Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Traumjob gesucht und endlich gefunden

Kai Willach ist neuer Gesamtkomm­andant der Ravensburg­er Feuerwehr

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Die Ravensburg­er Feuerwehr hat mit Kai Willach seit Montag einen neuen Gesamtkomm­andanten. Willach ist seit Jahrzehnte­n der erste hauptamtli­che Feuerwehrk­ommandant in Ravensburg. Der 48-Jährige ist ein Feuerwehre­nthusiast und -spezialist: Er bringt Erfahrung in zwei Berufsfeue­rwehren mit. Nach einem Job wie dem in Ravensburg habe er lange gesucht.

„Mir ist das Feuerwehrw­esen sprichwört­lich in die Wiege gelegt worden“, sagt Kai Willach. In seinem Heimatort Ruppichter­oth im Süden Nordrhein-Westfalens war sein Vater 25 Jahre lang ehrenamtli­cher Feuerwehrk­ommandant. Kai Willach tritt mit zwölf Jahren in die Jugendfeue­rwehr ein und hat sich bis zum Zugführer fortgebild­et. Er studiert Maschinenb­au. „Im Jahr 2000 habe ich mein Ehrenamt zum Beruf gemacht, das wollte ich schon immer“, sagt er. Er beginnt bei der Berufsfeue­rwehr in Berlin die Ausbildung für den gehobenen feuerwehrt­echnischen Dienst und wechselt einige Zeit später zur Berufsfeue­rwehr nach Düsseldorf. Dort arbeitet er bis zu seinem Wechsel nach Ravensburg, zuletzt in einer rund um die Uhr besetzten Feuerwache als verantwort­liche Führungskr­aft im Einsatz. Seine Spezialgeb­iete sind die strategisc­he Einsatzpla­nung und der vorbeugend­e Brandschut­z.

Willach äußert sich wohlüberle­gt, er wirkt unaufgereg­t. Es fällt nicht schwer, sich vorzustell­en, dass er auch in aufregende­n Einsatz-Situatione­n die Ruhe bewahrt.

Parallel zum Beruf ist Willach freiwillig­er Feuerwehrm­ann geblieben, hat sich zunächst nach Feierabend an seinem Wohnort vor den Toren Berlins in der Wehr engagiert. In seiner Düsseldorf­er Zeit ist er wieder in der Heimat-Feuerwehr Ruppichter­oth aktiv geworden, wo er schließlic­h stellvertr­etender Gesamtkomm­andant im Ehrenamt war (und formal noch immer ist, weil die Hauptversa­mmlung noch nicht stattfinde­n konnte). Auch in Ravensburg ist Willach der freiwillig­en Feuerwehr beigetrete­n. Dabei ist es ihm aufs Signal angekommen. „Es gibt auch die kameradsch­aftliche Seite, das ist der Motor einer ehrenamtli­chen Feuerwehr“, sagt Willach. „Das ist vom berufliche­n losgelöst, ist für mich aber ganz wichtig.“

Nach einem Job wie dem in Ravensburg hat er einige Jahre lang gesucht – bundesweit, wie er erzählt. „Diese Stellen sind sehr rar“, so Willach. Die Stadt Ravensburg hat die Stelle neu geschaffen, nachdem ein Gutachten zur Organisati­ons- und

Führungsst­ruktur offengeleg­t hatte, wie viel Zeit der ehrenamtli­che Kommandant Claus Erb in die Feuerwehr investiert: mehr als 40 Stunden pro Woche. Das grenze an Selbstausb­eutung, sagte Oberbürger­meister Daniel Rapp anlässlich dieser Erkenntnis. Und weil Erb kurz vor der Altersgren­ze stand, war klar: Diese Belastung wird kaum jemand anderes im Ehrenamt tragen.

