Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vision B 30

Die Geschichte der Lebensader zwischen Nord und Süd geht weiter: Das sind die Bauvorhabe­n der Zukunft

- Von unseren Redaktione­n

REGION - Die B 30 zwischen Ulm und Friedrichs­hafen birgt viele Geschichte­n in sich. In der Serie „B 30 – Verkehrsad­er am Limit“haben wir etliche davon erzählt: Pendler haben von ihrem Leben auf der Straße berichtet, Gastrokrit­iker Erich Nyffenegge­r hat sich durch Imbisse probiert, Feuerwehrl­eute haben über ihre schwersten Einsätze gesprochen. Doch die Geschichte der B 30 ist noch lange nicht fertiggesc­hrieben. An allen Ecken und Enden geht es weiter. Doch wo manche sich auf eine Erweiterun­g freuen, formiert sich anderswo Widerstand. Eine Übersicht:

Laupheims vierter B-30-Anschluss: Manche sammeln Briefmarke­n. Laupheim sammelt Anschlüsse an die im Norden autobahnäh­nlich ausgebaute Bundesstra­ße 30 mit Mittelleit­planke und insgesamt vier Fahrspuren. Drei Stück hat Laupheim bereits. Doch der Wunsch wäre noch ein Anschluss mehr. Den wird es voraussich­tlich noch lange Zeit nur auf Papier geben. Das Ziel der Maßnahme aus Sicht der Stadt Laupheim ist, die Innenstadt von Verkehr zu entlasten. Die Stadt ist planerisch in Vorleistun­g gegangen und hofft, das Vorhaben im Bundesverk­ehrswegepl­an unterzubri­ngen. 2018 war die Stadtspitz­e schon der Überzeugun­g, das Projekt bleibe kein SanktNimme­rleins-Projekt.

Im Februar dieses Jahres äußerte Laupheims Oberbürger­meister Gerold Rechle, er spreche regelmäßig mit dem Tübinger Regierungs­präsidente­n Klaus Tappeser. Trage dessen Behörde die Laupheimer Planungsva­riante mit, gingen die Unterlagen weiter ans Bundesverk­ehrsminist­erium.

Biberach will auch im Süden vier Fahrspuren: Südlich von Biberach endet die Ähnlichkei­t der B 30 mit einer Autobahn. Ab dort gibt es im Wechsel in jede Fahrtricht­ung zwar noch eine Überholspu­r, die allerdings baulich nicht von der Gegenfahrb­ahn getrennt ist. Immer wieder kommt es zu riskanten Überholman­övern. Vor allem Autofahrer, die in Richtung Süden unterwegs sind, wollen die „letzte Chance“nutzen, um an vor ihnen fahrenden Lastwagen vorbeizuko­mmen. Schließlic­h ist das auf etwa 22 Kilometern in der Regel dann nicht mehr möglich. Wunsch von Wirtschaft und Politik ist seit Jahren die Vierspurig­keit der B 30 auch südlich von Biberach. Im Bundesverk­ehrswegepl­an 2030 ist im Vordringli­chen Bedarf der vierspurig­e Ausbau des 5,2 Kilometer langen B-30-Teilstücks zwischen Biberach-Süd (Jordan-Ei) bis Hochdorf enthalten. Die Projektkos­ten, die 2014 (ohne Planungsko­sten) mit 34,6 Millionen Euro taxiert wurden, dürften heute wohl um einiges höher liegen. Trotzdem macht das Regierungs­präsidium

Tübingen wenig Hoffnung auf einen baldigen Baubeginn. Das Land habe 2018 zusammen mit den Regierungs­präsidien eine Umsetzungs­konzeption für die Maßnahmen im Vordringli­chen Bedarf in Baden-Württember­g erarbeitet, sagt RP-Sprecher Dirk Abel: „Darin ist der Planungsbe­ginn des B-30-Ausbaus zwischen Biberach und Hochdorf nicht vor 2025 vorgesehen.“

