Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Einkaufs-Check: Nicht alle Kunden sind rücksichtsvoll
Viele Läden weisen vielfach auf richtiges Verhalten hin – Spuckschutz für kleine Geschäft schwer zu bekommen
RAVENSBURG - Abstand zu anderen Menschen zu halten, ist das Gebot in der Corona-Krise, um eine Ansteckung mit dem neuartigen Virus möglichst zu vermeiden: Doch gelingt das auch beim Einkaufen? Nicht immer, wie der Einkaufs-Check in und um Ravensburg mit Eindrücken der vergangenen Tage zeigt.
Im Baienfurter Rewe-Markt hängen überall Zettel. An den Kühlregalen, den Obstständen, den Kassen. 1,50 Meter Abstand soll man einhalten, aber abgesehen vom Raum vor den Kassen hält sich kaum jemand dran. Zwei Frauen, die sich offenbar kennen, stehen vor dem Kühlregal mit Fertignudeln und Maultaschen und tratschen in aller Seelenruhe. Wer zwischen ihnen durch möchte, kann höchstens einen Abstand von 50 Zentimetern einhalten. Handschuhe trägt von den Kunden fast niemand.
Im Kaufland, einem der größten Einkaufsmärkte in Ravensburg, sitzen die Kassierer hinter Plexiglasscheiben. In der Obst- und Gemüseabteilung heißt es auf Schildern, man solle nur die Ware anfassen, die man auch kaufen wird. An der Wurstverkaufstheke zeigt ein Klebestreifen am Boden, dass man mehr Abstand halten soll – beim Greifen der Papiertüte, die die Verkäuferinnen auf die Theke legen, braucht man lange Arme, wenn man den Strich nicht übertreten will. Die Verkäufer auf der Fläche werden häufig angesprochen. Ob der Abstand dabei immer groß genug ist, hängt von der Rücksicht der Kunden ab. Beim Weg durch enge Regalgänge kann man einen Abstand von eineinhalb Metern kaum einhalten, aber die meisten Einkäufer gehen schnell aneinander vorbei. Unverständlich: Viele Paare sind auch jetzt gemeinsam im Supermarkt unterwegs.
Größeres Gedränge herrscht zum Beispiel bei Aldi. Einlassbeschränkungen, wie sie aus anderen Bundesländern berichtet werden, gab es bei einem Besuch an einem Vormittag unter der Woche nicht. Vor dem Lidl in der Nordstadt achtet vor der Tür ein Sicherheitsmitarbeiter darauf, dass nicht zu viele Menschen gleichzeitig in den Laden eintreten. Dort arbeiten die Kassiererinnen hinter einem Spuckschutz, der vorgeschriebene Mindestabstand wird von den einkaufenden Menschen allerdings in keiner Weise eingehalten. Die Kassiererin weist darauf hin, wenn jemand beim Auflegen der Ware aufs Band zu nah an den Vordermann aufrückt.
Übervoll war es am Freitagnachmittag im Gartenmarkt Dehner, wo sich die Kunden mit Blumen, Erde und allerlei Utensilien offenbar mit Beschäftigung fürs schöne Wochenende eindeckten.
Alles vorbildlich bei Alnatura in Ravensburg – und das schon seit einem sehr frühen Zeitpunkt. Schon am Eingang informiert ein Schild darüber, dass nur eine bestimmte Anzahl Kunden gleichzeitig in den
Markt darf. Spuckschutz an den Theken und den Kassen ist obligatorisch, genauso wie Abstandsmarkierungen, die nicht erst direkt an der Kasse beginnen. Zusätzlich weisen zahlreiche Schilder auf Hygienevorschriften hin. Alnatura bittet gleichzeitig möglichst um bargeld- und kontaktloses Bezahlen. Die Kunden halten sich brav an die Regeln. Die Abstände sind groß, die Wartenden geduldig. Fast alle zahlen mit Karte.
Vorteil: Wer mit einer entsprechend ausgerüsteten Karte bezahlt, muss praktisch nirgendwo in Ravensburg mehr seine PIN eingeben, Vorhalten der Karte vors Display genügt.
Bei Edeka in der Ravensburger Weststadt ist das Einkaufen am Vormittag relativ entspannt. Vor dem Eingang fordert ein schwarzes Schild mit gelben Herzchen die Kunden auf, Abstand zu Mitarbeitern und anderen Kunden zu halten, niemanden zu berühren, in die Armbeuge zu niesen oder zu husten, sich nicht unnötig zu „bevorraten“und lieber mit Karte als mit Bargeld zu bezahlen. Vor den Kassen weisen gelbe Klebestreifen darauf hin, man solle bitte einen Hygieneabstand von eineinhalb Metern einhalten. Die Handvoll Kunden halten sich an den vorgeschriebenen Abstand, die Kassierer machen hinter einer Plexiglaswand unaufgeregt ihren Job – manche tragen Handschuhe. Eine Kassiererin wischt ab und zu das Kassenband mit Desinfektionsmittel.
Auch im Unverpackt-Laden in Ravensburg steht man dem Personal nach wie vor am Tresen gegenüber, eine Plexiglaswand gibt es nicht – da sich dasselbe Personal auch im Laden bewegt, wäre das auch nicht mehr als ein Symbol. Stattdessen wird am Eingang darauf hingewiesen, dass man sich als Kunde beim Betreten des Ladens die Hände desinfizieren soll. Ein entsprechender Spender ist aufgestellt. Griffe und Türklinken würden regelmäßig desinfiziert, teilten die Betreiber ihren Kunden außerdem im sozialen Netzwerk Facebook mit.
Je kleiner die Geschäfte sind, desto schwieriger kamen sie an entsprechende Glaswände ran, wie die Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten, Karin Brugger, in der Region schildert. Die Anbieter seien mit der Lieferung zunächst kaum nachgekommen. Inzwischen sehe man die Abtrennungen aber nahezu flächendeckend, was zum Schutz der Mitarbeiter wichtig und richtig sei. „Im Kassiererbereich ist es zurzeit nicht so angenehm, wenn man nah am Kunden ist“, sagt Brugger. In Metzgereien und Bäckereien sei der Abstand zum Verkäufer ohnehin größer und die Ware schon seit jeher durch Glasscheiben, den sogenannten Spuckschutz, gut geschützt, so Brugger. Nach der Krise müsse überprüft werden, welche neu aufgebauten Schutzvorrichtungen vielleicht auch grundsätzlich sinnvoll sind, und welche wieder abmontiert werden sollten.
Wer beim Baumarkt Bauhaus in der Ravensburger Nordstadt einkauft, der wurde schon vor zwei Wochen direkt am Eingang darauf aufmerksam gemacht, dass gewisse Regeln eingehalten werden müssen. Eine Sicherheitsfrau steht an der Glastür und schaut, dass nicht zu viele Kunden auf einmal durch die Tür gehen. Wer eine Frage ans Personal hat, bekommt Antworten – im Abstand von zwei Metern. Kunden, die sich zwischen den Regalen treffen, gehen oft einen Bogen und durch einen anderen Gang. Vor den Kassen sind gelb-schwarze Klebebänder auf dem Boden angebracht, die den Abstand von zwei Metern zum nächsten Kunden sicherstellen sollen. Selbst bei deutlich längeren Schlangen halten sich die Kunden an die Regeln und reihen sich bis zu den Regalen. Auch im Bauhaus ist Kartenzahlung erwünscht.
Die Berichterstattung zur CoronaPandemie im Landkreis findet sich unter www.schwäbische.de/ corona-kreisrv