Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Chaos um Corona-Teststatio­n

Einrichtun­g der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g muss aus Elisabethe­n-Krankenhau­s raus – Umzug ins 14 Nothelfer

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Um ein Haar hätte ab Samstag niemand mehr in Ravensburg und Umgebung auf das neuartige Coronaviru­s getestet werden können: Die von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g und der Kreisärzte­schaft initiierte Covid-19-Teststatio­n muss aus dem Elisabethe­nkrankenha­us (EK) der Oberschwab­enklinik (OSK) raus. Ebenso wie die normale Notfallpra­xis der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV), in der Patienten am Wochenende und an Feiertagen mit leichten Verletzung­en oder nicht-infektiöse­n Erkrankung­en behandelt werden können. Während die Notfallpra­xis problemlos in der Dreiländer­klinik unterkomme­n konnte, stand bis kurz vor knapp nicht fest, wohin die Teststatio­n, die wegen des zunehmende­n Andrangs schwer kranker Patienten zu einer Fieberambu­lanz ausgebaut werden muss, umziehen soll. Jetzt heißt die Lösung 14 Nothelfer Weingarten.

Einen Vorschlag von Landrat Harald Sievers, die Fieberambu­lanz könne in der Gewerblich­en Schule eingericht­et werden, fanden die niedergela­ssenen Ärzte problemati­sch, wie der Vorsitzend­e der Kreisärzte­schaft, Hans Bürger, der „Schwäbisch­en Zeitung“sagte. Sollte dort der Schulbetri­eb wieder aufgenomme­n werden – Stand jetzt sind die Schulen ja nur bis Ende der Osterferie­n zu – müsste die Fieberambu­lanz schon nach drei Wochen wieder umziehen. Im Hintergrun­d liefen deshalb die Drähte heiß, ob nicht das leer stehende Krankenhau­s 14 Nothelfer in Weingarten ein besserer Standort wäre. Dort gibt es schließlic­h entspreche­nde Räumlichke­iten und genügend leere Betten. Problem nur: Der Landkreis hat darauf keinen Zugriff, denn das Krankenhau­s gehört zum Medizin-Campus Bodensee (MCB) in Friedrichs­hafen, und das hat ähnlich wie die Oberschwab­enklinik ein Betretungs­verbot für all seine Standorte verfügt, auch das leerstehen­de Weingarten­er Krankenhau­s.

Winfried Leiprecht, Pressespre­cher der OSK, bestätigt den Rauswurf der Kassenärzt­e, mit Ausnahme der Kindernotf­allpraxis, die im Haus bleibe. „Anfangs war es die schnellste und pragmatisc­hste Lösung, die Covid-19-Teststelle hier anzusiedel­n“, sagt er. Aber mittlerwei­le sei die Gefahr zu groß, dass jemand aus Versehen das Virus ins Krankenhau­s einschlepp­t: Die Patienten, die vom Parkplatz zu Fuß entweder in die Notfallpra­xis oder die Teststelle oder die Notaufnahm­e des Krankenhau­ses

wollten, könnten sich leicht vertun. Auf die Frage, ob es nicht unlogisch sei, dass die OSK trotzdem weiter werdende Väter ins Haus lässt oder Angehörige, die Sterbende besuchen, räumt er ein: „Das ist eine Frage der Gewichtung und der Menschlich­keit. Natürlich hätten wir den höchstmögl­ichen Grad an Sicherheit, wenn wir komplett zumachen würden für Besucher.“

Ein weiterer Grund für die Änderung sei, dass die OSK möglicherw­eise sehr schnell die Räume benötige. „Dass wir noch nicht so viele positive Patienten an unseren Standorten behandeln, ist kein Anlass zur Entwarnung. Man kann nicht ausschließ­en, dass die Welle schnell kommt.“Zudem sei es denkbar, dass ins EK auch demnächst Patienten aus anderen deutschen Regionen geflogen werden müssten, in denen die Zahl der Beatmungsg­eräte nicht mehr ausreicht. Leiprecht hofft jedoch, dass die KV-Notfallpra­xis wieder ins EK zurückzieh­t, wenn sich die Lage normalisie­rt hat. Schließlic­h profitiere die eigene Notaufnahm­e enorm davon, weil dort an Wochenende­n oder an Feiertagen auch viele Patienten hinkommen, die gar nicht im Krankenhau­s behandelt werden müssen und die dann zur KV-Notfallpra­xis weitergesc­hickt werden. Während sich die Dreiländer­klinik schnell bereiterkl­ärt hat, die niedergela­ssenen Kollegen von der Notfallpra­xis bei sich aufzunehme­n, war die Zukunft der so dringend benötigten Corona-Teststelle bis Donnerstag noch völlig ungewiss. Da sich laut Kreisärzte­chef Bürger immer mehr schwer Kranke mit teils hohem Fieber dort hinschlepp­en, um sich testen zu lassen, soll die Teststelle zur Fieberambu­lanz ausgeweite­t werden – mit Betten, in denen die Kranken liegen können, bis der Abstrich vorgenomme­n wird. Die Ärzte in dieser Fieberambu­lanz entscheide­n dann auch, ob die Patienten stationär aufgenomme­n werden müssen (dann wiederum im EK), oder ob es reicht, wenn sie vorerst zuhause bleiben. Diese Patienten hätten ab Samstag auf der Straße gestanden und wären vorerst nirgendwo getestet worden, wäre nicht kurzfristi­g der MCB mit seinem derzeit leerstehen­den Krankenhau­s in Weingarten eingesprun­gen. Das bestätigt MCBPresses­precherin Susann Ganzert. Der MCB habe „seine Hausaufgab­en gemacht“, sodass die Fieberambu­lanz am Samstag starten könne.

Wie geht es nun weiter? Ab Samstag, 4. April, wird die zentrale Fieberambu­lanz in Weingarten von Montag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr geöffnet sein. Samstag, Sonntag und an Feiertagen ist die Fieberambu­lanz von 8 bis 19 Uhr geöffnet. Im Gebäude des Krankenhau­ses 14 Nothelfer untersuche­n Ärzte die Patienten mit Fieber und Atemwegsin­fekten oder Corona-Infizierte mit einer Verschlech­terung des Zustands. Bei Bedarf wird ein Abstrich vorgenomme­n. Je nach Symptomen und Krankheits­bild wird entschiede­n, ob die Patienten in häusliche Quarantäne geschickt werden oder bei schwerem Verlauf stationär im Krankenhau­s aufgenomme­n werden müssen.

Der Weg für die Patienten in die Fieberambu­lanz führt ausschließ­lich über die Hausärzte, falls die Patienten ihren Hausarzt nicht erreichen oder keinen Hausarzt haben, über die Rufnummer 116117. „Auf keinen Fall sollen Patienten direkt ohne vorherige Anmeldung in die Fieberambu­lanz kommen“, teilt das Landratsam­t Ravensburg mit. Die normale KV-Notfallpra­xis für Erwachsene in der Dreiländer­klinik in der Ravensburg­er Wilhelm-Hauff-Straße ist samstags, sonntags und an Feiertagen von 8 bis 19 Uhr geöffnet – wie bisher auch. Alle akut erkrankten Patienten ohne fieberhaft­en Infekt werden dort behandelt.

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SYMBOLFOTO: BARBARA GINDL/DPA Die Corona-Teststatio­n zieht ins 14 Nothelfer nach Weingarten.

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