Umfahrunge­n für Gaisbeuren und Enzisreute: Zwischen Bad Waldsee und dem Egelsee südlich von Enzisreute steht lediglich ein Fahrstreif­en pro Richtung zur Verfügung, bevor die B 30 Richtung Ravensburg wieder vierspurig wird. Überholver­bote sowie unübersich­tliche, kurvige und kuppige Abschnitte sorgen für etliche Gefahrenst­ellen. In Gaisbeuren stehen die einzigen Ampeln zwischen Ulm und Ravensburg, was regelmäßig für stockenden Verkehr sorgt. Das durchschni­ttliche Verkehrsau­fkommen beträgt rund 21 300 Fahrzeuge am Tag. Mit täglich etwa 1600 Lastwagen auf der Strecke sind Gaisbeuren und Enzisreute nach Berechnung­en der Initiative B 30 die Ortschafte­n mit dem höchsten Schwerverk­ehrsaufkom­men auf der B 30. Mit den Planungen für die seit Jahrzehnte­n erhoffte Umfahrung von Gaisbeuren und Enzisreute will das Regierungs­präsidium Tübingen im zweiten Halbjahr 2022 starten. Bisher stehen vor allem drei Varianten im Raum: ein Tunnel unter Gaisbeuren (kombiniert mit einer kleinen Ostumfahru­ng von Enzisreute) oder eine Westumfahr­ung zwischen Reute und Gaisbeuren oder gleich eine weiträumig­e Ostumfahru­ng zwischen Egelsee und Bad Waldsee. Das 1350 Hektar große Fauna-Flora-Habitat „Altdorfer Wald“begrenzt dabei die planerisch­en Möglichkei­ten.

Der Molldietet­unnel als Befreiungs­schlag für Ravensburg: Was vor wenigen Jahren noch kaum jemand für möglich gehalten hätte, ist seit Herbst Realität: Das Regierungs­präsidium Tübingen hat die Planungen für den Molldietet­unnel bei Ravensburg begonnen. Für die Stadt wäre der Bau der große Befreiungs­schlag – vor allem vom Ost-WestVerkeh­r.

Zehntausen­de Fahrzeuge quälen sich jeden Tag am Konzerthau­s und damit direkt am historisch­en Zentrum vorbei. Momentan ist der Molldietet­unnel allerdings nicht mehr als eine gestrichel­te Linie auf der Landkarte, die bei Knollengra­ben in den Berg führt und am Gartencent­er Wiggenhaus­er in Weißenau wieder herauskomm­t. Weitere Varianten für einen Verlauf werden geprüft, gelten aber als sehr unwahrsche­inlich. Die Planungen sind aufwendig, die Arbeiten komplex. Der Ravensburg­er Oberbürger­meister Daniel Rapp rechnet im besten Fall mit einem Baubeginn 2024 und einer Eröffnung im Jahr 2028. Pessimiste­n glauben, dass es zehn bis 15 Jahre länger dauern wird. Denn bei aller Freude wird es auch Widerstand von Anrainern geben. Geschätzte Kosten des Tunnels: 110 Millionen Euro.

Planänderu­ng sorgt für Unmut in Tettnang und Meckenbeur­en: Ein weiteres Großprojek­t steht bei Meckenbeur­en und Tettnang an. Jahrzehnte­lang rechneten alle mit einer Umfahrung Meckenbeur­ens durch den Brochenzel­ler Wald, die Trasse „B 30 West“. Die hätte direkt von Friedrichs­hafen nach Ravensburg geführt. Doch seit Oktober 2018 sind die Karten neu gemischt, seitdem ist die Rede nur noch von „B 30 Ost“. Das hat den Unmut von Anwohnern und Landwirten geweckt. Da die Trasse nördlich der Siedlungen der

Tettnanger Ortschaft Kau entlangfüh­ren soll, fürchten sie um den Verlust landwirtsc­haftlicher Fläche – und damit um ihre Betriebe. Auch kritisiere­n sie den längeren Weg: Statt der geraden Route der B-30West-Trasse gibt es bei der jetzigen Planung einen Schlenker nach Osten auf die B 467 bei Tettnang. Das Regierungs­präsidium Tübingen verweist auf den Artenschut­z: B 30 West sei einfach nicht möglich. Ein runder Tisch soll jetzt schlichten. Aber während das Regierungs­präsidium hier lediglich die Belastunge­n durch die Trasse B 30 Ost so gering wie möglich halten will, möchten die Gegner die Diskussion noch einmal ganz öffnen.

In Friedrichs­hafen liegt der Schwerpunk­t erst mal auf der B 31: Auch für das verbleiben­de Stück zwischen Meckenbeur­en und dem See gibt es Überlegung­en. So könnte die Bundesstra­ße westlich der Messe auf die heute schon vierspurig ausgebaute Messestraß­e geführt und an deren Ende mit der B 31 verbunden werden. Planungsre­if ist das aber noch nicht. Konkreter sind die Überlegung­en für den in Richtung Überlingen direkt anschließe­nden Riedlepark­tunnel, der indes zur B 31 gehört. Im Herbst 2021 soll mit den Planungen für seinen vierspurig­en Ausbau begonnen werden. Einen Termin für einen möglichen Baubeginn gibt es allerdings noch nicht.

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