Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Es geht mir um Aufmerksamkeit für zwei Sachen“
Warum eine Ravensburgerin auf dem Marienplatz ihren Protest gegen die EU-Flüchtlingspolitik wiederholt und ihn für weitere Samstage anmelden will
Weitere Auskünfte gibt es per E-Mail an ravensburg@parentsforfuture.de oder online unter https://fridaysforfuture.de/netzstreikfursklima
RAVENSBURG - Zum zweiten Mal stand am Samstag ein Schlauchboot auf dem Marienplatz: Darin saß unter anderem Sabine Meier, die sich eine beherztere Flüchtlingspolitik in der Europäischen Union wünscht. Lena Müssigmann hat die Ravensburgerin gefragt, was sie mit der Aktion während der Corona-Krise erreichen will.
Trotz der Corona-Krise zu demonstrieren, war das erlaubt?
Die Aktion war nicht angemeldet, wir haben uns relativ spontan dazu entschlossen. Ich hatte von der ersten Aktion am Marienplatz zuvor in der Zeitung gelesen und mir gedacht, das könnte ich auch machen. Ich habe am Samstag ein Schlauchboot gekauft. Zu zweit, meine Mitbewohnerin war noch dabei, darf man sich ja treffen. Wir haben außerdem Mundschutz getragen. Allerdings kam die Polizei vorbei und hat unsere Personalien aufgenommen. Man hat uns für die Aktion eine halbe Stunde Zeit gegeben. Ich will das noch ein paar Samstage machen und habe inzwischen einen Antrag gestellt, damit es dann länger geht. (Anmerkung der Redaktion: Aktion für Samstag, 25. April, wurde von der Stadtverwaltung genehmigt).
Was wollen Sie mit der Schlauchboot-Aktion erreichen?
Es geht mir um Aufmerksamkeit für zwei Sachen. Erstens um die Kampagne „Leave no one behind“(deutsch: niemanden zurücklassen): Es gibt Möglichkeiten, Menschen in den Flüchtlingslagern in Südeuropa nicht der Gefahr des Coronavirus auszusetzen, sondern sie in sichere Lebensumstände zu bringen. Zweitens geht es um Aufmerksamkeit für den Verein Sea-Eye, für den einer meiner Söhne schon zwei mal ehrenamtlich Hilfe geleistet hat. Der Verein aus Regensburg rettet mit dem Schiff Alan Kurdi unter deutscher Flagge im Mittelmeer Menschenleben. Aber jetzt schieben Staaten Corona vor, um die Menschen nicht mehr aufnehmen zu müssen. Tagelang konnte das Schiff keinen Hafen anlaufen. Schließlich hat Italien ein Schiff geschickt, das die verzweifelten Menschen aufgenommen hat.
Deutschland hat rund 50 Jugendliche aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern aufgenommen. Wie bewerten Sie das? 47 Menschen wurden aufgenommen, aber da sind viele weitere unbegleitete Minderjährige, Familien, Menschen, die der Corona-Risikogruppe angehören. Wir müssen noch mehr Menschen aufnehmen, um sie zu schützen. Wir wissen schließlich, welche sanitären Zustände in den Lagern herrschen. Wer flüchtet, tut das aus der Not heraus. Und die Nöte zum Beispiel in Afrika haben auch mit unserem Lebensstandard zu tun.
Wie waren die Reaktionen auf die Aktion in Ravensburg?
Es war am Samstag nicht viel los in der Stadt. Vereinzelt blieben Leute stehen, ein Geflüchteter kam vorbei. Manche fragten uns: Was sollen wir denn tun? Ich bin da auch gewissermaßen hilflos. Das Bild mit dem Schlauchboot gefällt mir. Ich hoffe, dass wir so weiter Aufmerksamkeit für das Thema wecken können.