Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Straftäter sollen Haft später absitzen
STUTTGART (tja) - Dutzende Straftäter in BadenWürttemberg müssen ihre
Haft zunächst nicht antreten. Das hat Landesjustizminister Guido Wolf (CDU) jetzt angeordnet. Es geht um Menschen, die zu Strafen von höchstens sechs Monaten verurteilt wurden. Die Staatsanwaltschaften würden die Vollstreckung solcher Haftstrafen zunächst bis Mitte Juni nicht anordnen, sagte ein Sprecher des Ministers am Mittwoch auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Es handle sich um Verurteilungen zum Beispiel wegen Körperverletzungen oder Diebstählen.
So will das Justizministerium vermeiden, dass neue Häftlinge das Coronavirus in Gefängnisse einschleppen. Außerdem soll Platz geschaffen werden, falls größere Gruppen von Häftlingen in Quarantäne müssen. Darüber hinaus sollen alle Gefangene entlassen werden, die nur eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen. Das sind Menschen, die eigentlich zu Geldstrafen verurteilt wurden, diese aber nicht zahlen. Geht von Häftlingen eine Gefahr aus, dürfen sie die Gefängnisse aber nicht verlassen. Bereits seit Mitte März müssen Ersatzfreiheitsstrafen zunächst nicht angetreten werden. Durch diese Schritte habe man aktuell 400 Plätze mehr in den Gefängnissen frei, teilte das Ministerium mit. „Diese Maßnahmen stellen keine Amnestie oder Ähnliches dar. Die betroffenen Personen müssen weiter mit einer Vollstreckung ihrer Freiheitsstrafe rechnen“, betonte der Sprecher.
NRW will nach Berichten Häftlinge freilassen, die bis zu 18 Monate einsitzen müssten. Soweit ist es im Südwesten nicht. Aber, so der Sprecher: „Wir prüfen aufgrund der dynamischen Entwicklung fortlaufend, ob auch in Baden-Württemberg weitere Entlastungsmaßnahmen erforderlich werden.“