Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Taskforce soll es richten
Ein IOC-Spezialteam wird den neuen Termin der Olympischen Spiele 2021 bestimmen – Sport-Weltverbände fühlen sich übergangen
BERLIN (dpa/SID) - In den internationalen Spitzenverbänden gibt es wegen der Olympiaverschiebung Ärger über das IOC. „Wir haben vor einer Woche mit Thomas Bach beraten, der Solidarität von uns einforderte. Nun wurden wir nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen“, kritisierte der Präsident des Tischtennis-Weltverbands, Thomas Weikert, dem „Spiegel“. Dem Bericht zufolge hätten mehrere Verbandschefs in vertraulichen Gesprächen ihren Unmut über einen vermeintlichen Alleingang des Internationalen Olympischen Komitees mit Präsident Bach Luft gemacht.
Demnach seien die 33 Weltverbände, die mit Sportarten bei Olympia in Tokio vertreten sein sollten, von der Verkündung der Verlegung der Sommerspiele ins Jahr 2021 vorab nicht informiert worden. Noch am Sonntag hatte das IOC mitgeteilt, erst in vier
Wochen zu einer finalen Entscheidung kommen zu wollen. Am Dienstag hatten Japans Ministerpräsident
Shinzo Abe, das Tokio-Organisationskomitee und Bach dann eine Olympiaverschiebung wegen der Corona-Pandemie vereinbart. „Natürlich bin ich erleichtert über diese überfällige Entscheidung“, sagte Tischtennis-Chef Weikert. Er sei „aber auch irritiert“über seinen deutschen Landsmann Bach und das IOC.
Derweil grassieren die Gerüchte über den neuen Termin. Bach wollte nichts ausschließen. „Das ist nicht nur auf die Sommermonate beschränkt. Alle Optionen vor und einschließlich des Sommers 2021 sind möglich.“Um den Termin zu bestimmen hat das IOC eine Taskforce mit dem Namen „Here we go“(„Los geht's“) gegründet. Das Gremium besteht aus Mitgliedern der IOC-Koordinierungskommission sowie des Organisationskomitees Tokio 2020. In einem ersten Schritt werde die Taskforce, so Bach, am Donnerstag mit den 33 Sommersportverbänden mögliche Termine besprechen. Der volle Sportkalender 2021 erschwere die Aufgabe: „Ich denke, wir sollten so schnell wie möglich zu einer Lösung kommen. Aber Priorität hat die Qualität dieser Entscheidung.“
Zuvor hatte der erste deutsche IOC-Präsident per Videobotschaft an die Athleten erklärt, dass er keine „idealen Lösungen“versprechen könne. Er rief alle Sportler zum Mitmachen auf. „Gebt uns sämtliche Informationen, die wir brauchen“, forderte Bach, der riesige Aufgaben auf die olympische Bewegung zukommen sieht. „Wir müssen in den nächsten Monaten bis ins nächste Jahr die Spiele 2021 organisieren, dazu stehen die Winterspiele 2022 und die Olympischen Jugendspiele 2022 vor der Tür. Das sind enorme Herausforderungen, die in Zeiten von Homeoffice nicht einfacher zu regeln sein werden“, so Bach. Und in Zeiten einer Pandemie wohl auch nicht. Auch die Frage, ob das bereits errichtete Olympische Dorf für mehr als 11 000 Athleten auch 2021 genutzt werden kann – die Wohnungen sind bereits verkauft – reichte Bach an die neue Taskforce weiter. „Ich denke, nach der Verschiebung brauchen wir jetzt Kompromisse von allen Beteiligten“, sagte der Jurist. Das Olympische Dorf sei ein Teil in einem großen Puzzle, das richtig zusammengesetzt werden müsse.
Auch die Nutzung der bereits fertigen Sportstätten in Tokio ist für 2021 fraglich, die Olympiamacher müssen etliche Verträge neu verhandeln. Die Zusatzkosten werden auf fünf bis sechs Milliarden Euro geschätzt, Tokio soll laut japanischem Rechnungshof bereits mehr als 20 Milliarden Euro in die Spiele gesteckt haben.