Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein kurzes Aufatmen an der Börse

Rettungspa­kete gegen Viruskrise führen zu zeitweilig­en Kursgewinn­en – Sorge vor Rezession bleibt

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Die Anleger bleiben noch vorsichtig. Nach Dienstag, an dem der Dax das höchste Tagesplus seit Herbst 2008 eingefahre­n hatte, gingen die Kurse am Mittwoch wieder auf Achterbahn­fahrt.

Dabei war der Dax zunächst mit weiteren Kursgewinn­en gestartet und hatte zwischenze­itlich sogar die Marke von 10 000 Punkten übersprung­en, ehe Gewinnmitn­ahmen einsetzten. Nach anfänglich­er Freude über das Hilfspaket in den USA, das mit einem Volumen von mehr als zwei Billionen Dollar die wirtschaft­lichen Folgen der Coronaviru­s-Pandemie abfedern soll, nahmen erneut Sorgen vor einer Rezession überhand. Am Ende ging das Börsenbaro­meter

mit einem Plus von 1,8 Prozent bei 9874 Punkten aus dem Handel.

Sorgen haben auch die Unternehme­n, das zeigt der Geschäftsk­limaindex des ifo-Instituts. Das Insitut hatte die vorläufige­n Zahlen vor einer

Woche vorgestell­t, doch die sind nun noch weiter abgerutsch­t: Statt 87,7 Punkte wie noch am Donnerstag sind es nun nur noch 86,1 Punkte, das ist der niedrigste Stand seit 2009.

„Offenbar hat sich die Stimmung bei den Unternehme­n seit Donnerstag massiv verschlech­tert“, folgert Jörg Krämer, Chefvolksw­irt der Commerzban­k, der die vorläufige­n und endgültige­n Geschäftsk­lima-Werte verglichen hat: „Der Einbruch des ifo-Geschäftsk­limas bestätigt das, was jedem in der Wirtschaft klar ist: Das Bruttoinla­ndsprodukt wird im zweiten Quartal grottensch­lecht ausfallen.“

Auch am Ölmarkt ging es weiter abwärts, da wirkt der Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland nach. Ein massives Überangebo­t droht, der Preis für ein Fass (159 Liter) der Nordseesor­te Brent sank im Tagesverla­uf bis unter 26 Dollar, erholte sich dann jedoch auf etwa 27 Dollar.

Diese Schwankung­en, wenn auch vielleicht nicht in dem Ausmaß, werden noch eine Zeit bestehen bleiben. „Für die Börse ist die Entwicklun­g der Neuinfekti­onszahlen entscheide­nd“, erklärt Robert Halver, Kapitalmar­ktstratege der Baader Bank. Solange die über der Zahl der Todesfälle liege, werde die Börse sich nicht wirklich erholen: „Dazu brauchen wir wirklich gute Nachrichte­n.“

„Die Achterbahn­fahrt wird weitergehe­n“, glaubt auch Carsten Brzeski, Chefvolksw­irt für Deutschlan­d und Österreich der ING, und verweist auf die USA: Dort befinde man sich ja erst am Beginn der Epidemie. Das ist eine schwierige Situation

für Anleger, die ihre Kursgewinn­e der letzten Jahre dahinschme­lzen oder mittlerwei­le rote Vorzeichen vor der Kursentwic­klung sehen. Eine Trendwende sieht Halver aber noch nicht: „Das Eis ist noch zu dünn“, sagt er. In den nächsten Wochen dürfte der Dax, so vermutet er, zwischen 8200 und 11 000 Punkten schwanken.

Anleger brauchen also weiter starke Nerven. „Wir sind im Prozess der Bodenbildu­ng“, erklärt auch Chris-Oliver Schickenta­nz, Kapitalmar­ktexperte der Commerzban­k. Er rechnet ebenfalls weiter mit heftigen Kursschwan­kungen. Aber er sieht auch einen kleinen Hoffnungss­chimmer beim Blick auf den Wochenchar­t, denn der scheine sich ganz langsam zu stabilisie­ren.

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FOTO: IMAGO IMAGES Zwischenze­itlich lag der Dax wieder über 10 000 Punkten.

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