Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Streiks wandern von der Straße ins Internet
In Ravensburg organisiert die Klimabewegung Fridays for Future jetzt alles online
RAVENSBURG - Die eigentlich für den 24. April geplante Großdemonstration von Fridays for Future (FFF) fällt coronabedingt aus. Auch in Ravensburg. Das hindert die rund 20 Mitglieder starke Fridays-for-Future-Ortsgruppe allerdings nicht daran, weiterhin aktiv zu sein. Vieles läuft derzeit online. „Wir haben die Streiks von der Straße ins Internet verlegt – denn wir hören auf die Wissenschaftler und bleiben daheim“, sagt Eva Städele von FFF Ravensburg.
Eigentlich seien dieses Jahr „viele coole Aktionen“geplant gewesen – neben den Demos auch eine Kleidertauschbörse und ein Clean-up (Müll-Aufräumaktion). Weil aber niemand weiß, wie lange die Corona-Ausnahmeregelungen noch gelten, ist erst mal alles abgeblasen. Stattdessen treffen sich die Ravensburger Aktivisten über das OnlineVideoportal Zoom. Um zu diskutieren, und ab und zu auch, um Spaß miteinander zu haben. „Wir sind samstagabends schon mal virtuell miteinander ausgegangen“, sagt Städele mit einem Lächeln.
Vor allem aber setzt man bei Fridays for Future derzeit auf OnlineBildung, denn: „Die Corona-Herausforderung kann auch eine Chance sein“, so Städele. Und erzählt begeistert von der Initiative „Wir bilden Zukunft“: Auf der deutschen FFFWebseite kann man sich da etwa YouTube-Videos zu Themen wie „kapitalistischer Wachstumszwang und emanzipatorische Alternativen“, „Ende der Klimakrise – nur mit Verkehrswende“oder „indigene Resilienz – wie man Krisen übersteht“anschauen. Städele findet das super, denn: „Damit erreichen wir viele Menschen.“Zielgruppe sind vor allem diejenigen, die sonst für das Klima auf die Straße gegangen wären. Nun wolle man diese Energie anders nutzen und den Leuten „tiefes Wissen vermitteln und einen gesellschaftlichen Werte-Diskurs anstoßen“, macht die Ravensburgerin deutlich. Werden im Zuge der Corona-Pandemie, in der es nur noch einen Bruchteil des sonst üblichen Flugverkehrs gibt, nun in gewisser Weise Ziele der FFF-Bewegung erreicht? Da möchte Städele keine Parallelen ziehen, schließlich sei die Pandemie eine humanitäre Katastrophe. Dennoch räumt sie ein: Der Umgang mit der Pandemie mache deutlich, „dass wir auf Experten hören können, wenn wir nur wollen, und dass Menschenleben wichtiger sein sollten als Profit“. Dass etwa die Emissionen kurzfristig sinken, bringe allerdings nur bedingt etwas – es sei denn, nach der Krise würde mehr in zukunftsträchtige Branchen investiert werden.
Weil ihr das Engagement für die Umwelt am Herzen liegt, lernt Städele momentan nicht nur täglich fünf Stunden auf ihr Abitur, sie investiert mindestens dieselbe Zeit in Fridays for Future. „Aber das mache ich gerne“, sagt sie. Und berichtet von vielen „tollen Erfahrungen“. Derzeit treffe sie sich über Zoom oft mit Aktivisten aus der ganzen Welt. Dabei erfahre sie viel darüber, wie in anderen Ländern mit Corona umgegangen werde. Außerdem habe FFF für alle Aktiven einen offenen, fast rund um die Uhr erreichbaren Zoom-Raum eingerichtet, in dem sie sich in der Krise gegenseitig unterstützen. Dort gibt es von Infos zu Nahost und Griechenland über Yoga bis hin zum Backkurs oder einer Gute-Nacht-Geschichte die unterschiedlichsten Angebote.
Abgesehen davon, fordert die FFF-Gemeinde auch zur ganz konkreten Hilfestellung in Zeiten von Corona auf, wie Städele berichtet: „Wir springen für Senioren ein, die gerade nicht ehrenamtlich in der Tafel arbeiten können.“Darüber hinaus gehen die zwischen 15 und 23 Jahre alten Jugendlichen des Ravensburger FFF-Orgateams für ihre Nachbarn einkaufen oder spenden Blut. Und für alle, die doch irgendwie ein bisschen demonstrieren wollen, auch wenn sie sich aktuell nicht auf der Straße versammeln können, hat Eva Städele folgenden Tipp: Sie können am 24. April ein entsprechendes Plakat aus dem Fenster halten.