Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nicht die Zeit für Grabenkämpfe und auch nicht für Tage am See
Im bisherigen Verlauf der Corona-Krise war gut zu beobachten, wie lange es brauchte, bis sich Bund und Länder einigermaßen synchronisiert und auf ein abgestimmtes Vorgehen geeinigt haben. Mittlerweile funktioniert das offenbar recht geschmeidig. Auf den unteren Ebenen ist dieser dringend notwendige Prozess allerdings noch in vollem Gang. Vorhandene Schwächen in der Kommunikation und Zusammenarbeit werden jetzt besonders deutlich sichtbar, weil sich Kompetenzen und Zuständigkeiten an vielen Stellen überschneiden. Dazu mögen Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten kommen. Bürgermeister berichten, sie hätten in den ersten Tagen des Ausnahmezustandes große Probleme gehabt, alle notwendigen Institutionen und Personen für Krisengespräche an einen (virtuellen) Tisch zu bekommen. Das Chaos um die Teststation am Elisabethenkrankenhaus (EK) ist ein weiteres gutes (in diesem Falle: schlechtes) Beispiel für das Durcheinander. Unter anderem zwischen Kreis und Kreisärzteschaft knirschte es da, mit der Gefahr, dass eine Lösung beinahe gescheitert wäre. Das 14 Nothelfer in Weingarten wird nun zum Glück einmal mehr seinem Namen gerecht. Von Samstag an kann hier weiter getestet werden – mit deutlich weniger Risiko, weil niemand mehr – wie am EK zu Recht befürchtet – das Virus in einen auf Hochtouren laufenden Klinikbetrieb einschleppen kann.
Um das Weingartener Krankenhaus hatte es in den Tagen zuvor schon viele Fragezeichen gegeben. Seit zwei Wochen steht es jetzt leer, der Medizin Campus Bodensee (MCB) hat das Personal in seine Kliniken Tettnang und Friedrichshafen abgezogen, um dort Kräfte zu bündeln. Ob es für das Haus nun über die jetzt dort einziehende Teststation hinaus Pläne gibt, ist weiterhin unklar. Will man das Krankenhaus für Corona-Patienten im Notfall wieder hochfahren, wie von Sozialminister Manne Lucha vor drei Wochen schon einmal öffentlich durchgespielt? Zumindest zu diesem Zeitpunkt wusste man beim MCB offenbar von der Idee noch nichts, im Ravensburger Landratsamt wohl auch nicht. Inzwischen gab es immerhin Hintergrundgespräche für mögliche regionale Lösungen. Man sieht schon: Diese Krise diktiert gerade eine ziemlich ausführliche To-doListe für die Zeit danach, die hoffentlich bald kommt.
Apropos: Die Zeit für Sommertage am Bodensee wird wieder kommen. Jetzt ist sie definitiv noch nicht. Liebe Ravensburger, liebe Weingartener, liebe Schussentaler: Folgen Sie der Bitte der Bürgermeister vom See und genießen Sie das schöne Wetter in den nächsten Tagen im Garten oder auf dem Balkon. Wenn jetzt zu viele Besucher die Promenaden und Grünanlagen in Friedrichshafen, Langenargen und Kressbronn stürmen, wird das für alle zu einer unnötigen Gefahr. Und es könnte erste Erfolge der schmerzhaften Beschränkungen zunichtemachen. Bleiben Sie bitte weiter zu Hause!