Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Auftreten eines neuen Erregers ist immer möglich“
RAVENSBURG - Die Gefahr für eine neue Pandemie hängt von verschiedenen Faktoren ab. Der Virologe Professor Thomas Mertens hat Daniel Hadrys erklärt, welche das sind.
Wie groß ist die Gefahr einer neuen Pandemie mit einem unbekannten Erreger?
Das Auftreten eines für den Menschen neuen Erregers ist prinzipiell immer möglich, meistens handelt es sich ja, wie gestern besprochen, um Wirtswechsel von Tierspezies auf den Menschen oder um „gemischte“Viren, wie bei Influenza-A-Viren mit Anteilen von z.B. „Vogelviren“und „Menschenviren“. Solche neuen Viren sind regelmäßig aufgetreten, z.B. 1977 Ebolavirus, 1983 HIV, 1994 Hendravirus, 1997 Influenza-A-Virus (H5N1), 1998 Niphavirus, 2003 SarsCoV-1, 2009 Influenza-A-Virus (H1N1 Schweinegrippe), 2019 Sars-CoV-2. Ob ein solches Virus eine Pandemie auslösen kann, man sagt pandemisches Potential besitzt, hängt vor allem von der Art der Ausscheidung und Übertragung, von der Umweltresistenz des jeweiligen Virus, einer leichten Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch und davon ab, ob es aufgrund von kreuzreagierenden Antikörpern gegen bereits bekannte Viren eine gewisse „Basisimmunität“in der Bevölkerung gibt. Wenn die genannten Voraussetzungen für ein neues Virus „günstig“sind, dann kann eine Pandemie entstehen. Den Zeitpunkt kann niemand vorhersagen. Ob man einen begonnenen Ausbruch eindämmen kann, hängt vor allem davon ab, wie viele Neuinfektionen ein Infizierter hervorruft (R0-Wert) und davon, ob nur Erkrankte (SarsCoV-1) oder auch „Gesunde“(SarsCoV-2) das Virus stark ausscheiden. Quarantäne funktioniert im ersten Fall gut.
Wächst die Medizinforschung während einer solchen Pandemie global enger zusammen, sodass vielleicht schneller Impfstoffe oder Medikamente entwickelt werden können?
Ja, das ist sicher so.