Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Schwaben gehören den Österreichern bald ganz
Der Grazer Anlagenbauer Andritz strebt die vollständige Übernahme des Göppinger Pressenherstellers Schuler an
BERLIN - Es waren nur zwei Worte, mit denen sich Jeff Bezos einen Traum erfüllte. „Sprich normal“, sagte der 56-jährige im Jahr 2016 im Science-Fiction-Film Star Trek Beyond. Das Publikum erkannte ihn dabei nicht einmal. Bezos, Fan der in Deutschland als Raumschiff Enterprise bekannten Serie, wurde dafür zum Alien maskiert. „Das war ein Superspaß für mich“, sagte er später.
Nicht weniger als das Universum hat der im US-Staat New Mexiko geborene Gründer des Onlinehändlers Amazon auch geschäftlich im Blick. Das von ihm gegründete Raumfahrtunternehmen Blue Origin stellt wiederverwendbare Raketen her, die auch Touristen ins All befördern sollen.
Bezos Visionen und Geschäftsmöglichkeiten sind groß und könnten immer größer werden. Denn: Er kann sich fast alles leisten. Das Vermögen des Amazon-Chefs ist dem Bloomberg Billionaires Index zufolge seit Jahresbeginn um 24 Milliarden auf 138,5 Milliarden Dollar, also 126,1 Milliarden Euro gestiegen. Grund ist der anhaltende Höhenflug der Amazon-Aktie. Sie legte am Dienstag um gut fünf Prozent zu und erreichte an der Nasdaq bei 2.292 Dollar ein neues Rekordhoch, von dem der Konzerngründer als Großaktionär profitiert.
Das hat vor allem mit der CoronaKrise zu tun, von der der Versandhändler Amazon profitiert. Denn während die Corona-Pandemie die US-Wirtschaft lahmlegt, und Millionen Amerikaner Abstriche machen müssen, sind Amazons Lieferdienste in der Corona-Krise weltweit sehr gefragt. Wenn die Geschäfte nicht geöffnet sind, bestellen die Menschen eben im Internet – und dort ist Amazon Marktführer.
Bezos, der reichste Mensch der Welt wird also in der Krise immer reicher. Diese enorme Steigerung des Vermögens ist selbst unter den Super-Reichen besonders. Auf Bloombergs Top-100-Liste der reichsten Menschen der Welt hat keine andere Person seit Jahresbeginn ihr Vermögen so stark vermehrt wie der Amazon-Chef. So verlor der zweitreichste Mann der Welt, der Gründer des Technologieunternehmens Microsoft, Bill Gates, seit Anfang Januar 8,4 Milliarden Dollar. Der drittreichste Mann der Welt und Chef eines Luxus-Imperiums, Bernard Arnault, musste sogar einen Rückgang seines Vermögens um 23 Milliarden Dollar verkraften. Und der US-Großaktionär Warren Buffett – auf Platz vier der Bloomberg-Billionaires-Liste – verlor im gleichen Zeitraum 13,3 Milliarden Dollar. Bei Jeff Bezos und Amazon dagegen sah
GRAZ/GÖPPINGEN - Der schwäbischen Pressenhersteller Schuler wird eine hundertprozentige Tochter der österreichischen Andritz AG. Der Anlagenbauer, der bereits fast 97 Prozent der Anteile am Weltmarktführer für automatische Pressen hält, kündigte an, die Minderheitsaktionäre in einem sogenannten Squeezeout aus dem Konzern zu drängen, wie das Unternehmen mit Sitz in Graz in der Steiermark am späten Dienstagabend mitteilte. Der Konzern, der neben Pressen Zellstoffmaschinen, Wasserkraftanlagen und Systeme zur Trennung von Flüssigkeiten herstellt, erwirtschaftete 2019 bei einem Umsatz von 6,7 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von fast 540 Millionen Euro. 2012 stieg der nach dem Grazer Stadtteil Andritz benannte Maschinenbauer bei dem baden-württembergischen Traditionsunternehmen ein.
