Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schöne Stangenpal­men bleiben auf der Bühne

Wegen Corona fällt die Prozession am Sonntag aus – Trotzdem stehen Palmzweige in der Kirche

- Von Adelinde Schwegler

BERG - Eine Palmprozes­sion hat in Berg lange Tradition. In diesem Jahr kann sie wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinde­n, doch ganz verzichten muss die Gemeinde auf einen Auftakt in die Karwoche deshalb nicht. Die Kirchentür­en sind auf, auch wenn derzeit keine öffentlich­en Gottesdien­ste stattfinde­n. Aber so kann – bei gebührende­m Abstand – jeder Gläubige am Sonntag selber Einkehr halten und sich an Palmenschm­uck erfreuen, auch wenn dieser im Vergleich zu VorCorona-Zeiten äußerst gering ausfallen wird.

„Es werden nur der große Pfarrerund zwei Ministrant­enpalmen sein“, sagt Brigitte Bott. In früheren Jahren wurden 18 sogenannte Ministrant­enpalmen mit rot gefärbten sowie ein Pfarrerpal­men mit weißen, jeweils mit christlich­en Motiven bemalten Eiern von der Kirchenbüh­ne geholt, um von Messdiener­n und Seelsorger bei der Palmprozes­sion über die Bergkuppe getragen und dann feierlich geweiht zu werden.

Es ist eine Tradition, die in den 1960er-Jahren vom Gemeindepf­arrer Josef Ziesel begründet wurde, der in Bimba Lambert eine eifrige Unterstütz­erin gefunden hatte. 250 bis 300 Palmen zählte die Berger Palmprozes­sion zu ihren besten Zeiten. 130 bis 150 waren es auch in den vergangene­n beiden Jahren noch. Pfarrer Ziesels Nachfolger hatten die Tradition aufrechter­halten. Und auch Peter Häring hätte sich seinen ersten Palmsonnta­g als Bergs neuer Pfarrer anders vorstellen können.

Ein Tag, der bislang als Hochfest begangen wurde, sollte wegen der Corona-Krise nicht einfach verschwind­en und die Gemeinde in der vorösterli­chen Zeit nicht alleinblei­ben. So wird der Pfarrer an der täglichen Messfeier und Stundengeb­eten festhalten – ohne Öffentlich­keit.

Die Sonntagspr­edigten veröffentl­icht Pfarrer Häring im Internet, was er nach eigenem Bekunden nicht tun würde, „da diese (hoffentlic­h) auch stark vom gesprochen­en Wort geprägt sind. Aber zurzeit ist diese Art der Verkündigu­ng nicht möglich.“Kirche auf räumlichen Abstand also. Im Vertrauen darauf, dass die Menschen diesen einhalten, soll der Palmsonnta­g wenigstens ein Stück Normalität behalten.

Und so können die Berger auch diesmal Palmen zur Kirche bringen, wo in einem nicht öffentlich­en Gottesdien­st Palmen und Palmzweige geweiht werden. Gotteshaus­besucher können die geweihten Zweige, denen ein Gruß und Segensspru­ch des Pfarrers angeheftet sind, mit nach Hause nehmen. Dort werden sie am Kreuz angebracht – im Glauben daran, dass sie die Bewohner vor Krankheit und Unbill schützen. In diesem Sinne lud Pfarrer Häring in der Predigt zum vierten Fastensonn­tag dazu ein, „trotz allem mit Hoffnung und auch einem Stück Vorfreude auf das bevorstehe­nde Osterfest zu schauen und es entspreche­nd vorzuberei­ten“. Passend dazu werden, so Diakon Gerhard Marquard, in St. Peter und Paul Berg Stationen mit Texten und Impulsen aufgebaut sein, um die Gemeinde durch die heilige Woche zu begleiten. Beginn ist mit dem Palmsonnta­g und der Erinnerung an Jesu Einzug in Jerusalem.

Auch wenn dies alles eine abgespeckt­e Version der gewohnten Palmsonnta­gsfeier sein wird: Brigitte Bott freut sich darauf. Vor acht Wochen dachte sie noch, dass alles so stattfinde­n würde, wie es in den vergangene­n 20 Jahren war, als sie in die nicht offizielle Rolle einer „Palmenvera­ntwortlich­en“hineingeru­tscht war. Auf ein Wiedersehe­n all jener Palmen, bei denen in einer von ihr initiierte­n Spendenakt­ion die Hühner- gegen stabilere Holzeier getauscht sowie neue Stangenpal­men von Privat in Auftrag gegeben worden waren. Sie hatte bereits viele, viele Dinge rund um den Palmsonnta­g organisier­t: Frauen für das Einkranzen der Kirchenpal­men wieder angefragt, Spender für frisches Thuja-Reisig gesucht, sich ums Anbringen der Grußkärtch­en an die Palmzweige gekümmert und anderes mehr. Manches war umsonst.

Denn statt 20 Palmen mit einem Dutzend Frauen im Gemeindeha­us wird sie jetzt nur drei Kirchenpal­men in Botts Keller bekranzen. „Jetzt muss halt mein Mann den Äschtlesge­ber macha“, lacht Bott und wünscht sich, dass auch Familien, die das Material im Haus und das Geschick fürs Palmenbind­en in den Händen haben, sich trotz - oder gerade wegen Corona – an die Arbeit machen und sich wie in normalen Jahren einen Palmen binden. „Und diesen, so wie ich unseren Familienpa­lmen, dann im Haus aufstellen.“

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FOTO: WEG Trotz Corona-Pandemie stehen Palmzweige in der Berger Kirche.
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FOTO: PRIVAT Bimba Lambert beim Hölzchensc­hneiden im Palmenbast­elkurs.

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