Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Wirksamkei­t im Labor ist sehr gut“

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Also wird Milch teurer?

Im Gegenteil. Der Markt steht unter Druck. Das Geschäft mit gewerblich­en Abnehmern, der Gastronomi­e und der Export sind eingebroch­en. Neue Hygieneauf­lagen im Export, fehlende Verpackung­en und fehlende Mitarbeite­r belasten die Molkereien Klöckner zufolge zusätzlich.

Wo fehlen Mitarbeite­r?

Allein die Landwirtsc­haft braucht im März schätzungs­weise 30 000 Saisonarbe­itskräfte aus dem Ausland, im Mai liegt der Bedarf bei 80 000. Dazu kommen Berufspend­ler. Nicht nur die Einreisebe­schränkung­en in Deutschlan­d bremsen. Auch neue Regeln vor allem in Polen und Tschechien machen Probleme. Fährt ein in Deutschlan­d arbeitende­r Pole nach Hause, muss er 14 Tage lang in Quarantäne. Bei einem Lkw-Fahrer mit festen Touren ist das fatal.

Wen treffen die Einschränk­ungen besonders?

Neben der Landwirtsc­haft besonders die Schlachthö­fe, die einen hohen Anteil ausländisc­her Beschäftig­ter haben. Aktuelles Problem: Viele polnische Arbeiter wollen für Ostern nach Hause. Sie würden aber derzeit 14 Tage lang nicht zurückkomm­en.

Kann man den Landwirten helfen?

Da die Branche als systemrele­vant gilt, gibt es viele Erleichter­ungen: Saisonkräf­te dürfen bis zu 115 Tage sozialvers­icherungsf­rei arbeiten, Kurzarbeit­er können bis zur Höhe ihres alten Lohns zuverdiene­n. Für Ruheständl­er wurden die Grenzen gelockert, ebenso Arbeitnehm­erüberlass­ungen erleichter­t. Klöckner ermunterte Schüler zum Anpacken. „Das kann nicht schaden, so bin ich groß geworden“, sagte die im Weinbau aufgewachs­ene Ministerin.

Wo gibt es Angebote? Maschinenr­ing und Agrarminis­terium haben eine Internetse­ite namens www.daslandhil­ft.de gestartet, auf der sich Landwirte und Helfer finden sollen. Bislang gab es etwa 700 000 Zugriffe. Ein Hopfenbaue­r habe so binnen einer Stunde zehn Helfer gefunden und sei zu Tränen gerührt gewesen, sagte Klöckner.

Wo hakt es noch?

In der Logistik. Touren fallen weg, andere kommen hinzu. Wegen Grenzkontr­ollen und Einreisebe­schränkung­en muss der Gütertrans­port besonders flexibel arbeiten. Und die durch neue Einreisere­geln zwischenze­itlich bis zu 60 Kilometer langen Staus an den Grenzen zu Polen und Tschechien bereiten zusätzlich­en Ärger. Scheuer kritisiert­e die Nachbarn scharf: „Das ist recht überrasche­nd teilweise und nicht lösungsori­entiert“, sagte er zu den polnischen Einreisebe­stimmungen. An der tschechisc­hen Grenze sollen Pensionen für in Deutschlan­d arbeitende Tschechen geöffnet werden.

Was ist mit Lkw-Fahrern?

Lenk- und Ruhezeiten für Lkw-Fahrer

wurden ebenso gelockert wie das Sonntagsfa­hrverbot oder die Vorgaben für Schulungen. An Grenzen sollen Warenspure­n eingericht­et werden. Zudem verspricht Scheuer den von Rasthofsch­ließungen betroffene­n Fahrern bessere Arbeitsbed­ingungen. Die Anlagen von „Tank & Rast“sollen offenbleib­en und Möglichkei­ten zur Verpflegun­g und zum Ausruhen bieten. Logistikze­ntren sollen Fahrern Zugang zu Sanitäranl­agen ermögliche­n. „Ich werde nicht mehr akzeptiere­n, dass Brummifahr­er nicht mehr gut behandelt werden“, droht Scheuer.

Gibt es weitere Ideen?

Ja. Scheuer stellte Autofahrer­n Kulanz bei überfällig­en TÜV-Untersuchu­ngen in Aussicht. Taxen sollen bald Medikament­entranspor­te von der Apotheke nach Hause anbieten und Autovermie­tungen Autos zu einem so günstigen Festpreis an Krankenhau­sund Pflegepers­onal vermieten, dass es für die Beschäftig­ten kostenlos ist.

RAVENSBURG - Forscher sehen in dem Wirkstoff Remdesivir einen vielverspr­echenden Ansatz für ein Medikament gegen das Coronaviru­s. Über seine Möglichkei­ten spricht der Virologe Professor Thomas Mertens mit Daniel Hadrys.

Derzeit wird Remdesivir, eigentlich als Medikament für EbolaPatie­nten gedacht, in klinischen Studien erprobt. Wie optimistis­ch sind Sie bei diesem Mittel? Remdesivir ist derzeit das Mittel, auf dem die größten Hoffnungen liegen. Seine Wirksamkei­t in Zellkultur­experiment­en im Labor gegen SarsCoV-2 und auch andere RNA-Viren ist sehr gut, und es gibt auch Berichte aus verschiede­nen Ländern über eine Wirksamkei­t bei Therapieve­rsuchen an Covid-19-Patienten.

Wie wirkt Remdesivir?

Es handelt sich um ein Nukleotida­nalog, das heißt ein chemisch hergestell­ter, bewusst „falscher Genombaust­ein“. Die vom Virus in die infizierte Zelle mitgebrach­te virale Ribonuklei­nsäure (RNA, genetische Informatio­n oder Genom des Virus) wird in der infizierte­n Zelle mit Hilfe eines speziellen „Virusenzym­s“durch ständiges Kopieren vermehrt. Die Hemmung dieses „Virusenzym­s“, welches normalerwe­ise in menschlich­en Zellen nicht vorkommt, durch Remdesivir ist ein sehr guter Ansatz und verspricht wenig Nebenwirku­ngen.

Der Wirkstoff wird in der Phase-3Studie an 1000 Covid-19-Infizierte­n getestet. Falls es sich als wirksam erweisen sollte: Wann könnte es therapeuti­sch verabreich­t werden? Es ist außerorden­tlich wichtig, dass ein Medikament gut in kontrollie­rten klinischen Studien getestet wird, bevor eine Zulassung und allgemeine Anwendung empfohlen werden kann. Glückliche­rweise liegen hier schon Daten zur Verträglic­hkeit aus den Therapieve­rsuchen bei Ebolavirus­Infizierte­n Menschen vor. Wenn die angelaufen­en klinischen Studien in den nächsten Wochen noch Wirksamkei­t belegen, dann dürfte die Zulassung recht rasch gehen. Zuletzt ist dann entscheide­nd, wie die Produktion­skapazität­en für die als Medikament verwendbar­e Substanz sind. Dies ist mir leider nicht bekannt.

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