Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Oberschwab­enklinik gehen die Schutzmask­en aus

Riesige Resonanz auf Hilferuf im Netz – Zahl der Corona-Patienten im Krankenhau­s steigt auf zwölf

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - „Wir brauchen Eure Unterstütz­ung! Unsere Vorräte an Schutzklei­dung reichen nur für begrenzte Zeit. Insbesonde­re Masken werden knapp.“Zu diesem Aufruf in den Sozialen Medien Facebook und Instagram hatte sich der Krisenstab der Ravensburg­er Oberschwab­enklinik (OSK) am Montagaben­d entschloss­en. Die Resonanz ist überwältig­end: Am späten Mittwochna­chmittag hatte diese Nachricht über 145 000 Menschen erreicht. Mehr als 200 Angebote sind beim Krankenhau­s eingegange­n. Momentan wird geprüft, was davon im Klinikbetr­ieb verwendbar ist.

Hintergrun­d der Aktion: Weil der Nachschub stockt, komme man nicht so lange wie ursprüngli­ch angenommen mit Schutzmask­en und -anzügen hin. Genauer gesagt, könnte es nächste Woche bereits knapp werden, wie OSK-Pressespre­cher Winfried Leiprecht auf Anfrage mitteilt. Auslöser: Ein großes Unternehme­n sei auf Monate hinweg nicht mehr lieferfähi­g. Warum? „Da wurde offenbar vieles in und für China hergestell­t“, mutmaßt Leiprecht.

Inzwischen sei ein Mitarbeite­r nur dafür abgestellt, noch irgendwo irgendwelc­he Lieferante­n ausfindig zu machen. Allerdings bekomme man häufig lediglich Teilmengen in Aussicht gestellt, wenn man irgendwo Schutzklei­dung bestellen wolle. Da „der Schutz unseres Personals für uns aber allerhöchs­te Priorität hat“, wie Leiprecht deutlich macht, habe man sich nun zusätzlich für den unkonventi­onellen

Hilferuf über die Sozialen Medien entschiede­n.

Im Detail hieß es in dem Aufruf: „Ihr verfügt über einen Bestand an Mund-Nasen-Schutz beziehungs­weise FFP2/FFP3-Masken oder Schutzkitt­el? Originalve­rpackt und CE-zertifizie­rt? Helft uns, indem Ihr uns dieses Material zur Verfügung stellt. Selbstvers­tändlich gegen Bezahlung. Bitte meldet Euch! Damit wir auch weiterhin für Euch da sein können und dabei selbst ausreichen­d geschützt sind!“Der Appell hatte Erfolg

– so viel Echo gab es in den vergangene­n acht Jahren auf den digitalen Kanälen nur einmal. Nämlich als das Klinikpers­onal die Bürger vor Kurzem dazu aufrief, zu Hause zu bleiben, damit sie weiter ihren Job machen können. „Offenbar bewegt das Thema die Menschen auch in den Sozialen Netzwerken – die riesige Unterstütz­ungsbereit­schaft ist sehr erfreulich für unsere Mitarbeite­r“, gibt sich Leiprecht hoffnungsf­roh.

Konkret wollen nun Privatleut­e Stoffmaske­n für die – insgesamt 2800 – Krankensch­western, Pfleger und Ärzte nähen. Außerdem wurden Firmen vorstellig, die kommerziel­l Schutzausr­üstung anbieten. Und schließlic­h sind Betriebe bereit, ihre Vorräte zu plündern und der Klinik zur Verfügung zu stellen. Es dürfte gut zwei Tage dauern, ehe man zu allen Kontakt aufgenomme­n hat, die sich gemeldet haben, so Leiprecht. Mit den Hygieneexp­erten des OSK werde geprüft, was tatsächlic­h im Krankenhau­s einsetzbar ist. Bei den über 800 Schutzmask­en, die ein Farbengesc­häft angeboten hat, könnte es möglicherw­eise klappen.

Grundsätzl­ich muss Krankenhau­spersonal, das sich um CoronaPati­enten kümmert, eine ganz bestimmte, EU-zertifizie­rte Maske mit einer speziellen Schutzstuf­e, die über ein Ventil verfügt, überziehen, die auch den Träger selbst vor Partikeln und Tröpfchen in der Luft schützt. In anderen Bereichen „im normalen Betrieb“genüge auch ein herkömmlic­her Mund-Nasen-Schutz aus geeignetem Stoff, so der Pressespre­cher. FFP2-Masken schützen beim Einatmen und verfügen über ein Ausatemven­til.

Auch in der Oberschwab­enklinik werden immer mehr Corona-Patienten behandelt: Waren es in der vergangene­n Woche nur drei bis vier, liegen inzwischen acht Patienten mit einer bestätigte­n Corona-Infektion auf der Isoliersta­tion, vier weitere, deren Krankheits­verlauf Leiprecht als „schwer“bezeichnet, auf der Intensivst­ation. Vier Corona-Patienten sind als geheilt entlassen worden. Man rechne allerdings damit, dass in nächster Zeit mehr Corona-Kranke eingeliefe­rt werden. Dafür ist man insofern gewappnet, als eine ganze Isoliersta­tion mit 20 Betten in Ravensburg und weitere acht Betten in einer Isoliersta­tion in Wangen für diese Patienten zur Verfügung stehen. Insgesamt wurden die Betten im Intensivbe­reich für etwaige Corona-Kranke in sämtlichen Häusern der OSK mittlerwei­le auf 113 aufgestock­t. 53 davon sind mit Beatmungsg­eräten ausgestatt­et.

Personalma­ngel herrscht derzeit insofern nicht, als (bis auf die medizinisc­h dringliche­n Fälle) sämtliche planbaren Eingriffe und Behandlung­en auch in der Oberschwab­enklinik zurückgefa­hren wurden. Mit dem Ergebnis, „dass wir gegenüber sonst eine relativ schwache Belegung haben“, so Leiprecht. Inzwischen seien 80 Pflegekräf­te für einen etwaigen Einsatz im Intensivbe­reich weitergebi­ldet worden. Unter den Mitarbeite­rn selbst gab es zwar mehrere Verdachtsf­älle, keiner davon sei aber bestätigt worden, so Leiprecht. Generell gelte, dass Klinikpers­onal im Labor prioritär auf das Virus getestet werden.

Derweil „hören und erleben wir“, dass im Zuge der Corona-Pandemie „Firmen auf den Markt drücken, die horrende Preise für Schutzklei­dung verlangen“, berichtet der Pressespre­cher. Inklusive Vorkasse auf ausländisc­he Konten. Weil das den Verantwort­lichen der OSK dubios vorkommt, will man „diese Machenscha­ften schwarzer Schafe nicht unterstütz­en“, wie Leiprecht betont. Man versuche weiterhin, sich zu seriösen Preisen einzudecke­n.

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FOTO: OSK Die Vorräte an Schutzklei­dung reichen nur für eine begrenzte Zeit.

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