Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bei Quarantäne erstattet der Staat den Lohn

Was Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r zur Corona-Krise wissen sollten

- Von Sebastian Heinrich

WEINGARTEN - Das neuartige Coronaviru­s Sars-CoV-2 hat Deutschlan­d fest im Griff. Was müssen Arbeitnehm­er in diesen Zeiten tun, wenn sie befürchten, sich angesteckt zu haben? Was ist zu beachten, wenn eine Quarantäne verordnet wird? Und was sollten Arbeitgebe­r beachten? Wichtige Antworten zu den Folgen des Coronaviru­s und der von ihm ausgelöste­n Krankheit Covid-19 auf das Arbeitsleb­en im Überblick.

Was ändert sich bei Krankschre­ibungen während der Corona-Krise?

Krankschre­ibungen bei Erkältunge­n – also nach medizinisc­her Definition „leichten Erkrankung­en der oberen Atemwege“– sind vereinfach­t worden, seit die Corona-Krise Deutschlan­d richtig getroffen hat. Die Entscheidu­ng dazu haben die Kassenärzt­liche Vereinigun­g und die Krankenkas­sen getroffen. Schon seit dem 9. März können Ärzte ihren Patienten bei entspreche­nden Erkrankung­en nach persönlich­er telefonisc­her Rücksprach­e eine Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng für bis zu sieben Tage ausstellen. Seit dem 23. März ist das sogar für bis zu 14 Tage möglich. Diese Regelung gilt vorerst bis 23. Juni – und nur bei leichten Erkrankung­en der oberen Atemwege. Die Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng wird den Patienten in diesen Fällen per Post zugesendet.

Was muss ich tun, wenn ich kürzlich aus einem Coronaviru­s-Risikogebi­et zurückgeke­hrt bin?

Das für Infektions­krankheite­n zuständige Robert-Koch-Institut führt auf seiner Webseite eine Liste mit Coronaviru­s-Risikogebi­eten, die es fortlaufen­d aktualisie­rt. Derzeit gelten als Risikogebi­ete: ganz Ägypten, in China die Provinz Hubei (inklusive der Stadt Wuhan), in Frankreich die Region Grand Est (die Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne enthält), ganz Iran, ganz Italien, in Österreich das Bundesland Tirol, in Spanien die Hauptstadt Madrid, in Südkorea die Provinz Gyeongsang­buk-do (Nord-Gyeongsang) – sowie in den USA die Bundesstaa­ten Kalifornie­n, Washington und New

York. Wer aus einem dieser Gebiete zurückkehr­t, der soll so weit möglich bis zu zwei Wochen zu Hause bleiben – auch wenn keine der häufigen Covid-19-Symptome wie trockener Husten und Fieber auftreten. Wer darüber hinaus Symptome zeigt (neben Husten und Fieber sind das manchmal Müdigkeit, Gliedersch­merzen, Halsschmer­zen und Kopfweh und bei schweren Verläufen Atemnot), der sollte sich dringend an das zuständige Gesundheit­samt und an seinen Hausarzt wenden. Dann kann auch ein Test auf das Coronaviru­s angeordnet werden.

Was muss ich tun, wenn ich mit jemandem Kontakt hatte, der positiv auf das Coronaviru­s getestet wurde?

Relevant ist der Kontakt mit der infizierte­n Person nur, wenn er in den vergangene­n 14 Tagen stattgefun­den hat. Wer mit der infizierte­n Person engen Kontakt hatte, muss in häusliche Quarantäne gehen. „Enger Kontakt“bedeutet laut der Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung,

dass man mindestens 15 Minuten lang mit dem Erkrankten gesprochen hat oder angehustet oder angeniest worden ist, während dieser ansteckend gewesen ist. Wenn der Kontakt nicht eng war, muss man nicht in Quarantäne – es sei denn, das Gesundheit­samt ordnet die Quarantäne ausdrückli­ch an.

Was müssen Arbeitnehm­er beachten, wenn bei ihnen eine Quarantäne angeordnet wurde?

Die Quarantäne ordnet das Gesundheit­samt an, im Falle eines Coronaviru­s-Verdachts dauert sie in aller Regel 14 Tage, während der man das Haus grundsätzl­ich nicht verlassen darf.

Erhalten Arbeitnehm­er weiterhin Gehalt, wenn Sie in Quarantäne müssen?

Wenn für einen Arbeitnehm­er Quarantäne angeordnet wird, zahlt dessen Arbeitgebe­r das Gehalt zunächst weiter. Das gilt unabhängig davon, ob die Quarantäne in der eigenen Wohnung oder an einem anderen Ort angeordnet wird. Zumindest gilt das, wenn die Quarantäne maximal sechs Wochen dauert. Falls eine Quarantäne länger dauern sollte, bekommen die Betroffene­n eine Entschädig­ung, deren Höhe dem Krankengel­d entspricht.

Was können Arbeitgebe­r tun, wenn bei einem Angestellt­en eine Quarantäne angeordnet wurde? Nach Paragraph 56 Absatz 5 Satz 2 des Infektions­schutzgese­tzes kann sich der Arbeitgebe­r das Gehalt, das er für Mitarbeite­r in Quarantäne zahlt, bei der zuständige­n Behörde erstatten lassen. In Baden-Württember­g ist es das Gesundheit­samt, in Bayern die jeweilige Bezirksreg­ierung. Der Antrag auf Erstattung muss innerhalb von drei Monaten nach Ende der Quarantäne bei der zuständige­n Behörde gestellt werden. Der Arbeitgebe­r muss dem Antrag eine Arbeitgebe­rbescheini­gung über die Höhe des Arbeitsent­gelts beifügen, das der Beschäftig­te während der Quarantäne verdient hat – und über die gesetzlich­en Abzüge. Auf Antrag können Arbeitgebe­r auch einen Vorschuss der Erstattung verlangen.

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FOTO: MAURIZIO GAMBARINI/DPA Wer erkältet ist, kann sich derzeit telefonisc­h krankschre­iben lassen – den Besuch beim Arzt kann man sich sparen.

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