Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Spielen oder nicht spielen – das ist hier die Frage
Wie die Festivalleitungen auf die Corona-Krise reagieren – Eine Übersicht von Bregenz bis Wolfegg
Sommerzeit ist Festivalzeit. Doch heuer könnte es ein trauriger Sommer werden. Zwei der bedeutendsten Kulturveranstaltungen in Deutschland sind abgesagt: die Passionsspiele in Oberammergau und die Bayreuther Festspiele. Und nun kam auch die Absage aus Erl. Wie steht es um die geplanten Musik- und Theaterereignisse in unserer Region? Bregenzer Festspiele, Bodenseefestival, Schwäbischer Frühling, Internationale Wolfegger Konzerte?
„Wir gehen von einem Start der Bregenzer Festspiele aus“, sagt Kommunikationschef Axel Renner. Dieses Jahr sollen die Festspiele mit der Hausopern-Premiere – „Nero“von Arrigo Boito – am 22. Juli eröffnet werden. Ab 23. Juli ist auf der Seebühne wieder „Rigoletto“zu sehen. Die jetzige Absage Bayreuths, so vermutet Renner, könnte mit dem frühen Probentermin auf dem Grünen Hügel zusammenhängen. „Wir in Bregenz beginnen jedoch mit den Proben für die Hausoper erst Anfang Juni. Und für die Seebühne sogar erst Mitte Juni.“
Man hoffe, dass sich die Situation bis zum Sommer entspanne. Und was wäre, wenn nicht? Renner hält sich bedeckt. Aber es gibt einen Plan B. Dass eine Absage weitreichende Folgen für die Festspiele hätte, ist klar. Als vor ein paar Jahren die Seebühnenproduktion „André Chénier“nicht den gewünschten finanziellen Erfolg hatte, mussten sich die Festspiele ein radikales Sparprogramm verordnen. Wie die Salzburger Festspiele müssen auch die Bregenzer 80 Prozent ihres Budgets in Höhe von 23 Millionen Euro selbst erwirtschaften.
Ob eine Veranstaltung abgesagt wird, hat aber nicht allein die Festspielleitung zu entscheiden. Sie muss wie alle anderen staatlichen
Wie ist der Fahrplan?
Wir sind in ständigem Austausch mit unseren Mitveranstaltern, den zuständigen Behörden und beobachten
Vorgaben folgen. Ist das Versammlungsverbot aufgehoben? Sind die Grenzen offen? „Nur für Österreich zu spielen, brächte nichts. Die meisten unserer Gäste kommen aus Deutschland“, sagt Renner. Doch wie ein Mantra wiederholt er: „Wir hoffen und glauben, dass wir spielen.“
Auch das andere Großereignis, die Salzburger Festspiele, gehen momentan noch davon aus, dass im
Sommer gespielt wird. Ulla Kalchmair, die Pressechefin, verweist auf den Stufenplan, den die Festspiele vergangene Woche online gestellt haben. Darin heißt es unter anderem, dass am 15. April entschieden werde, ob die Pfingstfestspiele vom 29. Mai bis 1. Juni stattfinden können. Cecilia Bartoli, die künstlerisch Hauptverantwortliche, sei voller Optimismus, denke aber auch bereits über Alternativen
nach. Am 30. Mai soll dann die Entscheidung über die Sommerspiele fallen. Wie überall hängt alles vom Verlauf der Pandemie und den damit zusammenhängenden politischen Entscheidungen ab. „Aber die Hoffnung, dass die Festspiele ihr Jubiläum mit Musik und Theater begehen können, darf bestehen bleiben“, teilen die Festspiele mit.
Am 2. Mai soll das Bodenseefestival mit einem Konzert des Percussionisten Martin Grubinger, heuer auch Artist in Residence, und dem Belgian National Orchestra eröffnet werden. Ein außergewöhnliches Programm wird angekündigt, ebeno außergewöhnlich wie das der anderen Artists in Residence: Die vier jungen Musiker vom Vision String Quartet unterscheiden nicht zwischen E- und U-Musik und passen hervorragend zum Motto des 32. Bodenseefestivals: „Über Grenzen“. Momentan geht Geschäftsführerin Katharina Galehr (siehe Interview) davon aus, dass der Termin gehalten werden kann.
Allerdings zeigen sich schon erste Schatten, wenn man die Homepage (www.bodenseefestival.de) aufmacht: „Aufgrund der aktuellen, dynamischen Entwicklung und der damit verbundenen Empfehlungen der Behörden ergeben sich Änderungen im Programm.“Es werden Verlegungen angekündigt, aber auch Absagen von Veranstaltungen in Achberg und Tettnang.
Ob der „Schwäbische Frühling“(20. bis 24. Mai) in der geplanten Form ablaufen kann, ist noch nicht sicher, wie Linus Roth vor einigen Tagen gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“angedeutet hat: „Man muss sehen, wie sich die Situation entwickelt.“Der Violinvirtuose ist der neue Intendant des Musikfestivals in Ochsenhausen.
Roth hat ein ambitioniertes Programm zusammengestellt mit dem Schumann Quartett oder der Gaechinger Cantorey und der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, die Beethovens Neunte in Rot an der Rot aufführen will. Die meisten Veranstaltungen sind bereits ausverkauft.
Mit demselben Orchester gestaltet der Dirigent Manfred Honeck dieses Jahr die Internationalen Wolfegger Konzerte (26. bis 28. Juni). Werke von Schubert stehen in den drei Konzerten auf dem Programm: In der Alten Pfarr spielt das Eliot Quartett das Streichquartett G-Dur D 887, im Rittersaal erklingt die große C-Dur-Symphonie und im Kirchenkonzert seine Es-DurMesse. Die Konzerte sind schon gut gebucht.
Auch hier gilt: Wie es weitergeht, weiß man nicht. „Wir haben immer noch die Hoffnung, dass die Junifestspiele stattfinden können“, sagt Bernd Mayer, Geschäftsführer des Freundeskreises Wolfegger Konzerte.