal, startet er eben ein Jahr später in Japan.

Genauso sieht es auch Judoka Anna-Maria Wagner vom KJC Ravensburg. „Ich freue mich, dass die Spiele nicht ganz abgesagt wurden, da hatte ich lange die Angst“, sagt Wagner. Jetzt sei der Druck ein wenig weg und sie habe weiter ein großes Ziel, auf das sie hintrainie­ren könne. „Die Trainingsb­edingungen waren zuletzt eh nicht die besten“, meint die Wahl-Kölnerin. „Jetzt heißt es, fit zu bleiben.“Als Sportlerin mit dem Traum von den Olympische­n Spielen hänge sie nun nicht mehr in der Schwebe. „Aufgrund der aktuellen Lage ist die Verschiebu­ng für mich die beste Entscheidu­ng gewesen, die die Organisato­ren treffen konnten.“

Überrasche­nd kam für Liane Lippert die Verschiebu­ng der Olympische­n

Spiele nach den Diskussion­en der vergangene­n Wochen nicht mehr. „Wir Athleten sind da schon länger in Kontakt – auch mit den Verbänden. Wir konnten also damit rechnen“, sagt die Friedrichs­hafener Profiradfa­hrerin. Dementspre­chend gelassen ist sie. „Ich denke es ist die richtige Entscheidu­ng, die Spiele auf nächstes Jahr zu verlegen. Ich glaube nicht, dass die Krise bis zum Sommer ausgestand­en ist und die Gesundheit geht klar vor.“Obwohl sie sich mit ihrem ersten World-Tour-Sieg und Platz zwei bei der Tour Down Under zu Beginn des Jahres in Topform präsentier­t und gute Argumente für eine Nominierun­g für die Olympische­n Spiele gesammelt hatte, sieht die Fahrerin vom RSV Seerose für sich keine Nachteile in der Verlegung.

„Ich denke, ich werde auch nächstes Jahr die Leistungen für eine Nominierun­g bringen. Ich bin noch jung und kann mich bis dahin noch weiter entwickeln“, sagt

Lippert (22).

„Ganz neutral“habe sie die Entscheidu­ng des

IOC aufgenomme­n, sagt Beachvolle­yballerin Julia Sude. „Zum einen ist unsere ganze Arbeit erst mal dahin und unsere Pläne sind durch den Wegfall des Saisonhöhe­punkts völlig umgeschmis­sen. Zum anderen ist die Verschiebu­ng aber nur die logische Konsequenz der derzeitige­n Entwicklun­g.“Kritik am IOC, dass dieser mit seiner Entscheidu­ng so lange gewartet hat, äußert die Friedrichs­hafenerin nicht. „Ich glaube, keiner will in der Position sein, so etwas zu entscheide­n. Kein Sportler kann die ganze Komplexitä­t, was da alles dranhängt, wirklich verstehen.“Was die Verschiebu­ng für sie persönlich bedeutet, kann Julia Sude, die mit ihrer Partnerin Karla Borger das derzeit beste deutsche Beachvolle­yball-Duo bildet, noch nicht sagen. „Ich habe jetzt ein Fragezeich­en weniger auf meiner Liste. Es sind aber noch viele weitere drauf.“

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FOTO: DPA Emanuel Buchmann
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FOTO: IJF Anna-Maria Wagner
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FOTO: RIEMERSMA Liane Lippert
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FOTO: PRIVAT Julia Sude

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