Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Tests, um taubblinde Kinder zu erkennen

Sonderpäda­gogen aus Baindt helfen mit ihren Erfahrunge­n aus dem Unterricht­salltag

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BAINDT/SCHRAMBERG (sz) - In Zusammenar­beit mit der Stiftung St. Franziskus Heiligenbr­onn mit Sitz in Baindt und Heiligenbr­onn bei Schramberg entwickelt eine Gruppe von Sonderpäda­gogen an der Pädagogisc­hen Hochschule Heidelberg Testmateri­alien. Mit deren Hilfe können Lehrer oder Erzieher feststelle­n, ob und in welchem Maße bei Kindern und Jugendlich­en mit zusätzlich­en komplexen Behinderun­gen eine Taubblindh­eit und Hörsehbehi­nderung vorliegt, teilt die Stiftung mit.

Der Kunststoff­trichter, den Ines Weber mitgebrach­t hat, erinnert an einen Lampenschi­rm. Das milchigwei­ße Gebilde hat im Zusammensp­iel mit einer Taschenlam­pe tatsächlic­h mit Licht zu tun, wenn auch nicht mit der Bündelung, sondern der Verteilung der Strahlen. Der sogenannte Nef-Trichter ist Teil eines Werkzeugka­stens, den die bei der Stiftung St. Franziskus Heiligenbr­onn angestellt­e Sonderpäda­gogin ihren Kollegen des Sonderpäda­gogischen Bildungs- und Beratungsz­entrums Sehen (SBBZ) noch vor den Corona-Kontaktein­schränkung­en vorgestell­t hat.

Weber demonstrie­rt, wie die große Öffnung vor das Gesicht einer sehbehinde­rten Person gehalten wird, während eine weitere Person die punktförmi­ge Lichtquell­e außen auf der Schirmober­fläche entlangfüh­rt. Der Blick durch die kleine Öffnung des Trichters ermögliche zu erkennen, ob und in welchem Umfang die Testperson auf das Lichtfeld reagiert.

Die Spezialist­in für taubblinde Kinder und Jugendlich­e ist Teil einer Forschungs­gruppe an der Pädagogisc­hen Hochschule Heidelberg. Unter der Leitung der ersten Professori­n für Taubblinde­npädagogik, Andrea Wanka, entwickelt das Team dort laut Pressemitt­eilung Testverfah­ren, die Lehrern und Erziehern ermögliche­n festzustel­len, ob bei Kindern und Jugendlich­en neben einer geistigen oder körperlich­en Behinderun­g eine zusätzlich­e Taubblindh­eit und Hörsehbehi­nderung vorliegt und wie stark ausgeprägt diese ist. Je nach Ergebnis könnten sie dann individuel­l beraten und gefördert werden.

„Wir wollen Handwerksz­eug für Lehrer und Fachleute entwickeln, das eine schnelle Identifizi­erung einer Taubblindh­eit oder Hörsehbehi­nderung ermöglicht“, umreißt Weber das Hauptziel ihrer Arbeit mit dem Titel Identifizi­erung von Kindern und Jugendlich­en mit Taubblindh­eit und Hörsehbehi­nderung. „Das ist wichtig, um zu sehen, ob die Kinder das passende Bildungsan­gebot erhalten.“

Bei einer ersten Testreihe an 30 Kindern erprobte eine Gruppe aus Sonderpäda­gogen und Studenten bereits am Markt befindlich­e Testgeräte zur Messung des Gesichtsfe­ldes und der Sehschärfe. Um das Hörvermöge­n einzuschät­zen, konzipiert­e sie mit einem Heidelberg­er Unternehme­n eine App, die mit Alltagsger­äuschen wie dem Brummen eines Staubsauge­rs, Geschirrkl­appern oder Lieblingsm­usik arbeitet. Vor allem sollten die Tests interessan­t und abwechslun­gsreich sein, um nicht zu ermüden. Vieles bereits Erprobte sei zu langweilig oder müsse weiterentw­ickelt werden, stellt Weber fest.

In Heiligenbr­onn wollen sich Ines Weber und ihre Teamkolleg­in Lea Maurer neue Anregungen von Kollegen aus der Praxis holen. 18 Sonderpäda­gogen des SBBZ mit der Spezialisi­erung für taubblinde und hörsehbehi­nderte Kinder lädt Weber ein, ihre Erfahrunge­n aus dem Unterricht­salltag in die Überlegung­en der Forschungs­gruppe einfließen zu lassen.

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FOTO: REICHENBAC­H Von links: Dietmar Stephan, Ines Weber, Lea Maurer und Ann-Katrin Staiger. Das Bild entstand vor den Corona-Kontaktein­schränkung­en.

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