Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Beatmungsgeräte aus Ravensburg
Unternehmen Sternmed baut seine Produktionskapazitäten im Eiltempo aus
RAVENSBURG - Das Coronavirus infiziert immer mehr Menschen. In besonders schweren Fällen brauchen Covid-19-Erkrankte Behandlung auf der Intensivstation und künstliche Beatmung. Weltweit bereiten sich Krankenhäuser darauf vor, sehr viele solcher Corona-Patienten auf einmal zu behandeln. Das ist gar nicht so einfach: Beatmungsgeräte sind derzeit sehr gefragt und schwer zu bekommen. Ein zertifizierter Hersteller von Beatmungsgeräten ist die Firma Sternmed mit Sitz in Ravensburg.
Ein Bildschirm auf einem grauen Kasten, darunter ein Träger mit Rollen an den Füßen: 35 solcher Geräte stehen derzeit frisch montiert im Produktionsraum der Firma Sternmed in der Schubertstraße. „Wir sind seit vier Jahren mit Beatmungsgeräten am Markt“, berichtet Geschäftsführer Ralph Triebe. Jetzt sei die Nachfrage exponenziell gestiegen. Wie viele Beatmungsgeräte die Firma bisher hergestellt hat, könne der Geschäftsführer nicht sagen, nur so viel: Die 35 Stück, die derzeit „final getestet“werden, sind die bisher größte Charge. Sie werden in den nächsten Tagen an Krankenhäuser in Bahrain und in Slowenien geliefert.
„Wir sind stark im Export unterwegs“, sagt Triebe. „Wir haben Anfragen aus aller Welt.“Über Aufträge und Stückzahlen wolle er jedoch keine Auskunft geben. Der europäische Markt habe für ihn aber „oberste Priorität“, und „allerhöchste Priorität“der deutsche Markt. Aktuell würde die Firma mit dem Land BadenWürttemberg über die Lieferung von 4000 Beatmungsgeräten verhandeln. Wenn mehr als 50 Geräte bestellt werden, schließe man Rahmenverträge ab, erklärt der Geschäftsführer. Die Geräte würden dann über einen längeren Zeitraum nach und nach geliefert.
Um die große Nachfrage bedienen zu können, erweitert die Firma derzeit im Eilverfahren ihre Kapazitäten. Zusätzlich zum Produktionsraum mit rund Hundert Quadratmetern kommt eine Halle mit 400 Quadratmetern im Erdgeschoss des Nachbargebäudes. Noch ist alles voller Staub, Gerüste und Leitern stehen herum, Rohre werden gestrichen und Elektroanschlüsse verlegt. „In zwei Wochen wird hier bereits produziert“, verspricht Geschäftsführer Triebe. Bis die Halle fertig ist, lagert das Material in drei Hochsee-Containern auf dem Firmengelände.
Mittelfristig will Triebe auch die weiteren zwei Stockwerke des Nachbargebäudes für die Firma ausbauen. Seit Beginn der Corona-Krise ist er auf der Suche nach weiterem Personal. Aber die geeigneten Fachleute seien nicht leicht zu finden. Drei neue Mitarbeiter hat er dieser Tage bereits eingestellt. In einem Jahr will er 40 Mitarbeiter beschäftigen. Derzeit sind es 19.
In der Corona-Krise sind nicht nur die Beatmungsgeräte der Firma stark gefragt. Das Unternehmen Sternmed produziert auch Patientenmonitore, die am Krankenbett zum Beispiel Blutdruck- oder Herzwerte anzeigen. Außerdem Spritzen und Infusionspumpen. Wichtig sind jetzt auch die Röntgengeräte, um die Lunge auf Virusbefall zu untersuchen.
Gegründet wurde die Firma Sternmed im Jahr 2011 von iranischen Investoren. Ziel war es, Medizingeräte „Made in Germany“zu produzieren, berichtet Konrad Renz, Anwalt und
Sprecher der Firma. Die Komponenten werden weltweit eingekauft, in Ravensburg zusammengesetzt und geprüft und dann in alle Welt ausgeliefert, erklärt Renz.
Hauptgesellschafter Hamed Sardashti öffnet ein Beatmungsgerät und zeigt die Innereien. Die Teile kommen vorwiegend aus der Schweiz, aus Deutschland und Österreich, berichtet er. Weitere Teile des Geräts stammen aus Fernost. Langfristig werde angestrebt, die Komponenten bei deutschen Zulieferern einzukaufen oder selber herzustellen, sagt Geschäftsführer Triebe. „Noch haben wir in den Lieferketten zu viel Abhängigkeit vom Ausland, zum Beispiel von China.“
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