Ziel der Übernahme „ist es, dass Schuler als hundertprozentige Tochtergesellschaft sämtliche Möglichkeiten eines finanziell gut aufgestellten Technologiekonzerns vollumfänglich nutzen und damit seine Wettbewerbsfähigkeit weiter erhöhen kann“, sagte ein Andritz-Sprecher der „Schwäbischen Zeitung“. Seit Übernahme der Mehrheit bei Schuler habe Andritz immer wieder einen Squeeze-out in Erwägung gezogen. Vor acht Jahren hatte Andritz rund 40 Prozent der Schuler-Aktien von der Familie Schuler-Voith übernommen und den übrigen Aktionären ein Kaufangebot gemacht. Zuletzt hielt Andritz 96,62 Prozent an Schuler. Wenn ein Aktionär in Deutschland mindestens 95 Prozent des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft hält, hat er das Recht, die übrigen Aktionäre gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aus dem Unternehmen zu drängen. Die Tatsache, dass sich Andritz jetzt zu dem Schritt entschlossen hat, liege an der „erfolgreich eingeleiteten Umsetzung des Restrukturierungsplans durch den Vorstand der Schuler AG“, erläuterte der Andritz-Sprecher weiter.
Im Sommer 2019 hatte SchulerChef einen tiefgreifenden Konzernumbau angekündigt. Dabei strich Domenico Iacovelli unter anderem in Deutschland rund 500 Stellen und schloss die Produktion am Stammsitz von Schuler in Göppingen. Die Produktion am Standort im oberschwäbischen Weingarten, an dem Schuler die Entwicklung von Industriepressen konzentriert, hatte das Unternehmen bereits 2016 aufgegeben. Seit dem vergangenen Jahr baut Schuler in Deutschland nur noch in Erfurt Pressen, von wo aus das Unternehmen den europäischen Markt bedient.
Wegen des Umbaus rutschte das Traditionsunternehmen tief in die Verlustzone. Schuler schrieb im Jahr 2019 einen operativen Verlust von es ganz anders aus: Mitten in der Corona-Krise stellte der Konzern alleine in den USA 100 000 Mitarbeiter neu ein. Amazon teilte Mitte März mit, dass sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitstellen ausgeschrieben werden. Es würden Auslieferungsfahrer und Lagermitarbeiter gesucht. Der Onlinehändler gab zudem bekannt, bis Ende April einen Großteil der Löhne seiner Mitarbeiter in den USA um zwei Dollar zu erhöhen. Mitarbeiter auf Stundenbasis in Großbritannien und Europa würden eine ähnliche Lohnerhöhung bekommen, hieß es. Dafür will der Konzern mehr als 350 Millionen Dollar aufwenden. „Wir sehen einen deutlichen Anstieg der Nachfrage, deswegen ist der Bedarf an Arbeitskräften für diese Jahreszeit beispiellos“, sagte Amazons stellvertretender Betriebschef Dave Clark Mitte März.
Doch das Unternehmen, und damit auch sein Chef Bezos, stehen immer wieder in der Kritik. Zuletzt gab es in den USA Ärger um unzureichende Schutzmaßnahmen gegen das Virus, die Amazon negative Schlagzeilen einbrachte. In Deutschland streitet die Gewerkschaft Verdi seit Jahren mit dem Händler, weil Amazon keinen Tarifvertrag abschließen will. Derlei Kritik prallt an Bezos ab. Er sage seinen Beschäftigten, schaut euch die Kritik an und wenn sie zutrifft, ändert es.
