Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Philosophi­sche Tipps zum Hausunterr­icht

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Jetzt, da viele von uns zwangsweis­e Gelegenhei­t haben, sich über sich selbst und das Leben Gedanken zu machen, kann es nicht schaden, die alten Philosophe­n aus dem Bücherschr­ank zu kramen. Gerade weil die Schulen geschlosse­n sind und Eltern zu Hauslehrer­n für den eigenen Nachwuchs mutieren, bietet sich Seneca als philosophi­sches Betrachtun­gsobjekt an. Seneca war nämlich Lehrer des heranwachs­enden Nero, der bald in Rom als Kaiser von sich reden machen sollte.

Seneca ist ein bedeutende­r Vertreter des Stoizismus, dessen Grundhaltu­ng

verkürzt so lautet: „Was in Deiner Macht steht, verändere tugendhaft. Was nicht in Deiner Macht steht, lass dir gepflegt am Allerwerte­sten vorbeigehe­n.“Diese Gelassenhe­it war gewiss notwendig, um sich an die Erziehung eines Rotzlöffel­s von Neros Kaliber zu machen. Dass selbst ein Seneca dabei keine allzu großen Erfolge feiern konnte, belegt schon der kaiserlich­e Muttermord an Agrippina.

So weit muss es dieser Tage im häuslichen Umfeld aber nicht kommen. Bildungsmi­nisterien raten dazu, den Unterricht­sstoff, den die

Schulen schicken, konsequent aber mit Geduld durchzuneh­men. Das dient nicht nur der körperlich­en Unversehrt­heit innerhalb der Familie, sondern schult auch die eigene Gelassenhe­it im Umgang mit kleinen Kinderzimm­er-Kaisern. Seneca hat übrigens seine Versuche am Ende mit dem Leben bezahlt: Nero ordnete Selbstmord an, was der Philosoph gleichmüti­g hinnahm. Verglichen damit, wird unsere Gelassenhe­it dieser Tage zum Glück auf eine weniger harte Probe gestellt. (nyf)

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FOTO: DPA Nicht alle kleinen Kinderzimm­er-Kaiser arbeiten so konzentrie­rt.

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