Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ein bisschen Normalität wäre schön“
Wie eine Ravensburger Schülerin ihre „Corona-Ferien“erlebt
RAVENSBURG – Seit Dienstag, 13. März, sind wegen des Coronavirus landesweit alle Schulen und Kindergärten bis voraussichtlich Ende der Osterferien geschlossen. 1,1 Millionen Schüler sind zu Hause. Eine davon ist die 16-jährige SZ-Mitarbeiterin Katarzyna Romer, die aus ihrem Heimschul-Alltag berichtet.
Wir, das sind meine Mutter, meine drei kleinen Schwestern und ich, mussten uns mit der neu gewonnenen Freiheit erst arrangieren. Für meine Mutter ist Homeoffice nicht möglich, deswegen sind wir alleine, aber trotzdem denke ich, dass wir besser organisiert sind als viele andere Familien. Schon als manche Lehrer am Freitag Schulschließungen angedeutet haben, haben wir uns mit Plänen und der Aufgabenverteilungen vorbereitet.
An den neuen Tagesablauf haben wir uns schnell gewöhnt. Morgens stehe ich gegen 8 Uhr auf und wecke meine Schwestern. Nach dem Frühstück räumen wir gemeinsam auf und setzen uns an unsere Hausaufgaben. Gegen 12 Uhr koche ich. Mir ist wichtig, dass es nicht jeden Tag Spaghetti gibt, deswegen wird am Abend immer jemand zum Einkaufen geschickt. Zum Mittagessen kommt unsere Mutter nach Hause und wir essen gemeinsam. Oft gehen wir am Nachmittag noch spazieren oder Fahrrad fahren, den Abend verbringen wir zu Hause mit Büchern oder Serien.
Es war erst kompliziert, überhaupt an den Unterrichtsstoff heranzukommen, weil unsere Schulen das verschieden handhaben. Das AlbertEinstein-Gymnasium setzte auf eine Messenger-App, die wegen Überlastung nach wenigen Stunden zusammenbrach. Mittlerweile sind alle Lehrer auf die normale E-Mail umgestiegen, so wie es viele andere Schulen von Anfang an gemacht haben. Für uns ist das unkomplizierter. Jetzt kann man sich morgens die Arbeitsaufträge ausdrucken und bearbeiten. Manche Lehrer wollen die Ergebnisse überprüfen oder geben Fristen vor, dann werden die Blätter eingescannt und per E-Mail zurückgesendet, andere geben einem einen Dauerauftrag für die kommenden drei Wochen auf einmal.
Die Schule nimmt jetzt viel weniger Zeit als sonst ein. Wenn man alleine arbeitet, kommt man schneller voran, so bleibt mehr Zeit für anderes übrig. Das heißt jetzt aber auch mehr Zeit für Langeweile. Gerade geht es noch, trotzdem kommen mir die vergangenen paar Tage schon lange vor. Wir sind immer mindestens zu viert, also spielen wir Uno und denken uns Zusatzregeln aus, lackieren uns gegenseitig die Nägel oder kochen aufwendiger. Unser Fernseher läuft, wie normalerweise auch, nur abends, um ein bisschen Struktur zu behalten. Weil wir viel mehr Zeit miteinander verbringen als sonst, kocht die Stimmung ab und zu hoch. Es ist für alle ungewohnt und dann merken wir immer: Ein bisschen Normalität wäre schön. Ich komme gut klar, trotzdem vermisse ich es, mich mit Freunden zu treffen und in die Stadt zu gehen.