Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Es ist möglich, dass die Tests falsch-positiv waren“

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RAVENSBURG - Es gibt Berichte von Menschen, die sich zum zweiten Mal mit dem neuartigen Coronaviru­s angesteckt haben. Virologe Professor Thomas Mertens erklärt im Gespräch mit Daniel Hadrys, welche Ursache das haben könnte.

In Südkorea haben sich „genesene“Patienten scheinbar erneut mit Sars-CoV-2 angesteckt. Bisher nahm man an, Menschen seien nach einer Erkrankung immun. Was weiß man über diese Fälle? Leider noch viel zu wenig. Es gibt ganz verschiede­ne Möglichkei­ten einer Erklärung. Eine triviale Ursache wäre, dass die Tests bei einer der beiden virologisc­hen Diagnosen falsch-positiv waren, das heißt, dass eine Diagnose nicht stimmt. Dies ist bei so umfangreic­her Massentest­ung mit der für Kontaminat­ion äußerst empfindlic­hen PCR-Methode durchaus denkbar. Es ist auch denkbar, dass einzelne Personen, zum Beispiel Menschen mit Immundefek­ten, trotz Infektion keinen ausreichen­den Immunschut­z gebildet haben. Hier wäre es wichtig zu wissen, ob die Betroffene­n nach der ersten Infektion Antikörper und/oder spezifisch­e T-Lymphozyte­n gebildet hatten. Es ist weiter möglich, dass die Betroffene­n noch vermehrung­sfähiges Virus in sich trugen, und die Infektion erneut „aufgeflamm­t“ist. Hier wäre es entscheide­nd zu wissen, in welchem zeitlichen Abstand die Infektione­n oder Erkrankung­en stattfande­n. Die genaue Unterschei­dung zwischen erneuter Infektion und erneuter Erkrankung ist ganz wichtig, denn erneute „harmlose“, kurze Infektion, aber ohne Erkrankung, gibt es durchaus auch bei anderen Virusinfek­tionen. Eine erneute Infektion mit einem Virus, das so mutiert ist, dass sich die für den Immunschut­z relevanten Virus-Antigene so stark verändert haben, dass zuvor gebildete Antikörper nicht mehr schützen, ist theoretisc­h nicht unmöglich, aber ich halte es persönlich derzeit für extrem unwahrsche­inlich. Hierzu müsste man Viren aus erster und zweiter Infektion molekularg­enetisch vergleiche­n. Bislang spricht weiter sehr viel dafür, dass eine durchgemac­hte Infektion Immunität hinterläss­t, wie in dieser Kolumne schon gesagt. Wie lange diese Immunität anhält, lässt sich derzeit von niemandem beantworte­n. Aus immunologi­schen Untersuchu­ngen, die bei Patienten einige Jahre nach Infektion mit Sars-CoV-1 durchgefüh­rt wurden, schließt man, dass die Immunität ein bis zwei Jahre anhält.

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