Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rechenaufgaben am Esstisch, Sportunterricht im Garten
Zweifache Mutter aus Ravensburg erzählt, wie sie Unterricht und Freizeit ihrer Kinder in sozialer Isolation gestaltet
RAVENSBURG - Seit gut drei Wochen sind Schulen, Kindergärten und Kitas in Baden-Württemberg nun geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Dadurch stehen viele Eltern vor einer Herausforderung und müssen Arbeit, Haushalt und Kinder unter einen Hut bekommen. Annette Büngener erzählt, wie sie ihren Alltag rund um Home-Schooling und Kinderbetreuung strukturiert.
Um 9 Uhr beginnt sie mit dem Unterricht für ihre achtjährige Tochter Nele und ihren 13-jährigen Sohn Nils, wie Büngener sagt. Bis zwölf machen ihre Kinder dann Aufgaben, die sie von den Lehrern zugeschickt bekommen haben oder die sie sich selbst überlegte. „Die erste Unterrichtseinheit ist derzeit Deutsch. Hierbei nehme ich gerne die Kinderseite der ,Schwäbischen Zeitung‘ mit zum Lesenüben dazu“, erzählt Büngener. Nils arbeite schon sehr selbstständig, Nele hingegen brauche als Leseanfängerin viel Unterstützung von ihrer Mutter.
„Ich habe großen Respekt vor der Arbeit der Lehrer“, sagt diese nach zwei Wochen Heimunterricht. Die meisten Lehrer schickten regelmäßig E-Mails mit Übungen. Andere versuchten zum Beispiel, über eine Cloud die Arbeitsmaterialien zu organisieren. Die Lehrer seien auch telefonisch für Eltern und Schüler erreichbar und könnten Fragen beantworten.
Seit die Schulen geschlossen sind, betreut Annette Büngener ihre Kinder ganztags zu Hause. Erfahrung mit Home-Schooling habe sie keine gehabt. Es sei eine Herausforderung und „ein Spagat, beide Kinder beim Arbeiten gleichzeitig zu betreuen“. Man brauche viel Geduld, aber meistens klappe es ganz gut. Falls es zu anstrengend werde, lasse sie stets Humor einfließen. Es sei sehr wichtig, keinen zu großen Druck aufzubauen und niemanden zu überfordern. Damit meint Büngener nicht nur die Kinder. „Wir Eltern haben ja meist ganz andere Berufe und sollten uns auch nicht mit der neuen Aufgabe überstrapazieren“, sagt sie.
Sie gestaltet den Unterricht in den eigenen vier Wänden möglichst kreativ: Im Fach Handarbeit wird gestrickt, in Musik Flöte gespielt und in Sportauf dem Trampolin im Garten geturnt. Außerdem koche sie nun gerne mit ihrer Tochter. „Das ist eine schöne Abwechslung und es wird auch weniger am Essen genörgelt, wenn man bei der Zubereitung mithelfen durfte.“
Nach dem Unterricht dürfen ihre Kinder sich mit Freunden treffen – über ein Video-Telefonat. Dabei spielen sie gerne zusammen, zum Beispiel Stadt-Land-Fluss und Galgenmännchen,
wie Annette Büngener beobachtet hat. Oder sie spielen gemeinsam Flöte. „Wir kennen eigentlich keine Langeweile“, sagt Büngener.
Dafür sorgen eine große Auswahl an Brett- und Kartenspielen und die Kreativität der zweifachen Mutter bei der sonstigen Freizeitgestaltung. Sie gehe mit den Kindern gerne nachmittags zum Geocaching, einer Art Schnitzeljagd über GPS-Koordinaten. „Das lockt auch Teenager ins Freie“, empfiehlt sie. Ihr Sohn habe auch seine Modelleisenbahn und seinen Zauberkasten wieder ausgepackt und übe Zaubertricks. Ihre Tochter liest viel, bastelt, näht, malt und modelliert mit Ton, wie Büngener erzählt.
Die Familie kommt mit der Situation zu recht. Dass sie viel Glück haben, weiß Büngener. Vor ein paar Monaten sei sie krank gewesen, damals wäre es unmöglich für sie gewesen, die Situation zu meistern. Sie hofft dennoch, dass „bald wieder in unser aller Leben Normalität einkehren kann“.