Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schwarz auf weiß
In einer US-Anklageschrift steht es: Russland und Katar sollen die WM 2018 und 2022 gekauft haben
NEW YORK (dpa) - Zweieinhalb Jahre vor der Winter-WM in Katar werden der umstrittene Gastgeber und der Fußball-Weltverband FIFA von brisanten Details im US-Prozesskrimi erschüttert. Bestechung von vier ExFunktionären, verschwörerische EMails, Zahlungen über Strohfirmen in der Karibik: So deutlich wie nie zuvor skizziert die Staatsanwaltschaft auf 70 Seiten in einer offiziellen Anklageschrift auch den angeblichen Betrug bei den WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022.
Nach jahrelangen Ermittlungen und mehr als 40 Anklagen im FIFA-Korruptionsskandal setzen die Anschuldigungen der amerikanischen Strafverfolgungsbehörden die katarischen WM-Ausrichter unter Druck – und könnten Rufe nach Konsequenzen wieder aufleben lassen. Eine Neuvergabe ist aus Expertensicht aber unrealistisch. Die FIFA kündigte an, weitere Informationen des USJustizministeriums einholen zu wollen und versprach weiterhin „vollständige Kooperation“mit den Behörden. Die Organisatoren im Wüstenstaat bestritten die Vorwürfe.
In der Anklage vor einem Bundesgericht in Brooklyn, die nun veröffentlicht wurde, wird drei Medienrechtehändlern und einem Unternehmen aus Uruguay Überweisungsbetrug und Geldwäsche vorgeworfen. Zudem sollen drei südamerikanische Funktionäre Gelder für ihre Stimme an Katar erhalten haben: Der inzwischen gestorbene Nicolás Leoz, damaliger Chef des südamerikanischen Kontinentalverbands; Ricardo Teixeira, Ex-Fußballchef Brasiliens, der wegen anderer Delikte lebenslang von der FIFA gesperrt wurde; und ein namentlich nicht genannter Mitverschwörer, der hohe Positionen in der FIFA und dem argentinischen Fußball innehatte.
„Bei Korruption kommt es immer darauf an, dass eine Zahlung mit einer Handlung in Verbindung gebracht wird. Da sind wir keinen Schritt weiter“, sagte Anti-Korruptionsexpertin Sylvia Schenk. Mit einer WM-Neuvergabe rechnet die Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International Deutschland nicht: „Aufgrund der finanziellen Folgen und der zu erwartenden Dauer des Verfahrens.“Es könnte aber zu Entschädigungsansprüchen der unterlegenen Bewerber kommen.
Auch rund um die Vergabe der WM 2018 an Russland gibt es schwere Vorwürfe. Laut Anklage soll der lebenslang gesperrte Jack Warner für seine Stimme fünf Millionen USDollar an Schmiergeld erhalten haben. Der Ex-Chef des russischen WM-Organisationskomitees, Alexej Sorokin, betonte, dass man keine Funktionäre gekauft habe. „Das ist nur eine Meinung von Juristen“, sagte er mit Blick auf die Anklageschrift.
Diese zitiert aus E-Mails, die der Partner eines Beraters des Ex-FIFAPräsidenten Joseph Blatter an Warners Assistenten geschrieben haben soll: „Weise ihn freundlich darauf hin, das, „was vereinbart wurde, diese Woche getan wird“.
„Das ist nur eine Meinung von Juristen.“
Alexej Sorokin