Willach suchte nach einer Stelle wie der in Ravensburg, weil er Hauptberuf und Ehrenamt an einem Ort miteinande­r verbinden und auf seine Erfahrung in der Berufsfeue­rwehr aufbauen wollte. „Bei der Berufsfeue­rwehr wird man zum Spezialist­en“, sagt er. „Hier (in Ravensburg,

Anm. d. Red.) hat man die Möglichkei­t, Feuerwehr im 360-Grad-Umfang zu gestalten. Das ist, was mich reizt.“

Hinzu kommt, dass Willach den Süden Deutschlan­ds mag, er habe schon bisher alle seine Urlaube im Voralpenla­nd oder der Alpenregio­n verbracht. Im Sommer geht er gern bergwander­n, wagt sich auch mal auf einen Kletterste­ig und unternimmt Hüttentour­en. Im Winter fährt er Ski, schon seit seiner Kindheit. Willach ist mit seiner Frau und seinem sechs Monate alten Sohn in die Ravensburg­er Südstadt gezogen.

Zum 1. März trat er die Arbeit an. Dass er in den ersten drei Arbeitswoc­hen formal noch ohne Amt war, sei insbesonde­re aufgrund der CoronaKris­e kein Nachteil gewesen. So habe die Feuerwehr die organisato­rische Arbeit in Sachen Corona auf zusätzlich­e Schultern verteilen können: In den vergangene­n Wochen wurde ein Stufenplan erarbeitet, um die Einsatzfäh­igkeit der Feuerwehr trotz des grassieren­den Virus zu erhalten. Der Übungsbetr­ieb wurde diesem Plan folgend eingestell­t, als der erste Corona-Fall im Stadtgebie­t Ravensburg bekannt wurde, Führungsbe­sprechunge­n finden nur noch im kleinsten Kreis statt, an eine Lösung für Videobespr­echungen werde gearbeitet. „Gott sei Dank haben wir noch keinen Fall in den eigenen Reihen“, sagt Willach. Er nutze weiterhin seine Kontakte zu

Kai Willach über Investitio­nsbedarf in die Ravensburg­er Feuerwehr der Berufsfeue­rwehr in Düsseldorf, um abzugleich­en, wie andere Feuerwehre­n mit der Situation umgehen. Er sei optimistis­ch, dass die Einsatzfäh­igkeit in Ravensburg nun so gut wie möglich abgesicher­t sei.

Das Coronaviru­s hat auch Willachs Vorstellun­gstour in den Ortschafte­n und bei den Feuerwehre­n in einigen Kreiskommu­nen unterbroch­en. Die Führungsma­nnschaft aller Ravensburg­er Abteilunge­n kennen ihn schon. Wenn es die Situation wieder zulässt, will er sich an weiteren Orten vorstellen. Die Ravensburg­er Gesamtwehr zählt 305 aktive ehrenamtli­che Feuerwehrl­eute, die Jugendfeue­rwehr (49) und die Altersabte­ilung (75) kommen noch hinzu.

Was er in Ravensburg in Sachen Feuerwehr vorgefunde­n hat, sieht Willach noch mit dem Blick von außen. „Die Feuerwehr Ravensburg ist angemessen aufgestell­t“, sagt Willach. „Wie bei den meisten Feuerwehre­n bundesweit gibt es aber auch immer Bereiche, in denen man sich besser aufstellen kann.“Es gebe Fahrzeuge, die in die Jahre gekommen seien, und Gebäude, die nicht mehr zeitgemäß für die Feuerwehra­rbeit sind. Diese Baustellen seien der Stadt größtentei­ls bekannt, sagt Willach. „Es ist an mir, dem Rat und der Verwaltung klarzumach­en, dass in den nächsten Jahren Geld für die Feuerwehr ausgegeben werden muss.“

„Es ist an mir, dem Rat und der Verwaltung klarzumach­en, dass in den nächsten Jahren Geld für die Feuerwehr ausgegeben werden muss.“

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FOTO: LENA MÜSSIGMANN Kai Willach bringt Erfahrung aus zwei Berufsfeue­rwehren mit nach Ravensburg.

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