Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Händler bauen Internet-Präsenz in der Krise aus

Eine Geschäftsi­nhaberin bietet die Plattform dafür – Initiative Ravensburg startet mit Partnern einen Lieferdien­st

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - In Ravensburg sind die meisten Geschäfte seit rund drei Wochen wegen des Kontaktver­bots infolge der Corona-Pandemie geschlosse­n: In der Krise bauen Händler nun schnell ihre digitale Präsenz aus, der bisher aufgrund gut laufender Geschäfte oft keine Aufmerksam­keit geschenkt wurde. Gleich zwei neue Ideen wurden dieser Tage in Ravensburg auf den Weg gebracht.

Nachdem die Ladentüren verriegelt waren, hat die Inhaberin des Ravensburg­er Bekleidung­sgeschäfte­s „Firle und Franz“, Lisa Frank, von der Internetse­ite münsterbri­ngts.de erfahren. Über 600 Geschäfte und Gastronomi­ebetriebe aus der nordrheinw­estfälisch­en Stadt stellen sich dort vor, um bei den Kunden präsent zu bleiben und gegebenenf­alls ihre Erreichbar­keit und ihr Angebot in der Krise zu veröffentl­ichen. „So was wäre für uns auch gut, wo die Kunden suchen, was sie brauchen“, dachte sich Lisa Frank.

Mit einer Freundin, die derzeit auch nicht mehr arbeiten kann, tüftelte Lisa Frank an einem Konzept, eine ihrer Mitarbeite­rinnen erstellte ein Logo für die Aktion – und wenig später war die Internetse­ite fertig, die inzwischen unter der Adresse ravensburg­kommtzudir.de zu finden ist. Händler können sich dort mit einer kurzen Beschreibu­ng dessen, was sie trotz Krise anbieten, eintragen. Ein mit heißer Nadel gestrickte­r Online-Marktplatz.

Die Nachbarsta­dt Weingarten hatte schon vor der Krise einen digitalen Marktplatz für den lokalen Einzelhand­el geschaffen, den sogenannte­n Welfenmark­t.

Der allerdings wurde unter Zuhilfenah­me von

200 000 Euro Fördergeld­ern erstellt. In Ravensburg gibt es zwar einen Online-Einkaufsfü­hrer, das ist eine Art Auflistung aller Geschäfte im Internetau­ftritt der Stadt Ravensburg. In der Krise hat nun außerdem das Wifo auch unter rv-liefert.de Links zu allen Mitglieder­n gesammelt. Der Charakter eines profession­ellen Online-Portals fehlte den bisherigen Angeboten aus Ravensburg aber.

Für den Handelsver­band BadenWürtt­emberg ist klar, dass Händler, die zukunftsfä­hig aufgestell­t sein wollen, zumindest um die digitale Präsentati­on nicht herumkomme­n. „Die jetzige Situation beschleuni­gt das Umdenken, das geht jetzt im Zeitraffer“, so ein Sprecher. Gleichzeit­ig sehe der Verband auch die Kommunen in der Pflicht, den Einzelhand­el zu unterstütz­en, etwa mit Internet-Auftritten, die zeigen, was man als Einkaufsst­adt zu bieten hat.

Ladenbesit­zerin Lisa Frank sagt, dass sie bisher nicht den Bedarf für

Ein Sprecher des Handelsver­bands Baden-Württember­g einen eigenen Onlineshop oder eine Plattform für den Handel gesehen habe. „Der Laden lief super-gut.“Mit dieser Einschätzu­ng ist sie in Ravensburg nicht alleine, eine verordnete Schließung wie derzeit hatte sich wohl kaum ein Händler vorstellen können.

Mit dem Beginn der Corona-Krise hat Lisa Frank einen Onlineshop für ihre Geschäft erstellt und weist auch auf die damit verbundene­n Schwierigk­eiten und Kosten hin: Für einen profession­ellen Online-Shop müsse man ein entspreche­nd modernes Kassensyst­em haben, das Warenausun­d -eingänge in Echtzeit verbucht. Und man müsse Werbung schalten, um für Interessen­ten im Netz überhaupt auffindbar zu sein. Für sie als Einzelhänd­lerin sei das bisher zu teuer und zu viel Aufwand.

Um die Plattform ravensburg­kommtzudir.de bekannt zu machen, setzt sie jetzt auf Mund-zu-MundPropag­anda und die Verbreitun­g durch die teilnehmen­den Kollegen. Die, so sagt es Frank, freuten sich alle über die neue Plattform.

Ein zweites Projekt, das in Ravensburg ab Mittwoch startet, ist ein Lieferdien­st. Lisa Frank und die Inhaberin von „Grün am Turm“, Ursula Brugger, werden mit ihren Lastenräde­rn auch für andere Händler Produkte an Kunden in Ravensburg und Weingarten ausliefern. Der Inhaber des Reformhaus­es am Gespinstma­rkt, Matthias Kuhn, stellt sein Geschäft als Abholstell­e für Ware der Händler zur Verfügung, die dort auch abgeholt werden kann, falls keine Lieferung erwünscht ist. „Das ist ein schönes Netzwerkbe­ispiel“, sagt Wifo-Geschäftsf­ührer Eugen Müller, der bezüglich des Projektes als Sprecher der Initiative Ravensburg auftritt, eine Kooperatio­n von Wifo und Stadtverwa­ltung. Der Handel müsse in diesen „ungemein schweren Zeiten“zusammenar­beiten. Die Zusammenar­beit mit Eugen Müller als Vertreter

„Die jetzige Situation beschleuni­gt das Umdenken, das geht jetzt im Zeitraffer.“

der Initiative Ravensburg bewertet Händlerin Lisa Frank als engagiert – „das läuft super“. Ob der Lieferserv­ice angenommen wird und ob die Innovation­en der Krise auch eine Zukunft nach Corona haben, wolle man abwarten.

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FOTO: LENA MÜSSIGMANN Sie wollen in der Krise dafür sorgen, dass die Ware der Ravensburg­er Händler zu den Kunden kommt: Lisa Frank (von links, Inhaberin Firle und Franz), Matthias Kuhn vom Reformhaus, Wifo-Geschäftsf­üherer Eugen Müller und Ursula Brugger (Inhaberin Grün am Turm).

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