Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Trotzdem war nicht alles falsch
Jahrelang haben wir Gesundheitspolitik zu stark unter finanziellen Aspekten betrachtet. Nicht nur einzelne Kreisräte oder der jewei- lige Landrat, sondern auch wir selbst als Berichterstatter. Das Defizit der OSK, das den Steuerzahler Millionen kostete, wurde allzu oft in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, ein harter Sanierungskurs gefordert und von uns Kommentatoren verteidigt. Jetzt kann sich der Sparkurs rächen. Dann nämlich, wenn die Pandemie, deren zarten Anfang wir gerade erst erleben, in einer großen zweiten Welle zurückschwappt.
Trotzdem war nicht alles falsch, was in den vergangenen Jahren verändert wurde: Die Schließung der Standorte in Leutkirch und vor allem in Isny, einem 19-Betten-Haus mit einem jährlichen Defizit von zwei bis drei Millionen Euro, war vernünftig und im Grunde alternativlos. Gleichzeitig hat man die Cash-Kuh der OSK, das ElisabethenKrankenhaus, aber personell an die äußerste Belastungsgrenze gebracht. Mit großer Zustimmung, wenn nicht gar auf das Drängen der Aufsichtsräte aus dem Kreistag hin. Seit vergangenem Jahr wird zwar wieder behutsam Personal aufgebaut, aber ob das reichen wird, wenn Corona im Herbst gleichzeitig zur Grippesaison erneut aufflammt, wovon renommierte Virologen wie Christian Drosten ausgehen, ist fraglich.
Bleibt zu hoffen, dass alles nicht so schlimm kommt wie befürchtet. Und dass die Kreisräte sich in zwei oder drei Jahren, wenn wahrscheinlich alles vorüber sein wird, daran erinnern, was sie heute sagen: Der Sparkurs im Gesundheitssystem muss gestoppt werden. Und zwar dauerhaft.