Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Buchhändler sind von Kunden beeindruckt
Große Nachfrage nach Bücherlieferungen – Menschen besinnen sich auf lokalen Handel
So langsam wird das anstrengend mit den Plagen in der Quasi-Quarantäne. Da die Wissenschaftler mit einem Impfstoff gegen Corona einfach nicht in die Pötte kommen, löst der Ravensburger das Problem einfach selbst. Und im Schussental weiß man ganz genau, was man zusammenmixen muss, um selbst dem übelsten Virus verlässlich den Garaus zu machen.
RAVENSBURG - Corona trifft alle Wirtschaftszweige. Auch die lokalen Buchhändler leiden. Dennoch versuchen sie, über Lieferservice einen kleinen Teil ihrer Umsätze zu retten und die Menschen weiterhin mit Büchern zu versorgen. Was Hoffnung macht: Die Leute bestellen nicht nur. Sie äußern sich auch sehr dankbar, dass in Krisenzeiten der Buchhandel weiter für sie da ist.
Martin Riethmüller, Buchhandlung Ravensbuch: „Unser Angebot der Bücherauslieferung wird von den Kunden sehr gut angenommen. Telefon- und Onlinebestellungen sind drei- bis viermal so hoch wie vor Corona. Leider ist das nur ein Tropfen
auf den heißen Stein, weil ja unser Laden geschlossen ist. Beim Online-Geschäft bleibt finanziell kaum etwas übrig. In Ravensburg sind für uns täglich vier Fahrer in der Auslieferung im Einsatz, zudem verschicken wir Bücher per Post. Unser Telefon ist praktisch immer besetzt, alle Mitarbeiter engagieren sich sehr. Das ist eine einmalige Truppe. Von den Kunden haben wir viele tolle Rückmeldungen. Die Menschen freuen sich, dass wir weiter für sie da sind. Wenn wir auch teilweise nicht mehr in der Lage sind, Bestellungen von heute morgen schon zuzustellen, weil die Verlage und Grossisten nur noch an vier statt an sechs Tagen die Buchhandlungen beliefern. Die meisten Kunden haben dafür großes Verständnis;
die Verlage haben es derzeit auch nicht leicht. Die Solidarität unserer Kunden beeindruckt mich sehr.“
Anna Rahm, Buchhandlung „Mit Büchern unterwegs“: „Meine tollen Mitarbeiter werden unterstützt durch Freunde und Helfer, die mit dem Rad oder dem Auto Bücher ausliefern. In der Innenstadt machen wir das auch zu Fuß, quasi nebenbei. Ich bin total gerührt und beglückt über die Reaktionen unserer Kunden. Viele Mails kommen, auch ohne konkrete Bestellung, aber mit vielen guten Wünschen für uns. Wir verpacken unsere Bücher mit vorhandenen Materialien, um nicht zusätzlichen Müll zu produzieren. Die Steigerung des Liefergeschäfts schätze ich auf mindestens 60 Prozent. Der Buchhandel
kann sich glücklich schätzen, dass wir durch den Lieferservice so agieren können, denn nur so können wir vielleicht eine weitere Runde in der Krise überstehen. Wir dürfen übrigens inzwischen, vom Ordnungsamt genehmigt, auch Bücher vor unserem Laden zur eigenen Abholung ablegen. Dennoch haben wir natürlich, wie alle anderen auch, teilweise bei Bestellungen Lieferschwierigkeiten. Die Hälfte der bestellten Bücher kommt einfach nicht. Es ist echt wild.“
Uwe Kunze, Buchhandlung Immanuel: „Wir haben eine sehr lange Erfahrung mit unserem Onlineshop, doch derzeit nimmt das Bestellvolumen dort extrem zu. Amazon hat auch Lieferprobleme, daher besinnen sich auch bisherige Nichtkunden wieder auf den lokalen Handel. Wir versenden bei uns bestellte Ware weitestgehend mit der Post, und zwar immer gegen Rechnung, ohne persönlichen Kontakt zum Empfänger. Natürlich verdienen wir wenig oder teilweise gar nichts an diesen Büchersendungen. Ich sehe das alles daher eher als Instrument der Kundenbindung. Wir bemühen uns um unsere Kunden, da steht der Service-Gedanke absolut im Vordergrund. Ich denke, der positive Effekt dieser Krise ist, dass sich viele Menschen wieder auf die Bedeutung des lokalen Handels besinnen. Die Wertschätzung für unsere Arbeit ist massiv gestiegen. Die Rückmeldungen sind ausschließlich positiv. Unsere Kunden sind froh, dass es uns gibt.“