Ähnlich unbeeindruckt legt sich Bezos auch mit mächtigen Leuten an. Einer seiner Lieblingsfeinde ist USPräsident Donald Trump. Beide streiten sich derzeit gerichtlich um einen Regierungsauftrag, den überraschend Microsoft zugesprochen bekam. Die Auseinandersetzung der beiden hat einen längeren Vorlauf. Bezos kaufte 2013 die angesehene Tageszeitung „Washington Post“. Das Blatt wurde hierzulande vor allem durch den Watergate-Skandal bekannt, den die „Post“aufdeckte und der dem damaligen Präsidenten Richard Nixon das Amt kostete. Die Zeitung gehört zu den Medien, denen Trump ständig „Fake News“vorwirft. Vielleicht spielt beim mächtigsten Mann der Welt auch ein gewisser Neid eine Rolle, denn Bezos ist weitaus reicher als der Immobilienunternehmer im Weißen Haus.
Der Werdegang des vierfachen Vaters zeigt, dass er sich von unerwünschten Zwischenrufen nicht beeindrucken lässt. Es ist die für die Technologiefirmen typische Geschichte, die von der Tüftelei in der 75,5 Millionen Euro, nachdem der Pressenhersteller 2018 noch einen Gewinn von 45,3 Millionen Euro erwirtschaftet hatte. Der Nettoverlust belief sich sogar auf 121,9 Millionen Euro, wogegen der Umsatz um 6,3 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro sank. Die „hohen Einmalbelastungen“hatte Iacovelli allerdings erwartet. „Wir waren zu deutschlandlastig, hatten hier Überkapazitäten in der Produktion“, hatte Iacovelli im März im Gespräch heimischen Garage zu einem der größten Unternehmen der Welt führt. Was von den Legenden rund um die Persönlichkeit Bezos stimmt, oder was nicht, lässt sich nicht verlässlich überprüfen. Schon als dreijähriger soll er sein Kinderbett vom Gitter befreit haben, um wie ein großer zu schlafen. Schon als Kind habe er geschaut, was man zum Beispiel im Restaurant besser machen kann, erinnert er sich.
Nach einem Abstecher ins Investmentbanking gründete er 1994 Amazon. Der Name ist abgeleitet vom größten Fluss der Welt, dem Amazonas. Die Idee war ein Buchhandel über das Internet. Mehr gab es anfangs nicht, schon gar keine Gewinne für die Aktionäre nach dem Börsengang. Mehrfach befürchteten Experten eine Pleite, doch diese Prognose schlug stets fehl. Zunächst kamen einige Elektronikartikel zusätzlich ins Angebot, später Produkte aller Art und auch andere Händler, die über die Plattform ihre Angebote an den Kunden bringen. Statt Gewinne auszuschütten, steckt Bezos sie in neue Projekte wie das Spracherkennungssystem Alexa. So wächst und wächst der Riese immer weiter und damit auch die Macht des Jeff Bezos. Für den stationären Einzelhandel ist sein Unternehmen längst zur größten Bedrohung geworden.
mit der „Schwäbischen Zeitung“erklärt. Es habe nicht mehr funktioniert, in Deutschland zu produzieren und in alle Welt zu liefern. „Die Kunden sagen das auch: Entweder du passt dich uns an und stellst in China her oder du gehst.“
Den angekündigten Squeeze-out bezeichnet Iacovelli als „klaren Vertrauensbeweis“und „alleinige Entscheidung“des Mehrheitsaktionärs. „Unsere Minderheitsaktionäre können darauf vertrauen, dass ihre gesetzlichen Rechte und die daraus resultierenden Abfindungsansprüche vollumfänglich gewahrt werden“, erklärte der Schuler-Chef weiter.
Für die Muttergesellschaft, die in Zukunft alle Anteile an dem schwäbischen Unternehmen hält, sieht den Pressenbauer auf einem „sehr guten Weg“. Die Andritz AG sei „sehr zuversichtlich, dass unsere Tochtergesellschaft mit dem eingeleiteten Restrukturierungsprogramm die notwendigen Schritte und Maßnahmen gesetzt hat, um Schuler langfristig wieder voll wettbewerbsfähig und erfolgreich zu machen“, erklärte der Andritz-Sprecher. Nach den schlechten Zahlen würde das sowohl in Graz als auch in Göppingen für Freude sorgen.