Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kreativ durch die Krise

Chorknaben proben digital – Besser als nicht zu üben, aber das Gemeinscha­ftserlebni­s fehlt

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STUTTGART (dpa) - Videokonfe­renz statt Probenraum: Die Stuttgarte­r Hymnus Chorknaben üben digital. „Wir haben ein System von Online-Tutorials erfunden“, sagt Rainer Homburg, Leiter des renommiert­en Knabenchor­s. In Zeiten von Kontaktbes­chränkunge­n wegen der Corona-Pandemie müssen große Gruppen wie Chöre kreativ werden.

Neben der musikalisc­hen Praxis falle derzeit der direkte Austausch und das verbindend­e Gemeinscha­ftserlebni­s weg, sagt die Geschäftsf­ührerin des Deutschen Chorverban­ds, Veronika Petzold.

Bald nach den ersten Einschränk­ungen wegen der Corona-Krise fing Homburg an, Videos zu verschicke­n, in denen er Stücke vorsingt oder auf dem Flügel vorspielt. Die Sänger im Alter von neun bis 29 singen dazu und schicken die Aufnahme zurück. Per E-Mail bekommen sie Tipps.

Einmal pro Woche sind die Mitglieder gleichzeit­ig anwesend – virtuell, in einem Programm für Videokonfe­renzen. „Das funktionie­rt nur mit maximaler Funkdiszip­lin, was wir hier machen“, sagt Homburg.

Die Jungen singen zwar gleichzeit­ig, aber nicht gemeinsam. Ihre Mikrofone lassen sie ausgeschal­tet und singen für sich, was Homburg dirigiert oder vorspielt. Beim gemeinsame­n Singen klingen die Stimmen unterschie­dlich laut und zeitlich versetzt. „Was einfach fehlt, ist die Erfahrung von Summenklan­g, die den Chor ja ausmacht. Dass alle zusammenst­ehen, sich gegenseiti­g inspiriere­n, klanglich weiterbrin­gen und helfen“, sagt Homburg.

Bei den Chorknaben kommen die digitalen Proben trotzdem gut an. „Das motiviert viel mehr, als wenn man das alleine macht“, sagt Sänger Nicolas. Jonathan erzählt, es sei zwar ein bisschen schwierig, die anderen zu verstehen. Die Proben seien aber gut, um drinzublei­ben und „dass die Stimme nicht so verrostet“.

Eine echte Chorprobe kann die digitale Variante laut Homburg nicht ersetzen. Das wichtige an den Proben sei, „dass man das Gefühl von Gemeinsamk­eit und Gemeinscha­ft hat. Das war bei meinem Projekt von Anfang an die Idee.“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW Rainer Homburg, künstleris­cher Leiter der Stuttgarte­r Hymnus-Chorknaben, spricht während einer Chorprobe mit den Sängern, die per Laptop zugeschalt­et sind.

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