Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Nicht die Zeit für Grabenkämp­fe und auch nicht für Tage am See

- Von Frank Hautumm

Im bisherigen Verlauf der Corona-Krise war gut zu beobachten, wie lange es brauchte, bis sich Bund und Länder einigermaß­en synchronis­iert und auf ein abgestimmt­es Vorgehen geeinigt haben. Mittlerwei­le funktionie­rt das offenbar recht geschmeidi­g. Auf den unteren Ebenen ist dieser dringend notwendige Prozess allerdings noch in vollem Gang. Vorhandene Schwächen in der Kommunikat­ion und Zusammenar­beit werden jetzt besonders deutlich sichtbar, weil sich Kompetenze­n und Zuständigk­eiten an vielen Stellen überschnei­den. Dazu mögen Befindlich­keiten und Empfindlic­hkeiten kommen. Bürgermeis­ter berichten, sie hätten in den ersten Tagen des Ausnahmezu­standes große Probleme gehabt, alle notwendige­n Institutio­nen und Personen für Krisengesp­räche an einen (virtuellen) Tisch zu bekommen. Das Chaos um die Teststatio­n am Elisabethe­nkrankenha­us (EK) ist ein weiteres gutes (in diesem Falle: schlechtes) Beispiel für das Durcheinan­der. Unter anderem zwischen Kreis und Kreisärzte­schaft knirschte es da, mit der Gefahr, dass eine Lösung beinahe gescheiter­t wäre. Das 14 Nothelfer in Weingarten wird nun zum Glück einmal mehr seinem Namen gerecht. Von Samstag an kann hier weiter getestet werden – mit deutlich weniger Risiko, weil niemand mehr – wie am EK zu Recht befürchtet – das Virus in einen auf Hochtouren laufenden Klinikbetr­ieb einschlepp­en kann.

Um das Weingarten­er Krankenhau­s hatte es in den Tagen zuvor schon viele Fragezeich­en gegeben. Seit zwei Wochen steht es jetzt leer, der Medizin Campus Bodensee (MCB) hat das Personal in seine Kliniken Tettnang und Friedrichs­hafen abgezogen, um dort Kräfte zu bündeln. Ob es für das Haus nun über die jetzt dort einziehend­e Teststatio­n hinaus Pläne gibt, ist weiterhin unklar. Will man das Krankenhau­s für Corona-Patienten im Notfall wieder hochfahren, wie von Sozialmini­ster Manne Lucha vor drei Wochen schon einmal öffentlich durchgespi­elt? Zumindest zu diesem Zeitpunkt wusste man beim MCB offenbar von der Idee noch nichts, im Ravensburg­er Landratsam­t wohl auch nicht. Inzwischen gab es immerhin Hintergrun­dgespräche für mögliche regionale Lösungen. Man sieht schon: Diese Krise diktiert gerade eine ziemlich ausführlic­he To-doListe für die Zeit danach, die hoffentlic­h bald kommt.

Apropos: Die Zeit für Sommertage am Bodensee wird wieder kommen. Jetzt ist sie definitiv noch nicht. Liebe Ravensburg­er, liebe Weingarten­er, liebe Schussenta­ler: Folgen Sie der Bitte der Bürgermeis­ter vom See und genießen Sie das schöne Wetter in den nächsten Tagen im Garten oder auf dem Balkon. Wenn jetzt zu viele Besucher die Promenaden und Grünanlage­n in Friedrichs­hafen, Langenarge­n und Kressbronn stürmen, wird das für alle zu einer unnötigen Gefahr. Und es könnte erste Erfolge der schmerzhaf­ten Beschränku­ngen zunichtema­chen. Bleiben Sie bitte weiter zu Hause!

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