Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weniger Fahrgäste und eine ungewisse Zukunft
BOB spürt Auswirkungen der Südbahn-Elektrifizierung – Unklare Prognosen
RAVENSBURG - Bedingt durch die Beeinträchtigungen, die die Südbahn-Elektrifizierung mit sich bringt, geht die Zahl der Fahrgäste der Bodensee-Oberschwaben-Bahn (BOB) erneut zurück. Und wie die Zukunft der Geißbockbahn aussieht, ist derzeit auch völlig offen.
Die Zahl der Fahrgäste in der BOB ist seit ihrem Betriebsbeginn 1993 kontinuierlich gestiegen. Zuletzt beförderte sie kontinuierlich über 5000 Passagiere pro Werktag. Bis 2018. Mit dem Beginn der Südbahn-Elektrifizierung kam es zu abschnittsweisen Streckensperrungen, die weiter andauern. Das umständliche Umsteigen auf Busse auf diesen Abschnitten schreckte offenbar viele Menschen ab. Gegenüber 2017 ging das BOB-Fahrgastaufkommen an Werktagen daher um fast zehn Prozent zurück.
Der Leiter der Ravensburger Stadtwerke, Andreas Thiel-Böhm, rechnet für 2020 mit einem noch heftigeren Einbruch der Zahlen. Die Südbahn-Baustelle wandert immer mehr nach Süden und damit ins BOB-Kernland. Seit 2. März ist die Strecke zwischen Ravensburg und Aulendorf gesperrt (bis 15. Juli), vom 14. September bis 19. Dezember folgt der Abschnitt zwischen Ravensburg und Friedrichshafen. Doch auch nach dieser Zeit wird sich für die Fahrgäste der Bodensee-Oberschwaben-Bahn nicht viel ändern. Denn das Unternehmen selbst hat über das neue Fahrplankonzept nach der Elektrifizierung keine Informationen.
„Erst nach Abschluss der großen Infrastrukturprojekte im Land, insbesondere des Tiefbahnhofs in Stuttgart und der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm, kann ein Fahrplankonzept vorgesehen werden, das auf der Südbahn stündlich zwei schnelle Verbindungen nach Stuttgart und zusätzliche Regionalbahnverkehre beinhaltet“, schreibt BOB-Geschäftsführer Norbert Schültke im aktuellen Jahresbericht des Unternehmens. Konkrete Fertigstellungstermine dieser Projekte gebe es aber noch nicht.
Das Unternehmen rechnet daher mit einer mehrjährigen Übergangsphase. Denn das Land hat sich noch immer nicht geäußert, wie die elektrifizierte Südbahn künftig für Verkehrsbetriebe ausgeschrieben werden soll. Als ein Los von Ulm bis zum Bodensee? Oder zwei Lose, gebrochen in Aulendorf? „Wenn das Los nicht gebrochen wird, dann fliegt die BOB wahrscheinlich komplett raus“, sagte Andreas Thiel-Böhm im Ausschuss der Stadtwerke. Allein könnte das Unternehmen eine Strecke von Ulm bis zum See niemals bedienen. Eine Bewerbung dafür wäre daher nur im Verbund mit Kooperationspartnern möglich.
Es ist also völlig unklar, wie es mit der Bodensee-Oberschwaben-Bahn weitergeht, solange die Landesregierung keine Entscheidung über die europaweite Ausschreibungen trifft und die Großbaustellen zwischen Ulm und Stuttgart nicht fertiggestellt sind.
„Aufgrund der einzuhaltenden Fristen für das Vergabeverfahren und die notwendige Zeit zur Vorbereitung der Betriebsaufnahme, einschließlich Beschaffung von geeigneten Neufahrzeugen, gehen wir davon aus, dass der Start mit einem langfristigen Vertrag erst nach 2025 erfolgen kann“, glaubt Geschäftsführer Schültke.