Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Senioren dürfen Hilfsangebote ruhig annehmen“
Sophie Bader von der Stadtverwaltung über Fragen und Redebedarf der Menschen, die bei der Corona-Hotline anrufen
RAVENSBURG - Seit 23. März gibt es bei der Stadt Ravensburg eine Corona-Telefon-Hotline. Montags bis freitags erreicht man dort zwischen 10 und 16 Uhr jemanden von der Freiwilligenagentur. Ruth AuchterStellmann wollte von Sophie Bader, Leiterin der Abteilung Bürgerschaftliches Engagement, wissen, mit welchen Anliegen die Bürger anrufen und ob das Angebot angenommen wird.
Frau Bader, für wen ist die CoronaHotline gedacht?
Es gab glücklicherweise sehr schnell viele tolle Hilfsangebote in der Stadt – allerdings fast alle online. Da aber viele Menschen, die zur Risikogruppe gehören, älter sind und vielleicht kein Internet nutzen oder kein Smartphone besitzen, wollten wir für sie eine telefonische Hotline auf die Beine stellen. Das ist eine niederschwellige Sache, man muss einfach nur zum Telefonhörer greifen.
Wie ist die Resonanz?
Die Hotline wird gut nachgefragt, wir haben bis zu 15 Anrufe pro Tag und damit gut zu tun, denn teilweise müssen wir selbst erstmal recherchieren. Allerdings melden sich mehr Menschen, die Hilfe anbieten, als welche, die selbst Unterstützung benötigen. Dabei sehe ich immer noch viele ältere Menschen beim Einkaufen. Da wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, wenn sie auf die Einkaufshilfen,
die auch wir vermitteln, zurückgreifen würden. Alle, die Senioren mit Hilfsangeboten unterstützen wollen, tun dies guten Herzens – das darf man ruhig annehmen. Normalerweise sind es ja die rüstigen Senioren, die Familien etwa bei der Kinderbetreuung unterstützen. Wer sich als Einkaufshelfer anbietet, dem empfehle ich, das im eigenen Umfeld zu tun – einfach mal bei den Nachbarn klingeln oder Leute, die man kennt, etwa an der Bushaltestele ansprechen.
Mit welchen Anliegen melden sich denn dann Menschen bei Ihnen? Das ist ganz unterschiedlich. Eine Mutter mit zwei Kindern wollte etwa wissen, ob sie noch mit einer befreundeten Mutter und deren beiden Kindern spazieren gehen darf – nein, darf sie aktuell nicht. Mit dem Zug eine Bekannte in Frankfurt besuchen zu fahren, ist zwar erlaubt, wir haben aber dringend davon abgeraten, da man derzeit jede unnötige Fahrt vermeiden sollte, um das Ansteckungsrisiko für sich selbst und das Umfeld zu minimieren. Auch die Fahrt nach Heidelberg, um dort einen Gebrauchtwagen zu kaufen, solle man unseres Erachtens besser verschieben. Jemand aus Bremen hat nachgefragt, ob er eine gebuchte Ferienwohnung hier in der Gegend beziehen könne, um sich vor Ort nach einer Wohnung umzusehen, da er hierher ziehen möchte. Da diese Reise keinen touristischen Hintergrund hat, darf man die Ferienwohnung zwar anmieten, aber man sollte bei etwaigen Besichtigungen unbedingt die Abstandsregeln einhalten. Dann gab es da noch die Kinder, die im Ausland leben, und sich nun Sorgen um ihren Vater in Ravensburg machen. Er lebe allein, sei einsam und sie können ihn nun wegen Corona nicht besuchen. Da haben wir die Kontakte der evangelischen Seelsorger weiter gegeben und den Kontakt zur Einkaufshilfe des Diakonischen Werks vermittelt.
Was wollen die Leute noch wissen, wenn sie die Hotline-Nummer wählen?
Wir hatten auch Anfragen zu Umzügen, etwa, ob die Auslieferung von Möbeln noch erlaubt ist – ja, ist sie. Oder wie viele Umzugshelfer man im privaten Rahmen engagieren darf. In solchen Fällen vermitteln wir unkompliziert ans städtische Ordnungsamt. In diesem Fall lautete die Auskunft: Außerhalb der Wohnung können zwei Bekannte helfen, wenn sie nicht aus derselben Familie sind. Besser wäre es freilich, so unser Rat, wenn es möglich ist, den Umzug zu verschieben oder ein professionelles Umzugsunternehmen damit zu beauftragen. Manche Anrufer wollten auch wissen, welche städtischen Toiletten aktuell noch geöffnet sind. Antwort: Man kann die öffentlichen Toiletten im Kornhaus, beim Hintereingang des Rathauses und am Frauentor nutzen.
Wie lange wird es die städtische Telefon-Hotline geben?
Auf jeden Fall erst einmal bis zum 14. April, dann sehen wir weiter, wie es sich mit dem coronabedingten Shutdown verhält. Bei Bedarf werden wir das Angebot natürlich fortführen.
Wie erleben Sie die Menschen, die sich bei Ihnen melden – und haben Sie einen persönlichen Rat in Zeiten von Corona?
Insgesamt nehme ich bei den Menschen, die bei uns anrufen, einen ausgeprägten Redebedarf wahr – alle wollen sich momentan über die Situation austauschen. Generell würde ich dazu raten, im privaten Umfeld – insbesondere bei älteren Verwandten und Bekannten – einfach öfter mal durchzuklingeln. Das schafft Abwechslung und gibt einem selbst und dem anderen Menschen ein Gefühl von Eingebundensein.